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       # taz.de -- EMtaz: Das Medienzentrum des DFB: Ein Traum im Boulodrome
       
       > Der DFB hat die Boule-Halle nahe des Stadions von Évian zum Medienzentrum
       > umbauen lassen. Eine französische Managerin findet's prima.
       
   IMG Bild: Kann mit den Medien: Reinhard Grindel
       
       Évian taz | Das hier hat nichts mehr zu tun mit, sagen wir mal, der WM 1986
       in Mexiko. 80 deutsche Journalisten waren damals mit der „Gurkentruppe“ und
       dem „Suppenkasper“ unterwegs, wie Ersatzorwart Uli Stein den Teamchef Franz
       Beckenbauer nannte. Damals! Kein weitläufiges Pressezentrum des DFB,
       sondern Interviews in engen Hotelzimmern und immer alles auf Zuruf,
       inklusive Rauch und Suff. 
       
       Heute, zur EM 2016, hat der DFB, neu präsidiert durch den stets
       medienaffinen Reinhard Grindel, für über 300 deutsche Medienvertreter und
       hunderte ausländische das Boulodrome beim Stadion von Evian umbauen lassen.
       Der Reiseführer nennt es „Kugelspielplatz“, auch nicht schlecht als
       Sammelbegriff für La Mannschaft. Architektonisch sind die Boule- und die
       danebenliegende Sporthalle angehaucht von Louis de Funès und den 1960er
       Jahren. Beim Boule sind die „Offices“ des DFB untergebracht, mausgrauer
       Teppich, deutsch-, französisch-schweizerische Flaggenwand und kein Wort zu
       viel.
       
       Man gibt sich betont professionell und zugänglich nach Maßen, ein bisschen
       Vitamin B sollte schon sein. Frischlinge dürfen jedoch durchaus bei dieser
       Inszenierung mitspielen, wenn sie sich nicht zu deppert anstellen. „Geht
       schließlich um Fußball“, wie es Manuel Neuer auf der Pressekonferenz, die
       täglich um 12.30 Uhr auf dem Gelände steigt, gestern trocken auf den Punkt
       bringt. Neuer wirkt dabei wie ein Oberministrant und hat Jonas Hector im
       Schlepptau dabei, der sichtlich nervös mit den verschränkten Fingern
       klöppelt. Pressechef Jens Grittner dagegen verteilt die Frageslots an die
       Journalisten, als sei er Croupier, so dezent sind seine Handbewegungen.
       
       ## Nie Schlangestehen vor dem Damenklo
       
       Im Pressezentrum selbst, das wie eine Briefverteilungshalle anmutet und von
       Fotofresken der Spieler geziert wird (lutscht Özil echt auf einem Daumen?),
       hängen wuchtige, schwarze Kabelstränge von der Decke, die den Tentakeln
       eines Orakel-Fußballkraken in nichts nachstehen. Es gibt gratis Kaffee und
       Schnittchen vom Sponsor McCafé, und Arbeit für jeden an langen Holztischen
       voller Verkabelung. Die Evian-Souvenirtassen in der Ecke sind nicht gratis,
       sondern laut Schild im Office de Tourisme zu erwerben, was sicher keiner
       der immerzu Geschäftigen hier machen wird und nur ein Indiz dafür sein
       kann, dass der Golf- und Weltgipfelort Werbung nicht nötig hat. 
       
       Hier im Basecamp, wie es schön denglish heißt, ist alles in Reih und Glied;
       wir sind auf deutschem Territorium. Maud Perrot, die als Projektchefin von
       Evian mit den DFB zusammenarbeitet, ist begeistert: „Total durchorganisiert
       sind die, du hast immer Ansprechpartner. Un rêve!“ Ein Traum! 
       
       Ein Männertraum – in jeder der gut gefüllten elf Stuhlreihen für die
       Pressekonferenz sitzt eine Frau und nie heißt es Schlangestehe auf dem
       Damenklo. Angestarrt werden ist anfangs üblich und vite ist man bekannt als
       bunte Hündin, beziehungsweise bunte Journalistin.
       
       Bei der Security, die von einer privaten Sicherheitsfirma erledigt wird,
       haben sie keine Frauen im Aufgebot, „das finden manche Damen im Basecamp
       nicht so gut – wegen Abtasten, aber es sind ja so wenige“, sagt Samir, der
       gerade Taschen kontrolliert. Fazit: Sicherheitslücke, denn auf Sprengstoff
       wird hier keine Frau getestet. Was für ein Vertrauensvorschuss!
       
       Draußen düst gerade Teammanager Oliver Bierhoff auf einem Megabike mit
       panzerartig dicken Reifen vorbei. „Nicht schlecht, oder?“, ruft er stolz,
       und dagegen ist nichts zu sagen, ein bisschen Bewegung schadet nicht. Aber
       wo ist eigentlich Reinhard Grindel heute? In seiner Suite, die er so mag?
       
       10 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Harriet Wolff
       
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