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       # taz.de -- EMtaz: Vorwürfe gegen Spaniens Keeper: Der Torhüter als Kuppler
       
       > Spanische Behörden stoßen bei ihren Ermittlungen im Rotlichtmilieu auf
       > eine Aussage, die David de Gea schwer belastet. Der streitet alles ab.
       
   IMG Bild: Fällt er oder fällt er nicht? Spaniens Nationaltorhüter David de Gea
       
       Saint-Martin-de-Ré taz | Spaniens Turnierquartiere waren bisher nie als
       sonderlich aufregend bekannt. Um weder Versuchungen noch Trubel entstehen
       zu lassen, wählte der Verband so wenig flamboyante Orte wie Potchefstroom
       (WM 2010) oder Gniewino (EM 2012). Beim aktuellen Turnier schien diese
       Strategie mit der Atlantikinsel Île de Ré ihre Krönung zu erfahren. Kaum
       ein EM-Ort dürfte entlegener sein als dieses vor La Rochelle gelegene
       Rentner-, Yachten- und Naturparadies, das gegen acht Euro Maut über eine
       drei Kilometer lange Brücke angefahren wird.
       
       Die Idylle allerdings währte nicht lange. Am Mittwochabend kam der
       Titelverteidiger an, am Donnerstag trainierte er zum ersten Mal – am
       Freitag folgte die Nachricht des Onlineportals El Diario über eine
       mutmaßliche Verwicklung von Torhüter David de Gea, 25, in die Ermittlungen
       gegen den seit April in Untersuchungshaft befindlichen Pornoproduzenten
       „Torbe“.
       
       Ausgerechnet die jahrelang nicht nur sportlich dominante, sondern auch
       moralisch stets vorbildliche „seleccion“ hat seitdem einen handfesten
       Skandal am Hals – und tut sich vor dem Turnierauftakt am Montag in
       Toulouse gegen Tschechien (15 Uhr, ARD) überaus schwer im Umgang damit.
       
       Am Trainingsgelände in Saint-Martin-de-Ré erlebte man am Freitag jedenfalls
       einen der stürmischeren Tage der Inselgeschichte – nicht nur weil vom
       Atlantik eine besonders frische Brise wehte. Der spanische Verband lavierte
       stundenlang zwischen Untätigkeit und Überforderung. Zunächst sollte sich de
       Gea erklären, dann kam er nicht, dann tat er es doch. Der Keeper von
       Manchester United behauptete, er sei von den Vorwürfen selbst am meisten
       überrascht worden: „Alles Lügen und Unwahrheiten.“ Fragen nach Details wich
       er aus – insbesondere der nach einer Bekanntschaft mit „Torbe“.
       
       ## Schwere Vorwürfe
       
       Der Unternehmer aus dem Schattenreich wird unter anderem des
       Menschenhandels, der sexuellen Ausbeutung, der Kinderpornografie und der
       Erpressung verdächtigt. Eines seiner Opfer belastete in ihrer Aussage auch
       Nationalkeeper de Gea. Dieser habe im Jahr 2012 ein Treffen in einem
       Madrider Hotel arrangiert, bei dem sie von zwei Fußballern gegen ihren
       Willen zu sexuellen Handlungen gezwungen worden sei.
       
       Die Behörden stufen das Mädchen als glaubhaft ein. Aus einem in der
       spanischen Presse veröffentlichten WhatsApp-Verkehr der Zeugin mit de Gea
       scheint zudem hervorzugehen, dass dieser sich öfter als Kuppler zwischen
       Spieler– und Eskortwelt betätigte.
       
       Für die Begegnung 2012 in Madrid soll die Zeugin einen ihrer Freier als
       Iker Muniain identifiziert haben, damals de Geas Teamkollege bei der
       spanischen U21-Auswahl. Der für die Europameisterschaft nicht nominierte
       Profi von Athletic Bilbao bezeichnete die Vorwürfe über Twitter aus seinem
       Urlaub ebenfalls als „absolut falsch“. Über die Identität des zweiten
       Profis gibt es noch widersprüchliche Angaben. Ob den Fußballern ein
       Verfahren droht, werden Ermittlungsrichter und Staatsanwaltschaft in den
       nächsten Wochen entscheiden.
       
       Auf sportlichem Gebiet muss es schneller gehen. In einem Radiointerview
       begründete Nationaltrainer Vicente del Bosque, warum de Gea nicht nach
       Hause geschickt worden sei: Er glaube ihm und habe „keinen Grund, an ihm zu
       zweifeln“. Teamkollege Pedro rügte, die Enthüllungen kämen „nicht zum
       idealen Zeitpunkt“, aber natürlich stehe die Mannschaft hinter ihrem
       Mitspieler. Über de Gea hieß es, er habe gut trainiert, so ruhig wie immer.
       Für viele seiner Landesleute lautet die Frage jedoch: Hat er wirklich ein
       so reines Gewissen? Oder ist er einfach unverschämt abgezockt?
       
       In Umfragen unter den Anhängern hat sich die Stimmung jedenfalls schon
       gedreht. Wo bisher der Einsatz von de Gea gefordert wurde, möchte die
       Mehrheit jetzt doch lieber wieder Altmeister Iker Casillas sehen, der seit
       der WM 2002 bei jedem Turnier das spanische Tor hütete.
       
       13 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Florian Haupt
       
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