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       # taz.de -- EMtaz: Schwarz-Rot-Gold: Grüne Party-Killer?
       
       > Bei der Grünen Jugend heißt es, deutsche Flaggen beflügelten rassistische
       > Brandstifter. Quatsch, klar, aber: Klappern gehört zum Handwerk.
       
   IMG Bild: Ganz normal beflaggtes Auto
       
       Freitag postete, sozusagen mit dem Anpfiff zur EM, die Grüne Jugend
       Rheinland-Pfalz, das historisch ungefähr Alleruninformierteste und
       Links-Klischeehafteste zur Frage: Wie steht’s ums Nationale? Unter dem
       Titel [1][„Patriotismus = Nationalismus / Fußballfans Fahnen runter!“]
       heißt es: „Nationalismus ist eine Form von Patriotismus. Wer sich als
       patriotisch definiert, grenzt Andere aus. Die Wirkung von Patriotismus hat
       immerzu Konsequenzen und wird besonders dort deutlich, wo er sich als
       aggressive Form darstellt und das Andere als Feind stigmatisiert. Zur
       Fußballeuropameisterschaft fordern wir alle Fans dazu auf,
       nationalistischem Gedankengut keinen Raum zu lassen! Fußballfans Fahnen
       runter!“
       
       Wahr ist: Kein Flüchtlingsheim wurde angezündet im Angesicht patriotischer
       Gefühle während eines Fußballturniers. Aber die obige Aussage ist auch
       deshalb ungebildet und falsch, weil die deutsche Flaggenfarbkombi eine
       demokratisch gewollte ist und außerdem Rechte und Völkische, wie die Nazis
       einst es taten, am liebsten die deutsche Trikolore auslöschen möchten.
       Völkische, nationalistische Fahnen [2][deutscher Art] sehen anders aus.
       Schwarz-Rot-Gold wurde während der Weimarer Republik von Rechten als
       „Schwarz-Rot-Senf“ (Senf wie: scheißefarben) denunziert.
       
       Aber okay, in jugendlich-grünen-linken Kreisen wird eben Mainstreamunwissen
       verbreitet, auch okay. Die entsprechenden Kommentare kamen von
       Kanzleramtsminister [3][Peter Altmaier]: „Grüne Jugend kapiert’s nicht:
       Fahnen der Fans sind das Gegenteil der Fahnen von einst: Symbol für
       weltoffenes, sympathisches Deutschland“, was als Aussage im Übrigen jede*r
       überprüfen kann, indem er oder sie durch unsere migrantischen Viertel
       fährt. Fenster über Fenster, Fahrzeuge und Fahrräder geschmückt mit
       vorfreudigem Schwarz-Rot-Gold-Schmuck (oder -Tinnef, je nach Geschmack).
       
       Sehr viele haben auf diesen grünen Teenager-Tweet reagiert, CSU-Leute, auch
       [4][Jürgen Trittin], einer aus der senioralen Grünenabteilung, der der
       deutschen Mannschaft im „grünen Auswärtstrikot“ die Daumen drückt. Auch die
       Berliner Spitzenökos Bettina Jarasch und Daniel Wesener wollen den
       möglichen Flurschaden (Veggieday!, Liter Benzin 5 Mark!) begrenzen und
       erklären, alle sollen ihre Freude am Fußball ausleben, ob mit oder ohne
       Fahne. Der Berliner Lokalzeitung Tagesspiegel – multiplikatorisch wichtig
       für die Abgeordnetenhauswahlen im Herbst – sagten sie: „Wir hoffen auf eine
       friedliche EM. […] Eine EM, bei der rassistische Beleidigungen oder das
       Herabwürdigen anderer Länder keinen Platz haben.“ Was Eltern so sagen, wenn
       die Kinder mal wieder flegelig wurden.
       
       ## Marketingtechnisch alles richtig gemacht
       
       Ob sie nun recht haben, die rheinland-pfälzischen Grünen, oder auch nicht,
       ob sie mit ihrer notorisch postnationalen Haltung ernsthaft Anschluss an
       die höchstwahrscheinlich vierwöchige Partystimmung in Kneipen, Wohnzimmern
       und am Brandenburger Tor finden, ist andererseits gleichgültig: Die
       Parteigrünen sind ja nicht wesentlich angefochten durch die völkische
       Bewegung der AfD, sie schunkeln gemütlich einer deutlichen
       Ergebnissteigerung bei allen Wahlen entgegen. Ihr Publikum ist polyglott
       verständig, und es mag rohe „Deutschland, Deutschland“-Rufer*innen nicht,
       allein schon aus wohlgewählter Distanz zu rauen Menschen, wie es sie in den
       Partyzonen (Ballermann o. ä.) rudelweise gibt.
       
       Was der Flaggenabstinenzruf echt bedeutet, ist vor allem dies: Grüne
       Jugendliche, und seien es die aus Rheinland-Pfalz, sind jetzt bekannter als
       vorher. Sie machten Wirbel, auf den sich – wie auch dieser Text – viele
       beziehen. Marketingtechnisch hätte diesen Nachwuchsgrünen nichts Besseres
       einfallen können.
       
       12 Jun 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.facebook.com/gjrlp/photos/a.374857552602154.90601.338258896262020/1038877272866842/?type=3
   DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Flagge_Deutschlands
   DIR [3] https://twitter.com/peteraltmaier/status/741914268145229824?ref_src=twsrc%5Etfw
   DIR [4] https://twitter.com/JTrittin/status/741265243993571328?ref_src=twsrc%5Etfw
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Feddersen
       
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