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       # taz.de -- Homophobe Gewalt in den USA: Brandstiftungen, Steine, Schüsse
       
       > Eine Geschichte brutalen Hasses: Der terroristische Angriff auf
       > Homosexuelle in Orlando ist der schwerste, aber nicht der erste seiner
       > Art.
       
   IMG Bild: Der 1978 erschossene, erste offen schwule Stadtrat in San Francisco, Harvey Milk
       
       Seattle ap/taz | In der Vergangenheit kam es in den USA zu etlichen
       Gewaltakten gegen Homosexuelle, die meisten dokumentierten Übergriffe
       richteten sich gegen schwule Männer. Unter den überführten Täter waren
       Rechtsradikale, wie Eric Rudolph, der im Jahr 1997 bei einem Bombenanschlag
       fünf Menschen schwer verletzte oder psychisch instabile Gewalttäter wie
       Ronald Gay, den ein Witz über seinen Nachnamen, veranlasste, einen Menschen
       zu erschießen und mehrere andere zu verletzen.
       
       Die beiden vielleicht prominentesten Opfer homophober Gewalt waren San
       Franciscos Bürgermeister George Moscone und der erste offen Schwule
       Stadtrat Harvey Milk, die beide von Dan White, einem frustrierten Stadtrat
       in Moscones Büro erschossen wurden. Ein schwerer Übergriff auf die
       LGBTI-Community mit islamistischem Hintergrund wurde bis zum Blutbad von
       Orlando nicht vermutet oder nachgewiesen.
       
       Die Nachrichtenagentur ap hat diese Übersicht über Ereignisse seit 1973
       zusammengestellt:
       
       – 31. Dezember 2013: Rund 750 Partygäste feiern in einem populären
       Schwulenclub in Seattle den Rutsch ins Neue Jahr, als Musab Masmari Benzin
       auf den mit Teppich ausgelegten Treppenaufgang kippt und diesen dann
       anzündet. Niemand wird verletzt. Masmari wird einen Monat später
       festgenommen, als er außer Landes fliehen will. Er entschuldigt sich vor
       Gericht und erklärt, er erinnere sich nicht an seine Aktion, weil er nach
       dem Konsum einer billigen Flasche Whisky bewusstlos geworden sei. Wegen
       Brandstiftung wird Masmari zu zehn Jahren Haft verurteilt.
       
       – 1. März 2009: Drei Männer werfen Steine in eine Schwulenbar im
       texanischen Galveston und verletzen dabei zwei Besucher. Das Trio, die 20
       und 18 Jahre alten Gebrüder Lewis und deren Cousin, wurde ein
       Hassverbrechen zur Last gelegt.
       
       – 22. September 2000: Ronald Gay geht in Roanoke im Staat Virginia ins
       Backstreet Cafe, eine Schwulenbar, und eröffnet das Feuer. Ein Mensch kommt
       um. Sechs weitere werden verletzt, zwei von ihnen schwer. Vor Ermittlern
       sagt der Schütze später aus, er sei verärgert über die mit seinem Nachnamen
       einhergehende Assoziation gewesen. Er bekennt sich des Mordes an dem 43
       Jahre alten Todesopfer schuldig und wird später zu viermal lebenslänglich
       verurteilt.
       
       – 7. Oktober 1998: Der schwule Student Matthew Shepard wird vor der
       Kleinstadt Laramie im Staat Wyoming an einen Zaun gebunden und dann ins
       Koma geprügelt. Das Bewusstsein erlangt er nicht wieder, fünf Tage nach der
       Attacke stirbt er. Seine beiden Peiniger Aaron McKinney und Russell
       Henderson geben als ihr Tatmotiv Raub an. Sie hätten Geld für den Kauf von
       Drogen entwenden wollen, es sei kein Hassverbrechen gewesen. Das Schicksal
       Shepards entfacht eine Debatte über die Effektivität der US-Gesetze gegen
       Hassverbrechen. McKinney und Henderson verbüßen lebenslange Haftstrafen
       wegen Mordes.
       
       – 21. Februar 1997: Ein mit Nägeln gefüllter Sprengsatz explodiert in einem
       Hinterzimmer der Otherside Lounge, einem Nachtclub in Atlanta mit
       überwiegend schwulen und lesbischen Gästen. Rund 150 Leute drängen sich in
       der Bar, als sich die Detonation ereignet. Fünf Menschen werden verletzt.
       Der Täter Eric Rudolph wird später wegen des Vorfalls und wegen
       Bombenanschlägen auf den für die Olympischen Spiele 1996 erbauten
       Centennial Olympic Park und Abtreibungskliniken in Vororten von Atlanta und
       Birmingham überführt.
       
       Bei der Attacke auf die Olympischen Spiele 1996 kam damals ein Mensch ums
       Leben. 111 weitere wurden verletzt. Bei den Anschlägen in Birmingham wurde
       ein Polizist getötet und eine Krankenschwester verstümmelt. Rudolph verbüßt
       eine lebenslange Haftstrafe.
       
       – 27. November 1978: San Franciscos Bürgermeister George Moscone und der
       für seinen Kampf für Homosexuellenrechte bekannte Stadtrat Harvey Milk
       werden im Rathaus von dem aufgebrachten Stadtrat Dan White erschossen.
       Zuvor war Milk als der erste offen schwule Amtsträger der USA in die
       Geschichte eingegangen, als er 1977 einen Sitz im Stadtrat der
       kalifornischen Metropole errang.
       
       White argumentiert im Prozess, dass seine schlechte Ernährung bei ihm
       Depressionen begünstigt und so zu seiner Tat beigetragen habe. Dazu bemüht
       der Angeklagte mit Unterstützung eines Psychologen seine Vorliebe für Fast
       Food und Zuckerhaltiges. Die Strategie fruchtet: Statt wegen Mordes wird
       White wegen Totschlags verurteilt. Tausende gehen aus Protest gegen das
       Urteil auf die Straße. White sitzt eine Haftstrafe von etwas mehr als drei
       Jahren ab, ehe er Selbstmord begeht.
       
       – 24. Juni 1973: Bei einem Brand in der Schwulenbar Upstairs Lounge im
       berühmten Französischen Viertel von New Orleans sterben 32 Menschen. Die
       meisten Opfer kommen wegen der an drei Vorderfenstern angebrachten Gitter
       nicht heraus. Ein Überlebender berichtet später, er glaube, dass jemand auf
       der Höhe des überfüllten zweiten Stocks eine flammbare Flüssigkeit auf den
       Holztreppenaufgang gegossen und dann Feuer gelegt habe. Der mutmaßliche
       Brandstifter wurde nie gefasst.
       
       13 Jun 2016
       
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