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       # taz.de -- Pop und Brexit: No Future für EU-Ausstieg
       
       > Britische Musiker, DJs und Labelbetreiber fürchten den Brexit. Anders als
       > die EU-Gegner, sehen sie ihre Lebensgrundlage in Gefahr.
       
   IMG Bild: Das schottische Quartett Mogwai: Stuart Braithwaite ist ganz links
       
       Was den kreativen Umgang mit Popmusik betrifft, haben die Europäer den
       Briten einiges zu verdanken: Seit den Tagen von „Swinging London“
       exportieren Künstler aus dem Vereinigten Königreich Stil, Haltung und eine
       Menge unvergesslicher Songs zu uns aufs Festland. Die Geschichten von Glam,
       Punk oder Rave, ohne die Beiträge britischer Popstars wären sie um einiges
       ärmer. Damit einher geht ein multikultureller Approach, den Pop aus
       Großbritannien seit 40 Jahren in seiner Musik zur Sprache bringt.
       
       Wenn am kommenden Donnerstag die Briten in einem Referendum über Verbleib
       oder Verlassen der Eurozone abstimmen, steht das Selbstverständnis von Pop
       nicht zur Debatte. Aber ein Thema ist der mögliche Brexit unter Künstlern,
       Musikindustrie und Popfans schon lange. Rassistische Äußerungen von
       Brexit-Befürwortern sind das eine.
       
       Das andere sind die unbürokratischen Konzertreisen durch Europa, die
       könnten erschwert werden, falls britische Künstler eine Arbeitsgenehmigung
       beantragen müssen. Britische Plattenlabels würden Umsatzeinbußen erleiden,
       falls ihre Tonträger mit EU-Importzöllen belegt werden würden.
       
       Für Unmut sorgte speziell eine Aussage von Kulturminister John
       Whittingdale. Bei der Vorstellung einer Studie zum Boom von „Poptourismus“
       in Großbritannien, verkündete der konservative Unterhausabgeordnete, der
       den EU-Ausstieg befürwortet, ein Brexit könne den Erfolgskurs der
       britischen Musikindustrie nicht aufhalten. „Britpop erobert die Welt. Das
       hat aber nichts mit der EU zu tun oder unserem Verbleiben in ihr“,
       behauptete Whittingdale.
       
       Die Antworten ließen nicht lange auf sich warten: „Whittingdale ist ein
       unverfrorener Lügner“, twitterte Stuart Braithwaite, Mastermind der
       schottischen Postrock-Band Mogwai. Und der House-Produzent Marquis Hawkes
       kleidet sein Befremden in prosaische Worte: „Ein Brexit könnte die
       wunderbare gegenseitige kulturelle Befruchtung zwischen Europa und England
       zunichte machen, nicht zu vergessen, er könnte die Lebensgrundlage von
       Tausenden Angestellten der britischen Musikindustrie zerstören.“
       
       Hoffnung macht den EU-Befürwortern unter den britischen Popafficionados
       eine erste Niederlage: Das für den morgigen Sonntag geplante
       Brexit-Musikfestival mit Sister Sledge, East 17 und anderen Stars in der
       15.000 Zuschauer fassenden Genting Arena in Birmingham musste mangels
       Nachfrage abgesagt werden. Nach und nach sprangen die eingeladenen Künstler
       wieder ab, weil sie nicht mit dem rechtsgerichteten EU-Gegner Nigel Farage,
       der eine Rede halten wollte, auf einer Bühne stehen wollten. Nicht mal
       Ticketdumpingpreise halfen der Brexit-Initiative.
       
       20 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Julian Weber
       
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