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       # taz.de -- Massaker von Orlando: Auf der Suche nach Bekanntschaften
       
       > Mateen, der Attentäter von Orlando, war vor seiner Tat angeblich oft im
       > „Pulse“-Club – und pflegte über Handy-Apps wie „Grindr“ Kontakte zu
       > anderen Männern.
       
   IMG Bild: Der Massenmörder von Orlando handelte nach Einschätzung der US-Regierung allein
       
       Orlando afp/ap | Der Attentäter von Orlando ist nach Augenzeugenberichten
       selbst öfter zu Gast in dem Nachtclub „Pulse“ gewesen und hat über
       Handy-Apps Kontakte zu anderen Männern gesucht. Die Lokalzeitung Orlando
       Sentinel zitierte am Montag (Ortszeit) vier Gäste des Clubs, die Omar
       Mateen dort regelmäßig gesehen haben wollen. „Manchmal saß er in der Ecke
       und trank alleine, und manchmal war er so betrunken, dass er laut und
       aggressiv wurde“, sagte der „Pulse“-Gast Ty Smith der Zeitung.
       
       Smith sagte weiter, er habe Mateen dort mindestens ein dutzend Male
       gesehen. „Wir haben nicht viel mit ihm geredet, aber ich kann mich
       erinnern, dass er etwas über seinen Vater gesagt hat“, berichtete Smith.
       „Er erzählte uns auch, dass er Frau und Kind hat.“
       
       Der „Pulse“-Stammgast Kevin West sagte der Los Angeles Times, er habe etwa
       ein Jahr lang immer wieder über eine Dating-App Kontakt mit Mateen gehabt.
       Auch andere Männer berichteten in US-Medien, sie hätten über diverse
       Kontakt-Apps in Verbindung mit Mateen gestanden; dieser habe
       Bekanntschaften für Begegnungen gesucht.
       
       Solche Handy-Apps wie etwa das sehr populäre „Grindr“, das laut Zeugen auch
       von Mateen genutzt wurde, sind bei vielen schwulen Männern beliebt, um
       unkomplizierte Begegnungen – auch sexueller Natur – zu arrangieren.
       
       Der 29-jähriger Attentäter Mateen hatte in der Nacht zum Sonntag den
       Nachtclub „Pulse“ in Orlando mit Schusswaffen angegriffen und anschließend
       Gäste als Geiseln genommen. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei beendete
       die Geiselnahme gewaltsam und tötete dabei den Attentäter. 49 weitere
       Menschen starben.
       
       ## US-Regierung: Attentäter handelte allein
       
       Der Massenmörder von Orlando handelte nach Einschätzung der US-Regierung
       allein. Es gebe keine Hinweise darauf, dass Omar Mateen Anweisungen von
       anderen erhalten habe oder dass er Teil eines größeren Netzwerks gewesen
       sei, sagte Präsident Barack Obama am Montag. Vermutlich hätten ihn
       extremistische Botschaften im Internet zu dem Attentat gebracht.
       
       Es scheine Parallelen zu den Angreifern von San Bernardino im vergangenen
       Jahr zu geben, die nach Ansicht der Ermittler ebenfalls alleine gehandelt
       hatten, aber zumindest teilweise von der Terrormiliz Islamischer Staat
       inspiriert waren, sagte Obama. Nach einem Briefing durch FBI-Direktor James
       Comey und Heimatschutzminister Jeh Johnson betonte der US-Präsident aber,
       dass die Ermittlungen noch im Anfangsstadium seien.
       
       Mateen habe in der Mordnacht aus dem Club dreimal mit der Polizei
       telefoniert und im letzten Gespräch seine Gefolgschaft für IS-Anführer Abu
       Bakr al-Bagdadi erklärt, sagte Comey. „Es sieht so aus, als hätte er sich
       im letzten Moment zu ISIL (zum IS) bekannt“, erklärte Obama.
       
       Überhaupt schien Mateen über ein bruchstückhaftes Verständnis verschiedener
       islamistische Gruppen zu verfügen: In seinen drei Telefonaten mit der
       Notrufzentrale berief er sich nicht nur auf den IS, sondern zeigte sich mit
       einem Selbstmordattentäter der syrischen Rebellengruppe Nusra-Front
       solidarisch, wie Comy mitteilte. Noch vor einigen Jahren habe Mateen auch
       mit Verbindungen zur Hisbollah geprahlt. Sowohl letztere Gruppe als die
       Nusra-Front sind mit dem IS verfeindet.
       
       Es gebe indes klare Hinweise auf eine Radikalisierung, inspiriert von einer
       ausländischen Terrororganisation, sagte Comey weiter. Die Ermittler
       beschäftigten sich am Montag unter anderem damit, die Aktivitäten Mateens
       im Internet nachzuverfolgen. Zudem werde geprüft, ob Mateen kürzlich den
       Vergnügungspark Disney World als mögliches Ziel erwogen habe. Die Webseite
       People.com hatte unter Berufung auf eine Quelle beim FBI über angebliche
       Terrorpläne gegen den Freizeitkomplex berichtet.
       
       Mateen, dessen Familie aus Afghanistan stammt, wurde in New York geboren
       und lebte in Fort Pierce in Florida, wo er seit 2007 für die
       Sicherheitsfirma G4S arbeitete. Seit mindestens 2011 hatte er eine
       Waffenlizenz.
       
       14 Jun 2016
       
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