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       # taz.de -- Autobahngesellschaft um jeden Preis
       
       > ÖPP Die Große Koalition will die Verkehrsadern ohne
       > Wirtschaftlichkeitsprüfung privatisieren
       
       BERLIN taz | Die Bundesregierung will eine der größten Privatisierungen
       der letzten Jahrzehnte offenbar ohne vorherige
       Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchziehen. Das geht aus einer Anfrage des
       Linken-Abgeordneten Roland Claus hervor, die der taz vorliegt.
       
       Unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums und des
       Bundesfinanzministeriums soll das Grundgesetz geändert werden, um die
       Bundesfernstraßengesellschaft (BFG) zu gründen. Dies ist nötig, damit die
       bisherige Zuständigkeit der Länder für die Verwaltung der Bundesfernstraßen
       an den Bund übertragen werden kann. Dafür wird offenbar vorab auf eine
       Prüfung der Wirtschaftlichkeit verzichtet. So hat das Verkehrsministerium
       bereits einen „Formulierungsvorschlag für den Entwurf eines Gesetzes zur
       Änderung des Grundgesetzes erstellt“, wie es in der Antwort heißt. Das
       Vorhaben befinde sich in der „hausinternen Abstimmung“ mit dem
       Innenministerium, „damit dort der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur
       Änderung des Grundgesetzes erstellt und förmlich ressortabgestimmt werden
       kann“.
       
       Erst im zweiten Schritt, also nach der weitreichenden Änderung des
       Grundgesetzes, werde die Wirtschaftlichkeit geprüft. Laut Spiegel soll
       Paragraf 90 so geändert werden: „Aufgaben der Planung des Baus, des
       Betriebs, der Erhaltung, der vermögensmäßigen Verwaltung und der
       Finanzierung der Bundesautobahnen können durch Bundesgesetz einer
       Gesellschaft in privatrechtlicher Form übertragen werden.“ Dem Vorhaben
       müssen die Länder zustimmen. Mit den Ministerpräsidenten arbeitet die
       Regierung an einem Deal im Rahmen des Länderfinanzausgleichs. Geld gegen
       Zustimmung.
       
       Der Bundesrechnungshof ist seit 2015 mit der Sache befasst. Seine Berichte
       zur Privatisierungen der Bundesfernstraßen fielen kritisch aus. Nach
       taz-Informationen tun sich die Prüfer schwer damit, in welcher Form sie
       über die neue Gesellschaft berichten sollen. Die Bundesregierung arbeitet
       seit etwa zwei Jahren an dem Vorhaben. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte die
       „Fratzscher-Kommission“ initiiert, die Vorschläge erarbeitete. Gabriel
       sagte, er wolle den „Lebensversicherungskonzernen attraktive Angebote
       machen, sich an der Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur zu
       beteiligen“. Kritisiert wurde die Kommission von DIW-Chef Marcel
       Fratzscher, weil in ihr neben Gewerkschaften vor allem Banken und
       Versicherungskonzerne vertreten waren. 2014 hockten diese auf einem
       Anlagevermögen von 1,4 Billionen Euro. Kai Schlieter
       
       28 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schlieter
       
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