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       # taz.de -- Tokios Gouverneur tritt zurück: Blick für Verhältnismäßigkeit verloren
       
       > Der Gouverneur der Olympiastadt 2020 stürzt über private Luxusausgaben
       > auf Staatskosten. Schon sein Vorgänger hatte kein Augenmaß.
       
   IMG Bild: Yoichi Masuzoe am Dienstag bei der Erklärung seines Rücktritts
       
       Tokio taz | Erneut ist ein Gouverneur der japanischen Hauptstadt Tokio über
       den falschen Umgang mit Geld gestolpert. Yoichi Masuzoe gibt sein Amt wegen
       kostspieliger Geschäftsreisen und der Abrechnung von dubiosen
       Privatausgaben auf, wie er am Dienstag selbst verkündete.
       
       Sein Vorgänger Naoki Inose war schon über eine Bestechungsaffäre
       gestolpert. Beiden Politikern ist offenbar die enorme Bedeutung der
       Metropole zu Kopf gestiegen. Mit 13 Millionen Einwohnern kommt Tokio auf
       eine Wirtschaftsleistung so groß wie von Spanien und Portugal zusammen.
       
       Aus seinem Arbeitszimmer im 48 Stockwerke hohen Rathaus, wegen der
       bombastischen Bauweise als „Turm von Babel“ verballhornt, schweift der
       Blick des Gouverneurs über eine endlose Betonwüste bis zum Horizont. Dabei
       scheinen viele Amtsinhaber das Gefühl für Verhältnismäßigkeit zu verlieren.
       
       Inose stolperte 2013 über einen zinslosen „Kredit“ über 350.000 Euro. Damit
       wollte ein Unternehmer den Verkauf eines Krankenhauses beeinflussen. Sein
       Nachfolger Masuzoe griff für übertriebenen Luxus und seine Familie tief in
       die Stadtkasse.
       
       ## Olympia macht Tokios Gouverneur noch wichtiger
       
       Einige Ausgaben erfolgten in Zusammenhang mit der geplanten Ausrichtung der
       Olympischen Spiele 2020. Durch die Vergabe der Spiele an die japanische
       Hauptstadt ist die Bedeutung des Gouverneurs von Tokio für Japans
       Außenwirkung noch weiter gestiegen.
       
       Masuzoe hatte sich kürzlich für seinen aufwändigen Lebensstil auf Kosten
       der Steuerzahler entschuldigt und versprochen, nicht mehr Erster Klasse zu
       fliegen. Einen Rücktritt hatte der 67-jährige Ex-Gesundheitsminister jedoch
       abgelehnt.
       
       Die Oberhauswahl fordert bereits ihren Tribut 
       
       Nun wurde ihm die bevorstehende Oberhauswahl am 10. Juli zum Verhängnis.
       Die drei großen Fraktionen im Tokioter Stadtparlament wollten ihm das
       Misstrauen aussprechen. Diese Peinlichkeit mochte die Regierungspartei LDP
       offenbar nicht hinnehmen und drängte Masuzoe daher zur Aufgabe.
       
       Die Fraktion der Kommunisten hatte Anfang April enthüllt, dass die Kosten
       für Geschäftsreisen unter Gouverneur Masuzoe explodiert waren. Für acht
       Auslandsreisen in zwei Jahren hatte er fast zwei Millionen Euro ausgegeben.
       Das war fast die Hälfte der Summe für 28 Geschäftsreisen seines Vorgängers.
       
       Nach den Vorschriften darf der Gouverneur bis zu 335 Euro pro Übernachtung
       ausgeben. Bei Reisen nach Paris und London stieg Masuzoe jedoch in Suiten
       für über 1 600 Euro je Nacht ab.
       
       15 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Fritz
       
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