# taz.de -- Türkeis Präsident Recep Tayyip Erdogan: Gezi-Park-Pläne wieder auf dem Tisch
> Zoff in Istanbul: Erdogan möchte das Vorhaben, den Gezi-Park zu bebauen,
> wiederbeleben. Und die Polizei löst gewaltsam eine Demo gegen
> islamistische Gewalt auf.
IMG Bild: Ist das da hinten die „Karma Police“?
Istanbul ap | Gut drei Jahre nach den Massenprotesten rund um ein
Umbauprojekt im Istanbuler Gezi-Park will der türkische Präsident Recep
Tayyip Erdogan das umstrittene Vorhaben wiederaufleben lassen. Auf dem
Gelände werde ein historisches Monument entstehen, kündigte er am Samstag
an. Damit bezog sich Erdogan auf Pläne, im Gezi-Park eine dem Osmanischen
Reich nachempfundene Militärkaserne zu errichten.
Im Mai 2013 hatten sich an der geplanten Abholzung des Gezi-Parks zugunsten
des Projekts scharfe Proteste entzündet. Rasch dehnten sie sich auf den
nahegelegenen Taksim-Platz aus und richteten sich gegen die Politik des
damaligen Ministerpräsidenten Erdogan sowie seinen als zunehmend
autokratisch kritisierten Regierungsstil.
Im ganzen Land gingen damals Hunderttausende Menschen auf die Straße, um
mehr demokratische Freiheiten zu fordern. Bei Zusammenstößen mit der
Polizei gab es Tote, Tausende wurden verletzt. Erdogan bezeichnete die
Proteste damals als Teil einer internationalen Verschwörung, die seine
Regierung zu Fall bringen wolle. Im August 2014 wurde er zum Präsidenten
gewählt.
## „Alle gemeinsam gegen den Faschismus“
Nach einem Angriff von Islamisten auf einen Plattenladen in Istanbul sind
am Samstagabend hunderte Menschen in der türkischen Metropole zu einer
Protestkundgebung auf die Straße gegangen. Die rund 500 Demonstranten
wurden jedoch von der Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen
auseinandergetrieben. Am Vorabend hatten Islamisten Fans der britischen
Rockband Radiohead angegriffen, weil sie im islamischen Fastenmonat Ramadan
Alkohol tranken.
„Alle gemeinsam gegen den Faschismus“, riefen die Demonstranten, die sich
im Istanbuler Stadtteil Cihangir versammelten. Den islamisch-konservativen
Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nannten sie einen „Dieb“ und „Mörder“, wie
ein AFP-Fotograf berichtete. Nach nicht einmal einer Stunde wurde die
Protestkundgebung jedoch von der Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern
aufgelöst.
Am Freitagabend waren rund 20 Islamisten in einen Plattenladen im Viertel
Tophane eingedrungen und hatten Musikfans angegriffen, die dort das neue
Radiohead-Album anhörten. Die Angreifer warfen den Leuten im Plattenladen
„Velvet IndieGround“ vor, im Ramadan Alkohol zu trinken. Laut der
Nachrichtenagentur Dogan wurden zwei Menschen verletzt, die Polizei leitete
Ermittlungen ein.
## „Wir werden euch töten, ihr Bastarde“
Auf Videos der Attacke, die im Internet verbreitet wurden, war zu sehen,
wie die Angreifer den Laden verwüsten. Ein Mann, der mit einer Flasche
geschlagen worden war, blutet am Kopf. Einer der Angreifer schreit: „Wir
werden euch töten, ihr Bastarde!“ In Tophane, das im europäischen Teil der
Bosporus-Metropole liegt, wurden auch schon mehrere Galerien von Islamisten
attackiert.
Wie die Zeitung Hürriyet am Samstag berichtete, hielten sich während des
Angriffs viele Südkoreaner in dem Plattenladen auf. Auch der Besitzer des
Ladens stammt demnach aus Südkorea, lebt aber schon seit vielen Jahren in
der Türkei. Das neue Radiohead-Album „A Moon Shaped Pool“ konnte am Freitag
weltweit in Plattenläden angehört werden.
Die Band zeigte sich bestürzt über den Angriff. „Wir sind mit unseren
Herzen bei den Angegriffenen“, erklärte Radiohead auf seiner Internetseite.
„Wir hoffen, dass wir auf solche gewalttätigen Ausbrüche von Intoleranz
eines Tages wie auf Dinge aus einer fernen Vergangenheit zurückblicken
können. Fürs Erste können wir unseren Fans in Istanbul nur unsere Liebe und
Unterstützung anbieten.“
19 Jun 2016
## TAGS
DIR Proteste in der Türkei
DIR Schwerpunkt Protest in der Türkei
DIR Schwerpunkt Türkei
DIR Recep Tayyip Erdoğan
DIR Gezi-Park
DIR Istanbul
DIR Istanbul
DIR Recep Tayyip Erdoğan
DIR Schwerpunkt Syrien
DIR Rollenbilder
DIR Recep Tayyip Erdoğan
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Neue Migrantenpartei vor der Gründung: Eine „Alternative für Türken“
Der deutsch-türkische Unternehmer Remzi Aru will eine Migrantenpartei
gründen. Er ist einer der größten Fürsprecher Erdoğans in Deutschland.
DIR Debatte Gewalteskalation in der Türkei: Erdoğans Angst vor Kurdistan
Die Zukunft der Türkei entscheidet sich in Syrien und im Irak. Noch nie war
die Chance der Kurden auf Unabhängigkeit so groß wie heute.
DIR Ausstellung in Berlin: Vielschichtige Verknotung
Gülsün Karamustafa ist eine der wichtigsten Künstlerinnen der Türkei. Um
Migration geht es, um Gender und Feminismus
DIR Strafverfolgung in der Türkei: Lasset die Spiele beginnen
Die türkische Justiz will über 150 Abgeordnete vor Gericht bringen.
Kritiker sehen darin einen Versuch, die Macht des Präsidenten auszubauen.