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       # taz.de -- EMtaz: Gruppe B: Slowakei – England: Kennste Wayne?
       
       > Die Engländer spielen wie auf Energy-Cola. Ein Tor schießen sie
       > allerdings nicht. Egal: Sie sind trotzdem weiter. Aber wer ist das nicht?
       
   IMG Bild: Sorgte dafür, dass Deutschland gegen Nordirland nicht komplett sinnlos ist: Wayne Rooney
       
       Die Startbedingungen: England: Die englische „Times“ klang vor dem Spiel
       seltsam optimistisch. Sie verbreitete die Nachricht, dass England zu 99.9
       Prozent weiter sei. Nanu, was ist nur aus „typical England“, dem Kernsatz
       des pragmatischen englischen Fußballpessimismus, geworden? Doch keine
       Sorge: Jamie Vardy konterte den anhaltslosen Optimismus: „Vor der Saison
       wäre auch Leicester City zu 99.9 Prozent nicht Meister geworden.“ Womit wir
       beim EM-Startelf-Debüt von Vardy wären. Der darf beginnen, nachdem er
       Englands späten Sieg mit dem 1:1 gegen Wales einleitete.
       
       Die gute Nachricht aus deutscher Sicht: Wenn England gewinnt, ist
       Deutschland im Achtelfinale. Wenn Sie wissen wollen, warum, müssen Sie
       Michel Platini fragen. In jedem Fall könnte man in Deutschland mit
       Fünfprozentigem anstoßen.
       
       Slowakei: Vor der EM waren sich alle einig: unangenehmer Gegner. Und jetzt
       nach zwei Spielen können die Slowaken sich für das Achtelfinale
       qualifizieren. Nach einer 2:1-Niederlage gegen Gareth Wales (laut England
       auch ein unangenehmer Gegner) und einem 2:1-Sieg gegen Russland stellt sich
       die unangenehme Frage: Sind die Slowaken jetzt angenehm? Oder doch
       unangenehm? Wir behalten das mal im Auge.
       
       Das Vorurteil: England macht gegen eine unangenehme Slowakei ein gutes
       Spiel. Verschießen dann jedoch einen Elfmeter und gehen nach einem
       Torwartfehler unglücklich in Rückstand. Außerdem jagen 22 Männer einem Ball
       nach, das Spiel hat neunzig Minuten und am Ende gewinnen die Deutschen.
       Gary Lineker gefällt das.
       
       Das Spiel: England ist auf sechs Positionen verändert. Wayne Rooney spielt
       nicht. Roy Hodgson ist offenbar der Überzeugung, dass man schon zu 100
       Prozent im Achtelfinale ist. Oder ist das gar keine B-Elf? Beginnen tut sie
       jedenfalls wie die Fire Brigade. Vor allem Jamie Vardy. Der verballert nach
       einem David-Odonkor-Gedächtnis-Sprint allerdings die Großchance. In der 34.
       vergibt dann noch Adam Lallana freistehend. In den Credits beider
       vergebener Torchancen spielt der slowakische Torhüter Matus Kozacik die
       Hauptrolle. Als unangenehmer Typ.
       
       Ansonsten ist die erste Hälfte so einseitig wie das Stenografenblatt zur
       Wembley-Rede von King Georg VI. England spielt gegen eine slowakische Wand.
       Wer davon nocht nicht komplett eingelullt ist, bekommt dazu noch die
       englischen Fan-Chants. Und hin und wieder die einvernehmliche Forderung
       nach der Einwechslung von Wayne Rooney.
       
       Die Forderung der englischen Anhänger erhört Hodgson erst in der zweiten
       Hälfte, genauer: in der 58., Wilshere muss gehen, Rooney kommt. Danach
       läuft es auf einmal flüssiger als in einem englischen Pub eine halbe Stunde
       vor der Sperrstunde. Der ebenfalls eingewechselte Dele Alli (gekommen für
       Lallana) vergibt aus etwa dreieinhalb Metern. Deutlich zu viele slowakische
       Schienbeine auf der Linie. Typical England.
       
       Fun-Fact am Rande: Die Slowakei hat drei Torschüsse abgegeben. England 20
       (Stand: 81. Minute). Jetzt müsste eigentlich gleich der Torwartfehler von
       Joe Hart kommen. Doch nichts dergleichen. Stattdessen haben die Engländer
       die Sportart gewechselt. Spielen Offensive in Überzahl und passen den Ball
       um den slowakischen Sieben-Meter-Raum. Kreisläufer Rooney verhakt sich
       jedoch in namenlosen baumhohen Slowaken.
       
       In der 90. passiert es dann endlich: Abpfiff. Enttäuschend für England. Gut
       für die Slowaken. Schlecht für die Deutschen. Egal für den Kosmos.
       Ergebnis: England 0, Slowakei 0.
       
       Die Pfeife des Spiels: Der Ellenbogen von Ryan Bertrand. Fliegt in der 19.
       Minuten mit voller Absicht gegen den Zinken von Peter Pekarik. Der
       Herthaner kennt das zwar schon vom Feiern auf dem RAW-Gelände, hat aber
       trotzdem Nasenbluten. Holt sich dann im Späti Klemmen, Klammerpflaster und
       Bandagen. Die haben da so ein Angebot: Kauf das komplette Bandagen-Set,
       bekomme ein Pilsator gratis. Lecker.
       
       Der entscheidende Moment: Der Abpfiff. Nach neunzig Minuten 0:0 und
       Deutschland hat nicht gewonnen. Schön, dass der Alltime-Classic der
       Deutschen gegen Nordirland nicht komplett sinnlos erscheint.
       
       Spieler des Spiels: Jamie Vardy. Lies sich vor dem Spiel noch mit Tabak und
       Energydrink ablichten. Erklärung: „Ich habe das mit der medizinischen
       Abteilung abgeklärt, es ist kein Problem. Ich habe einfach das Gefühl, dass
       ich das brauche.“ Pflügte dann in der ersten Hälfte über den Acker wie ein
       wildgewordener Gaul, dem der Aushilfsknecht 40 Liter Energy-Cola in die
       Tränke gekippt hat. In der zweiten Hälfte war er allerdings nicht
       ansprechbar wegen Kater. Im großen Oxford-Dictionary of English ist unter
       dem Eintrag „Working Class Hero“ übrigens das Gesicht von Vardy zu sehen.
       
       Das Urteil: Gary Lineker kann einpacken. Spiegel Online seine Eilmeldung
       über das deutsche Erreichen des Achtelfinales ebenso. Für England gab es
       immerhin keine Torwartfehler plus das Erreichen des Achtelfinales. Für
       unangehme Slowaken bleibt die realistische Hoffnung auf das Achtelfinale.
       
       20 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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