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       # taz.de -- Vor Gericht und auf hoher See …: Demonstrative Zuversicht
       
       > Über das Offshore-Terminal Bremerhaven entscheidet nun das
       > Bundesverwaltungsgericht. Kritiker Rudolf Hickel fordert einen „Plan B“
       
   IMG Bild: Hier wünscht sich der Bremer Senat ein Offshore-Terminal: die Weser vor Bremerhaven
       
       BREMEN taz | Es ist ein Tod auf Raten, den das Offshore-Terminal
       Bremerhaven (OTB) gerade stirbt. Auch wenn sich das offizielle Bremen
       weiter zuversichtlich gibt: Schließlich beschleunigt das Abkommen, das
       Rot-Grün und BUND soeben geschlossen haben, die Planung sogar.
       Vordergründig zumindest. Ihren Rechtsstreit, so haben die beiden
       Kontrahenten soeben vereinbart, wollen sie jetzt direkt vor das
       Bundesverwaltungsgericht tragen.
       
       In dem neuen Hafen sollen Windräder vormontiert und aufs Meer verschifft
       werden. 2018 soll der OTB eröffnet werden, mindestens 180 Millionen Euro
       wird er kosten. Nun muss erst mal das Bundesverwaltungsgericht zwei Fragen
       höchstrichterlich klären: Darf der BUND überhaupt gegen das Projekt klagen?
       Und durfte das Land sich den Hafen überhaupt selbst genehmigen – oder hätte
       das der Bund machen müssen? Das Verwaltungsgericht hat die erste Frage mit
       ja, die zweite Frage aber mit nein beantwortet. Und den Bau gestoppt.
       
       Wenn die Leipziger Richter ähnlich entscheiden, dann sei der
       Planfeststellungsbeschluss, mit dem Bremen den Bau genehmigt hat „tot“,
       sagt Holger Bruns, der Sprecher des Wirtschaftsressorts. Ein schon Jahre
       dauerndes Verfahren müsste dann ganz von vorn beginnen.
       
       Wenn die Leipziger Richter jedoch im Sinne von Rot-Grün entscheiden, geht
       der Fall zurück an das hiesige Verwaltungsgericht. Das muss dann zwei neue
       Fragen beantworten: Gibt es denn noch Bedarf für den OTB? Und gibt es einen
       angemessenen Ausgleich für das Naturschutzgebiet Luneplate, das dem OTB zum
       Opfer fallen soll?
       
       Der Senat begleitet das Projekt „weiter mit Zuversicht“, erklärt der
       Sprecher des Wirtschaftsressorts. Und es sei auch weiterhin „sinnvoll“. Wie
       lange sich die Eröffnung verzögert? „Bis irgendwann“, sagt Bruns. Zahlen
       nennt er keine – „das wäre spekulativ“. Beobachter gehen davon aus, dass
       der OTB frühestens 2019 eröffnet werden könnte, vielleicht auch erst 2020.
       Wenn überhaupt.
       
       Dennoch verteidigt auch die CDU-Opposition den OTB immer noch. Er sei „das
       wichtigste Infrastrukturprojekt der kommenden Jahrzehnte“, sagt
       CDU-Landeschef Jörg Kastendiek. Die Vereinbarung mit dem BUND stößt bei der
       CDU gerade deshalb auf Kritik. „Sie schiebt das Verfahren auf die lange
       Bank, bis es nicht mehr umsetzbar ist“, so Kastendiek. Denn die
       Sprungrevision vors Bundesverwaltungsgericht verhindere, dass das jetzt das
       Oberverwaltungsgericht in Bremen entscheidet – und den Baustopp
       möglicherweise wieder aufhebt. Nun rücke die Fertigstellung des OTB in
       immer weitere Ferne. „Und die gesamte Windkraftbranche in Bremerhaven wird
       vor den Kopf gestoßen“, so Kastendiek.
       
       Es sei „sehr frustrierend“ zu sehen, wie das Projekt von Rot-Grün „an die
       Wand gefahren wird“, sagt Jens Eckhoff, der Präsident der Stiftung
       Offshore-Windenergie. In den letzten sechs Jahren habe das Vorhaben kaum
       Fortschritte gemacht. Und die Branche brauche Bremerhaven nicht, so der
       CDU-Politiker – umgekehrt aber brauche Bremerhaven unbedingt die
       Offshore-Windenergie.
       
       Hinter vorgehaltener Hand gebe es auch in der Hafenwirtschaft mittlerweile
       viele Skeptiker, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel. Nur
       wolle eben keiner „als Verräter“ gelten, weswegen die offizielle Politik
       nun „krampfhaft“ am OTB festhalte. Dabei hätten sich die ökonomischen
       Rahmenbedingungen des einst auch von Hickel oder dem BUND befürworteten
       Projekts „immer weiter verschlechtert“. Zudem fehlten der ursprünglichen
       Finanzierung mittlerweile 50 Millionen Euro, die aus Gewinnen der
       Landesbank und der BLG Logistics Group kommen sollten.
       
       Auch das Marktforschungsinstitut Windresearch hat schon vor einem Jahr
       gesagt, der OTB werde nicht mehr gebraucht. Das benachbarte Cuxhaven mit
       seinem Offshore-Terminal ist Bremerhaven mittlerweile deutlich voraus. Und
       nach 2020 sei nicht mehr mit sehr vielen neuen Windparks zu rechnen, so das
       Institut.
       
       Hickel fordert die Politik nun auf, „dringend einen Plan B“ zu entwickeln.
       Es müsse nun über Alternativen zum OTB geredet werden, um die Millionen
       anderweitig in „maritime Kompetenz“ in Bremerhaven zu investieren. Bislang
       stößt er auf taube Ohren.
       
       1 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Zier
       
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