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       # taz.de -- Wahlprogramm der Berliner Piraten: Wohl ein letztes Mal stechen sie in See
       
       > Viel mehr Frauen, aber viel weniger Chancen: Die Berliner Piraten
       > präsentieren ihre Argumente für den Wahlkampf.
       
   IMG Bild: Er hat den Hut auf und die Spitzenkandidatenposition inne: Pirat Bruno Kramm
       
       „Natürlich fehlt uns diesmal der Newbie-Bonus“, sagt Pirat Philipp
       Magalski und untertreibt damit kolossal. Gerade hat seine Partei ihre
       Kampagne zur Abgeordnetenhauswahl vorgestellt, und bei allem offensiv
       vorgetragenen Optimismus geht es nicht ganz ohne ein paar realistische
       Anklänge.
       
       Nur: Die Selbstzerlegung der Piraten, die in den vergangenen Jahren zum
       Austritt eines bedeutenden Teils der Fraktion geführt hat, muss wohl eher
       als handfester Malus gelten. Aber an diesem Donnerstagnachmittag ist nicht
       die Zeit zum Wundenlecken, hier sollen medienwirksam die Segel gesetzt
       werden.
       
       In ihrem kleinen Büro in der Pflugstraße haben die KandidatInnen die noch
       druckwarmen Plakatmotive an die Wand geheftet, es gibt Mate, Fritz-Kola und
       selbst geschmierte Canapés. Parteichef Bruno Kramm ist im Normalolook
       erschienen: schwarze Kleidung, schwarzer Hut und nur ganz wenig Kajal um
       die Augen.
       
       Auf dem Poster, das ihn als Listenplatz 1 und Bürgermeisterkandidat
       präsentiert, ist er dagegen in seinem Outfit als Teil des in der
       Gothicszene beliebten Musikprojekts Das Ich zu sehen: als Horrorclown mit
       Reptilienaugen und zwei feuerroten Haarfontänen, die ihm aus dem kalkweißen
       Schädel schießen. Der Claim dazu lautet ironischerweise: „So kannste doch
       nich zur Arbeit“.
       
       Die politische Forderung dahinter: Als inzwischen einzige Partei, sagt
       Kramm, forderten die Piraten das Bedingungslose Grundeinkommen. Sprich:
       Wenn man sich nicht dem Diktat von Arbeitsmarkt und Jobcenter unterwerfen
       muss, kann man so bunt und einzigartig sein, wie man will, und irgendwie
       profitiert die Gesellschaft am Ende doch.
       
       Das mit der Buntheit bringt auch Simon Kowalewski mit seiner frisch
       nachgefärbten Regenbogen-Langhaarfrisur perfekt zum Ausdruck. Er ist einer
       der fünf derzeitigen Abgeordneten, die auch in diesem Herbst auf der Liste
       stehen werden, neben Fraktionschef Alexander Spies, Philipp Magalski, Fabio
       Reinhardt und Wolfram Prieß.
       
       Im Gegensatz zum letzten Mal stehen diesmal auch viele Frauen auf der
       Liste. Die hat 29 Plätze, und wenn es bei den schlechten Werten für die
       Piraten bleibt, dürfen sich die 29 KandidatInnen ab dem 18. September
       andere Tätigkeiten suchen. Beim Überraschungserfolg 2011 war es umgekehrt,
       damals konnten die Piraten gerade einmal die eroberten Sitze besetzen.
       
       Was allen Anwesenden ein Anliegen ist: auch den leisesten Zweifel
       auszuräumen, die Berliner Piraten seien – wie Teile anderer Landesverbände
       – irgendwie rechtsoffen. „Für uns ist ‚Refugees welcome‘ kein
       Lippenbekenntnis“, sagt Kramm. „Dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft nicht
       bei uns leben sollen, halten wir für einen abstrusen Gedanken. Wir lehnen
       nationale Grenzen ab.“
       
       Damit ist man auch in der Rigaer Straße anschlussfähig. Die Piraten, so der
       Chef, seien zwar klar eine Protestpartei, aber eben eine konstruktive.
       „Nicht wie andere, die sich eine Alternative schimpfen.“
       
       1 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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