URI: 
       # taz.de -- Marineübung in Hamburg: Geheimes Aufgebot im Hafen
       
       > Die Marine trainiert im Hamburger Hafen einen Einsatz gegen Piraten – und
       > keiner weiß Bescheid. Hafenarbeiter und Innenbehörde sind irritiert.
       
   IMG Bild: Plötzlich sind da Soldaten mit Maschinengewehren: Hafenarbeiter von Übung irritiert.
       
       Hamburg taz | Eine geheime Übung der Bundeswehr bei der Hafen- und
       Lagerhaus Logistik AG (HHLA) im Hamburger Hafen hat bei Hafenarbeitern für
       Irritationen gesorgt: Manch einer deutet sie als Terror-Szenarien, andere
       als einen Vorboten für das im kommenden Jahr in Hamburg bevorstehende
       Gipfeltreffen der Regierungschefs der 20 wichtigsten Industriestaaten. Denn
       für das sogenannte G20-Treffen sollen weite Teile der Stadt in einen
       polizeilichen und militärischen Ausnahmezustand versetzt werden.
       
       Anfang vergangener Woche bemerken HHLA-Arbeiter der Nachtschicht um 4.45
       Uhr am Container-Terminal Burchardkai vor dem Containerriesen der Reederei
       Hamburg Süd, Cap San Nicolas, zwei Bundeswehr-Kleinbusse und einen
       Bundeswehr-Offizier-Mercedes mit Y-Kennzeichen. Vor den Fahrzeugen stehen
       ein Dutzend Soldaten. Sie legen zuerst Helme und dann ihre Sturmgewehre an.
       
       Auf Frage, was denn hier gerade läuft, wird den Beschäftigten die Auskunft
       verweigert. Offenbar handelt es sich um eine geheime Kommandosache. Auch
       dem herbeigeeilten HHLA-Schichtführer verweigern die Militärs die Antwort.
       Über Funk mutmaßt jemand aus der HHLA-Zentrale, es handele sich vielleicht
       um eine „Anti-Terror-Übung“. Weil die Nachtschicht dann nach Hause geht und
       die Frühschicht erst um 7 Uhr kommt, bleiben den Soldaten am Burchardkai
       ungestörte eineinhalb Stunden.
       
       Nach gemeinsamen Recherchen der taz und des linken Radiosenders FSK
       dementiert die HHLA, dass überhaupt eine Bundeswehr-Übung stattgefunden
       hat. Auch die Hamburger Innenbehörde erklärt, sie sei nicht über ein
       Manöver informiert worden. Tags darauf will sie selbst erfahren, was sich
       am Vortag im Hafen abgespielt hat.
       
       Auch bei der HHLA geht in den nächsten Tagen weiter spekuliert.
       taz-Recherchen in der Belegschaft bestätigen, dass es eine Bundeswehrübung
       gegeben hat. Dass Soldaten auf dem Container-Terminal Burchardkai im
       Einsatz waren, belegen Fotos. Das bestätigt auch der HHLA-Betriebsrat: „Wir
       waren als Betriebsrat nicht informiert worden“, sagt Betriebsratschef
       Norbert Paulsen verärgert. „Wir haben auch nur gehört, dass es eine
       Anti-Terror-Übung gab.“
       
       Paulsen interessiert vor allen, auf welcher Rechtsgrundlage diese Übung
       stattgefunden habe. Denn es könne ja nicht angehen, dass Personen mit
       Maschinenpistolen auf das Gelände kommen, nur weil sie eine
       Bundeswehr-Uniform tragen.
       
       Seit den Terroranschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001
       unterliegen Hafenanlagen dem „International Ship and Port Facility Security
       Code“ (ISPS-Code) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation. Danach
       müssen diese als Sicherheitszonen abgeschottet werden.
       
       Mitte der Woche erklärt HHLA-Sprecher Karl Olaf Petters erneut auf
       taz-Anfrage: „Völliger Blödsinn – es hat keine Bundeswehrübung gegeben.“
       Und auch der Sprecher des Bundeswehr-Landeskommandos Hamburg, Wulf
       Allkotte, kapituliert bei seiner Recherche. „Das müssen Fremdkräfte gewesen
       sein. Wir als Landesverband wissen davon nichts“, sagt Allkotte.
       
       Licht ins Dunkel bringt erst eine Anfrage bei der Reederei Hamburg-Süd.
       „Das war eine Marine-Übung auf der Cap San Nicolas“, sagt
       Reederei-Sprecherin Christiane Krämer. Die Marine hätte mit Einverständnis
       der Reederei einen Einsatz gegen Piraten auf einem echten Handelsschiff
       trainieren wollen. Nunmehr korrigiert sich auch HHLA-Sprecher Petters: „Es
       gab eine Marine-Übung auf einem Schiff, wir haben nur die
       Überfahrgenehmigung erteilt“, sagt er.
       
       Später erklärt Fregattenkapitän Johannes Dumrese vom Marine-Kommando
       Rostock der taz: „Das war der Ausbildungsabschnitt eines Ausbildungsgangs
       der Marine-Kampfschwimmer.“ Es habe ein Anti-Piraterie-Einsatz auf einen
       echten Handelsschiff simuliert werden sollen, wie er im Rahmen der
       „Operation Atlanta“ am Kap von Afrika zum Schutz deutscher Handelsschiffe
       vorkommen könne.
       
       Entsprechende Übungen gebe es zwar auch auf den eigenen Kriegsschiffen,
       aber ein Handelsschiff sei größer und nun mal anders gebaut, sodass sich
       die Zeiten für Abläufe verlängern können.
       
       Dumrese räumt ein, dass das Manöver gegenüber der HHLA-Belegschaft nicht
       gut kommuniziert worden und so unnötiges Misstrauen entstanden sei. „Das
       ist einfach schief gelaufen“, sagt er und verspricht für die Zukunft mehr
       Transparenz..
       
       30 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai von Appen
       
       ## TAGS
       
   DIR Marine
   DIR Bundeswehr
   DIR Hamburger Hafen
   DIR G20-Gipfel
   DIR Bundeswehr
   DIR Nato
   DIR Bundeswehr
   DIR Brandenburg
   DIR Nato
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Wird Hamburg zur Festung?: G20-Gipfel ist kein Kindergeburtstag
       
       SPD-Innensenator Andy Grote verspricht Versammlungsfreiheit beim
       G20-Gipfel. Dennoch bleiben Sorgen um die Bürgerrechte.
       
   DIR Weißbuch der Bundeswehr: Von der Leyen will nachladen
       
       Deutsches Militär soll häufiger ins Ausland gehen, Einsätze öfter anführen,
       mehr Geld erhalten. Die taz dokumentiert den Entwurf.
       
   DIR Nato-Großmanöver „Anakonda“ in Polen: 31.000 Soldaten proben Krieg
       
       Dienstag startete das Nato-Manöver „Anakonda“ in Polen. Die Übung zeige
       „Verunsicherung“ von Osteuropäern wegen Russland, sagt Gernot Erler (SPD).
       
   DIR Digitale Aufrüstung der Bundeswehr: Frau Ministerin will hacken
       
       Die Bundeswehr baut ein Kommando auf, dass für die Abwehr von Angriffen aus
       dem Netz zuständig sein wird. Es soll 15.000 Soldaten koordinieren.
       
   DIR Teures Manöver der Bundeswehr: Spur der Verwüstung im Havelland
       
       Zur Übung ließ die Bundeswehr Panzer über Brandenburgs Straßen rollen. Die
       Schäden belaufen sich auf 100.000 Euro.
       
   DIR Pläne der Nato für Osteuropa: „Speerspitze“ Bundeswehr
       
       Einem Zeitungsbericht zufolge könnte die Bundeswehr führend in einer
       schnellen Eingreiftruppe der Nato sein. Sie soll in Krisen in zwei bis fünf
       Tagen einsatzbereit sein.