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       # taz.de -- Kommentar aufsteigende Studierende: Immer noch Familiensache
       
       > Kinder aus Nichtakademiker-Familien kann man zum Studieren ermutigen.
       > Reformiert werden muss aber das ungerechte deutsche Schulsystem.
       
   IMG Bild: Wer später studiert, entscheidet sich bereits in der Grundschule
       
       Dass das deutsche Bildungssystem ungerecht ist, wissen wir seit Pisa. 2006
       kam heraus: Ein Akademikerkind hat eine 2,7-mal so hohe Chance, ein
       Gymnasium zu besuchen, als das eines Facharbeiters. Damit ist der Weg
       vorgezeichnet: Studium und gesellschaftliche Anerkennung für die einen,
       Ausbildung und Achselzucken für die anderen. Alle drei Jahre belegt das die
       Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks: Zuletzt waren 77 Prozent der
       Studienanfänger Sprösslinge von Akademikern, Tendenz steigend.
       
       Wie sich das ändern lässt, wollen nun das Deutsche Institut für
       Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und das Wissenschaftszentrum Berlin für
       Sozialforschung (WZB) herausgefunden haben: mit Nutzen-Kosten-Workshops an
       Schulen. Da Eltern ohne Uni-Erfahrung ihren Kindern schwer die Vorzüge des
       Studiums begreiflich machen können, müssen die Infos woanders herkommen.
       
       Wer erfährt, dass Uni-Absolventen besser verdienen und seltener arbeitslos
       sind als der Durchschnitt, will eher studieren. Das zeigen Umfragen, die
       DIW und WZB an 27 Berliner Schulen durchgeführt haben. Wenig verwunderlich:
       Am stärksten steigt der Studienwunsch bei Nichtakademikerkindern.
       
       So wichtig dieser Befund ist, so wenig ändern seine Schlüsse die ungleichen
       Bildungschancen im Land. Denn zum Zeitpunkt, an dem sich Jugendliche mit
       ihrer beruflichen Zukunft beschäftigen, sind sie schon längst auf der
       Erfolgs- oder der Loserschule. Da hilft es wenig, dass man Haupt- in
       Mittelschulen umbenennt wie in Bayern oder alle Nichtgymnasien in
       Regional-, Ober- und Stadtteilschulen zusammenfasst.
       
       Solange das Schulsystem nach der vierten oder sechsten Klasse die Weichen
       für die spätere Karriere stellt, bleibt die Aufklärung mit 16 bloße
       Symptombekämpfung. Denn die Workshops machen ja nur dort Sinn, wohin es
       Jugendliche ohne Akademikereltern kaum schaffen: an Gymnasien.
       
       30 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Pauli
       
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