# taz.de -- Hartz-IV-Änderungen verabschiedet: Bürokratieabbau und Sanktionsdruck
> Gegen die Stimmen der Opposition verabschiedete der Bundestag am
> Donnerstagabend die Reform. Ziel: mehr Zeit für Beratung und Vermittlung
> in den Jobcentern.
IMG Bild: Andrea Nahles (SPD) hat die Hartz-IV-Reform auf den Weg gebracht
Berlin epd | Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag am
Donnerstagabend in Berlin die Hartz-IV-Novelle verabschiedet. Hauptziel ist
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zufolge, die Jobcenter von
Verwaltungsarbeit zu entlasten. Die Reform war zwei Jahre lang von einer
Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorbereitet worden. Die Opposition stimmte gegen
die Reform. Sie warf der Regierung vor, Betroffene schlechterzustellen.
Das Gesetz fasst Änderungen und Vereinfachungen zusammen, die zu weniger
Bürokratie führen sollen. Für Aufmerksamkeit sorgte zuletzt, dass
Alleinerziehenden Geld abgezogen werden sollte für die Zeit, in der das
Kind beim getrennt lebenden Partner ist. Nach massiver Kritik der
Opposition und von Sozialverbänden hatte Nahles diese Regelung gestrichen.
Sozialverbände und Opposition fordern eine Pauschale für die
Mehraufwendungen getrennt lebender Eltern.
Grüne und Linksfraktion brachten jeweils eigene Anträge ein. Sie
kritisierten unter anderem, dass die Sondersanktionen für
Hartz-IV-Empfänger unter 25 nicht abgeschafft werden. Den jungen
Arbeitslosengeld-Beziehern können die Leistungen für den Lebensunterhalt
und die Wohnung in zwei Schritten bis auf null gekürzt werden, wenn sie
ihre Pflichten verletzen. Bei Erwachsenen ist das schwieriger.
Der Bundesrat muss dem Gesetz zustimmen. Dort haben Union und SPD allein
nicht die Mehrheit, sondern sind auf die Zustimmung von grün-mitregierten
Ländern angewiesen.
Rund 4,3 Millionen Menschen in Deutschland beziehen Hartz-IV-Leistungen.
Arbeitsministerin Nahles rechnet damit, dass bis 2019 rund eine Million
Flüchtlinge hinzukommen. Angesichts der wachsenden Zahl sollen die
Jobcenter mehr Zeit für Beratung und Vermittlung bekommen. So sollen sie
beispielsweise Leistungsbescheide nur noch einmal im Jahr statt jedes halbe
Jahr berechnen und versenden. Ein anderes Beispiel: Die rückwirkende
Korrektur fehlerhafter Bescheide soll abgeschafft werden. Solche
Vereinfachungen führten zu Nachteilen für die Betroffenen, kritisiert die
Opposition: Sie bekommen dann auch rückwirkend kein Geld zurückgezahlt, das
ihnen eigentlich zugestanden hätte.
24 Jun 2016
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