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       # taz.de -- Verhandlungen über den Brexit: Die EU macht Stress
       
       > Das britische Votum wirft viele Fragen auf. Fast drei Millionen britische
       > Bürgerinnen und Bürger verlangen eine neue Abstimmung. Brüssel mahnt zur
       > Eile.
       
   IMG Bild: Nach dem Brexit der Caxit – wann geht Cameron?
       
       London/Berlin/Brüssel dpa | Nach dem Brexit-Votum wächst in der
       Europäischen Union der Druck auf Großbritannien, die Konsequenzen zu
       ziehen. Deutschland und die anderen fünf EU-Gründerstaaten fordern rasche
       Austrittsverhandlungen. [1][Der britische Premier David Cameron hatte
       seinen Rücktritt bis Oktober angekündigt] – die Verhandlungen solle erst
       sein Nachfolger führen. Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault
       forderte dagegen am Wochenende einen neuen britischen Regierungschef
       „innerhalb weniger Tage“.
       
       [2][In dem historischen Brexit-Referendum] hatten am Donnerstag knapp 52
       Prozent der Briten dafür gestimmt, dass Großbritannien als erstes Land
       überhaupt die EU verlässt. Das Land ist gespalten, über zwei Millionen
       Briten fordern eine neue Abstimmung.
       
       Ein Labour-Abgeordneter rief gar das Parlament dazu auf, das EU-Referendum
       zu kippen. Das Ergebnis sei nicht bindend, das Parlament solle es mit einem
       Votum außer Kraft setzen, forderte der Abgeordnete David Lammy. „Wir können
       diesen Wahnsinn durch eine Abstimmung im Parlament stoppen und diesen
       Alptraum beenden“, zitierte ihn die britische Agentur PA am Samstagabend.
       
       Am Sonntag treffen sich Diplomaten aus den 27 verbleibenden
       EU-Mitgliedsstaaten ohne britische Vertreter in Brüssel, um den EU-Gipfel
       kommende Woche vorzubereiten. Am Dienstag soll Cameron den anderen Staats-
       und Regierungschefs beim Gipfel erklären, wie er sich das
       Scheidungsverfahren mit der EU vorstellt.
       
       Die Debatte könnte laut werden, denn die Vorstellungen über den Brexit
       gehen weit auseinander. Am Mittwoch ist dann erstmals ein informelles
       Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs ohne Großbritannien geplant.
       
       ## Schulz will Hängepartie vermeiden
       
       Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verlangte von der britischen Regierung
       Auskunft über das weitere Vorgehen zur Trennung von der EU. „Ehrlich
       gesagt, soll es nicht ewig dauern (…), aber ich würde mich jetzt auch nicht
       wegen einer kurzen Zeit verkämpfen“, sagte Merkel nach einem Spitzentreffen
       von CDU und CSU.
       
       EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) mahnte Großbritannien hingegen
       zur Eile. Eine lange Hängepartie führe zu noch mehr Verunsicherung und
       gefährde dadurch Jobs, sagte er der Bild am Sonntag. „Deshalb erwarten wir,
       dass die britische Regierung jetzt liefert. Der Gipfel am Dienstag sei
       hierfür „der geeignete Zeitpunkt.“
       
       Manfred Weber (CSU), Chef der konservativen EVP-Fraktion sagte dem Blatt:
       „Die beginnende Verzögerungstaktik in London ist inakzeptabel.“ Weber
       plädierte für einen Austritt innerhalb eines Jahres.
       Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte: „Es wird niemand
       die Chance haben, auf Zeit zu spielen. Die Wirtschaft wird schnelle
       Klarheit einfordern.“
       
       EU-Digitalkommissar Günther Oettinger warnte die EU-Staaten davor, nun
       Reformen europäischer Verträge zu diskutieren. Der CDU-Politiker sieht auch
       den Zuspruch für anti-europäische Rechtspopulisten in den Niederlanden und
       in Frankreich mit Sorge, wie er der Welt am Sonntag sagte.
       
       ## Zweite Abstimmung gefordert
       
       Mehr als zwei Millionen Briten fordern angesichts des knappen Ausgangs des
       EU-Referendums bereits eine zweite Abstimmung. [3][Eine offizielle
       Online-Petition] bekam am Wochenende minütlich Tausende neue digitale
       Unterschriften. Schon 100.000 Unterstützer reichten, damit das Parlament
       eine Debatte zumindest in Betracht ziehen muss.
       
       Großbritannien droht zudem die Spaltung: Schottland bereitet [4][ein neues
       Referendum] für seine Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich vor, wie
       Regierungschefin Nicola Sturgeon nach einem Krisentreffen in Edinburgh
       erklärte.
       
       Ökonomen erwarten wegen des Brexit massive wirtschaftliche Einbußen in
       Europa. Am härtesten werde der Brexit jedoch die Briten selbst treffen,
       urteilte die Bertelsmann-Stiftung. Die US-Ratingagentur Moody's senkte den
       Ausblick für die Bewertung der Kreditwürdigkeit des Landes von „stabil“ auf
       „negativ“.
       
       Zu den EU-Gründerstaaten, die jetzt einen schnellen Austritt
       Großbritanniens fordern, zählen neben Deutschland auch Frankreich, Italien,
       Belgien, die Niederlande und Luxemburg. Der Vorläufer der EU hieß im Jahr
       1957 noch Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).
       
       26 Jun 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5313175/
   DIR [2] /brexit
   DIR [3] https://petition.parliament.uk/petitions/131215
   DIR [4] /Unabhaengigkeitsreferendum-nach-Brexit/!5316502/
       
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