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       # taz.de -- Parlamentswahl in Spanien: Konservative gewinnen
       
       > Das Bündnis um Podemos überholt die Sozialdemokraten nicht. Stärkste
       > Partei bleiben die Konservativen, jedoch ohne absolute Mehrheit.
       
   IMG Bild: Pablo Iglesias ist ein gefragter Mann
       
       Madrid taz/dpa/ap | „Sorpasso“ – „Überholmanöver“ – hieß das Wort des Tages
       bei den spanischen Parlamentswahlen am Sonntag. Dem Anti-Austeritätsbündnis
       Unidos Podemos ist es dennoch nicht gelungen, die altehrwürdige
       Sozialistsche Partei PSOE von Platz 2 zu verdrängen.
       
       Nach dem vorläufigen Endergebnis kam die konservative Volkspartei (PP) des
       Ministerpräsidenten Mariano Rajoy auf 137 der insgesamt 350 Sitze, 14 mehr
       als bisher. Sie hat aber, wie bereits bei dem ersten Urnengang im Dezember,
       eine Mehrheit verfehlt und wird einen Koalitionspartner brauchen.
       
       Die Sozialisten (PSOE) erhielten 85 Mandate, 5 weniger als bei der
       Dezember-Wahl. Sie erzielten ihr schlechtestes Ergebnis in der jüngeren
       Geschichte, behaupteten sich aber entgegen ersten Prognosen als
       zweitstärkste Kraft. Kurz nach Schließung der Wahllokale hatten Umfragen
       zunächst nahegelegt, dass Unidos Podemos die traditionsreiche
       Arbeiterpartei überholt habe und knapp hinter der PP liege. Am Ende landete
       das Bündnis mit 71 Sitzen beim Ergebnis aus dem Dezember 2015.
       
       Die liberalen Ciudadanos (Bürger) kamen nach den Angaben des
       Innenministeriums auf 32 Sitze, 8 weniger als bisher.Die Wahlbeteiligung
       war mit 69,8 Prozent geringer als im Dezember.
       
       ## Linker Zusammenschluss
       
       Podemos hat sich – im Gegensatz zur Wahl im vergangenen Dezember – mit der
       Vereinigten Linken (IU) zusammengeschlossen. Damals holten beide
       Formationen getrennt 69 und 2 Sitze. Das Wahlgesetz begünstigt große
       Formationen. In den Ballungsgebieten und in dicht bevölkerten Regionen wie
       Madrid, Katalonien, Valencia und dem Baskenland liegt die
       Antiausteritätsformation deutlich vor der PSOE. In Katalonien und dem
       Baskenland dürfte ihr gar Platz eins sicher sein.
       
       Im Dezember weigerte sich der kleine Parteitag der PSOE strikt, mit Podemos
       und anderen linken Formationen eine Koalition einzugehen. Stattdessen
       schloss sich die PSOE mit der rechtsliberalen Bürgerpartei (Ciudadanos)
       zusammen und fand damit im Parlament keine Mehrheit. Nach nur sechs Monaten
       musste daher am Sonntag erneut gewählt werden.
       
       Die Wahlbeteiligung lag um 14:30 Uhr nur 0,05 Prozent hinter der vom 20.
       Dezember. Viele Spanier hatten bereits in den vergangenen Tagen ihre Stimme
       per Briefwahl abgegeben.
       
       Der Wahlkampf war vor allem von einer Partei bestimmt, von Unidos Podemos.
       In allen Stadtteilen und selbst in kleinen Dörfern führte das Wahlbündnis
       dem neben Podemos und der Vereinigten Linken auch viele regionale
       Formationen angehören, Bürgerfragestunden und Meetings durch. Zur
       Abschlusskundgebung in Madrid kamen am Freitagabend 15.000 Menschen
       zusammen. Pablo Iglesias wurde von mehreren Bürgermeistern und
       Bürgermeisterinnen großer Städte unterstützt, die seit Mai 2015 von den
       sogenannten Bürgerlisten rund um Podemos regiert werden.
       
       ## Koalitionsangebot ohne Gegenliebe
       
       „Wir sind nur noch wenige Stunden von dem entfernt, was ein historischer
       Wandel sein kann“, erklärte die Bürgermeisterin von Barcelona und frühere
       Aktivistin gegen Wohnungszwangsräumungen, Ada Colau, in einer
       Videobotschaft. Iglesias griff die Idee auf und zitierte den ermordeten
       chilenischen sozialistischen Regierungschef Salvador Allende. „Die
       Geschichte gehört uns und sie wird durch die Völker geschrieben“, rief er.
       Iglesias bot den Sozialisten einmal mehr eine Koalition an.
       
       Die PSOE schloss ihre Kampagne in Sevilla ab, der Hauptstadt ihrer letzten
       Hochburg Andalusien. Alle Redner, Spitzenkandidat Pedro Sánchez
       eingeschlossen, kannten nur ein Thema, den Überholvorgang von Unidos
       Podemos auszubremsen. „Wer Podemos wählt, wählt den Hass auf die PSOE“,
       erklärte die andalusische Regierungschefin Susana Díaz.
       
       Sánchez verglich Iglesias gar mit den britischen Ultra-Nationalisten, die
       den Brexit erreichten. All das ist kein gutes Omen für eventuelle
       Verhandlungen einer Mitte-links-Regierung. So manche sozialistische
       Parteifürsten oder Parteifürstinnen, unter ihnen die Andalusierin Díaz,
       setzt daher eher auf eine Große Koalition.
       
       Update: In einer früheren Version dieses Beitrags wurde ein
       Auszählungsstand mitgeteilt, nach dem Podemos nicht dritt-, sondern
       zweitstärkste Kraft geworden sei.
       
       26 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reiner Wandler
       
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