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       # taz.de -- Neu registrierte Flüchtinge in Deutschland: Nur noch 16.000 im Juni
       
       > Innenminister de Maizière lobt sich für gesunkene Zahlen. NGOs
       > kritisieren Abschiebungen und mangelnde Bekämpfung der Fluchtursachen.
       
   IMG Bild: Er soll die Finger besser bis zur Nase heben, denn sein Eigenlob stinkt gewaltig
       
       BERLIN taz | DieZahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge sinkt
       stark. Während im Januar 92.000 Neuankömmlinge registriert wurden, waren
       es im Juni noch rund 16.000. Er gehe von einer „deutlichen Entspannung bei
       der Flüchtlingskrise aus“, sagte Innenminister Thomas de Maizière am
       Freitag bei der Vorstellung der Halbjahreszahlen des Bundesamts für Flucht
       und Migration (BAMF). Grund seien die Schließung der Balkanroute sowie der
       EU-Türkei-Deal: „Wir sehen daran, dass die Maßnahmen auf deutscher und
       europäischer Ebene greifen.“
       
       Insgesamt kamen seit Beginn des Jahres etwa 222.000 Flüchtlinge nach
       Deutschland. Fast 170.000 davon stammten aus den Krisenstaaten Syrien,
       Afghanistan, Irak, Somalia, Eritrea. Die sogenannten sicheren
       Herkunftsstaaten spielten kaum eine Rolle. Die Anerkennungsquote war hoch:
       Rund zwei Drittel (61,5 Prozent) aller Asylentscheidungen fiel positiv aus.
       
       Trotz des Kriegs in ihrer Heimat jedoch wurden weiter weniger als die
       Hälfte aller Afghanen anerkannt. Solange dieser Anteil eines
       Herkunftslandes unter 50 Prozent liegt, können von dort stammende
       Flüchtlinge nur erschwert etwa an Integrationskursen teilnehmen.
       
       Seit Januar fällte das BAMF 280.000 Entscheidungen – so viele wie im
       gesamten Jahr 2015. „Verfahrensoptimierung und Personalaufstockungen
       wirken“, sagte BAMF-Direktor Frank-Jürgen Weise. Noch immer aber liegen
       etwa 500.000 unerledigter Asylanträge bei der Behörde. Zudem warten wohl
       über 100.00 Eingereiste auf einen Termin für die Antragstellung. Bis Ende
       des Jahres will das Amt den Rückstau abarbeiten.
       
       „Die sinkenden Asylzahlen sind kein Grund zur Freude, sondern Ausdruck der
       Krise von Menschenrechtsschutz“, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter
       Burkhardt. „In Deutschland stehen Unterkünfte leer, während in Griechenland
       Flüchtlinge auf der Straße leben und oft nicht einmal die Chance auf eine
       Registrierung ihres Asylgesuchs bekommen.“ Ihnen drohe die Abschiebung in
       die Türkei. „Das Recht auf Asyl in Europa soll nicht mehr erreichbar sein.“
       
       Er kritisierte, dass das Bundesamt Menschen aus Syrien immer öfter nur den
       sogenannten subsidiären Schutzstatus mit einjähriger Aufenthaltserlaubnis
       zuerkenne. Dadurch hätten die Kriegsflüchtlinge kein Recht, Angehörige
       durch den Familiennachzug zu retten. Flüchtlinge, die nicht aus
       unmittelbaren Krisengebieten stammen, hätten es aufgrund der
       Asylrechtseinschränkungen der letzten Monate immer schwerer, sich gegen
       Ablehnungen im Schnellverfahren zu wehren.
       
       Auch die Hilfsorganisation medico international kritisierte die Auslagerung
       des Grenzschutzes: „Mit viel Geld delegiert die EU
       Menschenrechtsverletzungen und die Errichtung von abschreckenden Lagern an
       außereuropäische Staaten“, sagte Ramona Lenz von medico. Diese Politik
       werde neue Fluchtursachen schaffen, wenn sie Diktaturen stärke oder
       Entdemokratisierung duldet – wie etwa durch den Deal mit der Türkei.
       
       8 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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