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       # taz.de -- Wochenvorschau von Bert Schulz: Bitte keine vorschnellen Urteile!
       
       > Manchmal landen Fälle vor Gericht, wo alles drinsteckt, was das Leben
       > ausmacht. Diese Woche geht es unter anderem um Rassismus und um die
       > Teilräumung der Rigaer Straße.
       
   IMG Bild: Gesetze über Menschen: Bücher allein helfen da nicht weiter
       
       Im Film sind Gerichtsverhandlungen oft die besseren Krimis. Da wird geredet
       und um Deals gerungen; es geht um Unschuldige, die sich retten müssen, und
       um Gewalttätige, denen nichts nachgewiesen werden kann.
       
       In der Realität sind viele Prozesse Routine: Es wird verlesen, plädiert,
       geurteilt. Doch manchmal landen Fälle vor Gericht, wo alles drinsteckt, was
       das Leben ausmacht – so traurig, so erschreckend es oft sein mag. Einige
       davon stehen diese Woche an.
       
       Heute am Montag soll im Prozess gegen den 63-jährigen Rolf Z. das Urteil
       fallen. Ihm wird vorgeworfen, einen 31-jährigen Briten in Neukölln auf
       offener Straße ohne jeden Anlass erschossen zu haben – mit einer
       Schrotflinte. Die Staatsanwaltschaft hält die Vorwürfe für erwiesen, sie
       fordert fast zwölf Jahre Haft.
       
       Doch war das der einzige Mord, den Rolf Z. verübt hat?
       
       Vor mehr als vier Jahren, im April 2012, wurde Burak B. ebenfalls in
       Neukölln erschossen. Die Tat, die ebenfalls ohne erkennbare Vorwarnung oder
       -geschichte passierte, ist bis heute nicht aufklärt. Haben beide Fälle
       etwas miteinander zu tun? War in beiden Fällen Rassismus das Tatmotiv? Eine
       Initiative vermutet dies, und es gibt Hinweise, die ihre These stützen.
       
       ## Bekannteste Wohnhaus der Stadt
       
       Am Mittwoch wird über das derzeit bekannteste Wohnhaus dieser Stadt
       verhandelt. Der Verein der Bewohner der Rigaer Straße 94 – wo es am
       Wochenende, wie auf der nächsten Seite zu lesen ist, wieder mal knallte –
       klagt wegen der Räumung der Szenekneipe Kadterschmiede in ihrem Haus. War
       diese überhaupt rechtens? Die Verhandlung findet unter erhöhten
       Sicherheitsvorkehrungen statt. Mal sehen, ob diese so umfassend sind wie in
       der Rigaer Straße selbst.
       
       Untersuchungsausschüsse sind so was Ähnliches wie Gerichtsprozesse. Auch
       hier werden Zeugen gehört, nur dass es am Ende meist kein klares Urteil
       gibt. In Potsdam nimmt am Dienstag ein NSU-Untersuchungsausschuss des
       Landtags seine Arbeit auf. Es geht – wie in vielen NSU-Untersuchungen – um
       die Rolle eines V-Mannes, hier heißt er „Piatto“, der vom Brandenburger
       Verfassungsschutz geführt wurde. Der soll Hinweise des V-Mannes auf drei
       Skinheads, die sich bewaffnen und abtauchen wollten, nicht weitergegeben
       haben an Kollegen in anderen Bundesländern, um ihre Quelle zu schützen. Was
       also wusste Brandenburgs Behörde über das rechte Terrortrio?
       
       So viele Fragen. Wie werden die Antworten aussehen?
       
       10 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
       ## TAGS
       
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