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       # taz.de -- Fragen und Antworten zum Verfahren: Worum geht es beim Lohfink-Prozess?
       
       > Hat das Verfahren gegen Lohfink rechtspolitische Bedeutung? Das hängt
       > davon ab, wie das Gericht das Tatgeschehen interpretiert.
       
   IMG Bild: Gina-Lisa Lohfink kommt am 27. Juni am Gericht an
       
       Vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten hat heute der Prozess gegen das Model
       Gina-Lisa Lohfink begonnen. Sie soll zwei Männer zu Unrecht der
       Vergewaltigung beschuldigt haben.
       
       Wie kam es zu dem Strafbefehl gegen Gina-Lisa Lohfink? 
       
       Am 2. Juni 2012 hatten zwei Männer – Pardis F. und Sebastian C. – Sex mit
       Gina-Lisa Lohfink. Dabei filmten sie teilweise das Geschehen mit ihren
       Handys. Auf manchen Sequenzen ist einvernehmlicher Sex zu sehen und Lohfink
       tanzt durchs Zimmer. Auf einer anderen Sequenz sagt sie mehrfach „Hör auf“.
       Die Männer versuchten, die Videos zu verkaufen.
       
       Lohfink zeigte die Männer deshalb am 8. Juni 2012 wegen unerlaubter
       Verbreitung von Ton- und Bildaufnahmen an. Erst anschließend sah sie die
       Videos und warf den Männern nun Vergewaltigung vor. Sie habe wohl
       K.o.-Tropfen erhalten. Die Polizei ermittelte nun wegen Vergewaltigung
       gegen die Männer, ging am Ende aber von einer Falschverdächtigung aus.
       
       Die beiden Männer erhielten im Juni 2014 Strafbefehle wegen unerlaubter
       Verbreitung des Videos. Pardis F. zahlte. Sebastian C. ist nicht mehr
       auffindbar. Lohfink erhielt im November 2015 einen Strafbefehl wegen
       falscher Verdächtigung. Sie soll eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen
       bzw. 24.000 Euro bezahlen.
       
       Was ist ein Strafbefehl? 
       
       Die Staatsanwaltschaft kann am Ende der Ermittlungen beim Amtsgericht einen
       Strafbefehl beantragen, wenn sie eine öffentliche Verhandlung nicht für
       erforderlich hält. Die Justiz spart sich so Arbeit, der Beschuldigte kann
       öffentliches Aufsehen vermeiden. Wenn der oder die Beschuldigte binnen zwei
       Wochen Einspruch erhebt, kommt es doch zu einer normalen Hauptverhandlung.
       Der Strafbefehl hat dann keine Wirkung. Lohfink hat Einspruch erhoben,
       deshalb findet die Verhandlung nun statt. Bisher ist Lohfink also noch
       nicht verurteilt.
       
       Welche Bedeutung hat das Verfahren für die Diskussion um eine Verschärfung
       des Sexualstrafrechts? 
       
       Medial ist die Bedeutung für die politische Diskussion groß. Lohfink hatte
       mehrfach „Hör auf“ gesagt, dies ist durch das Video auch belegt. Trotzdem
       wurden nicht die Männer wegen Vergewaltigung verurteilt, sondern sie wegen
       falscher Verdächtigung. Vielfach wurde dies als Beleg dafür gewertet, dass
       das Sexualstrafrecht so verschärft werden muss, dass jede sexuelle Handlung
       gegen den Willen eines anderen als Straftat gilt.
       
       Tatsächlich plant die große Koalition derzeit die Verankerung des Prinzips
       „Nein heißt Nein“ im Strafgesetzbuch. Nächste Woche soll im Bundestag die
       entscheidende Abstimmung sein. Allerdings kommt es auch im konkreten Fall
       darauf an, dass sich das „Nein“ auf eine sexuelle Handlung bezieht. Falls
       das Gericht zum Schluss kommt, dass sich Lohfinks „Hör auf“ nur auf das
       Filmen bezog, wäre das auch nach neuem Recht keine Vergewaltigung.
       
       Wovon hängt ab, ob Gina-Lisa Lohfink verurteilt wird? 
       
       Sie hätte sich nur dann strafbar gemacht, wenn sie die beiden Männer „wider
       besseres Wissen“ einer Straftat verdächtigt hat. Das Gericht müsste also
       davon überzeugt sein, dass Lohfink während der gesamten Zeit einvernehmlich
       mit den Männern Sex hatte, dies auch im Moment der Anzeigenerstattung und
       bei ihrer Polizeiaussage im November 2012 wusste, aber trotzdem behauptete,
       sie sei durch Zufügung von K.o.-Tropfen dazu gebracht worden, die sexuellen
       Handlungen zu dulden. Wenn das Gericht davon nicht überzeugt ist, muss es
       Lohfink freisprechen. Es gilt das Prinzip: „Im Zweifel für die Angeklagte.“
       
       27 Jun 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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