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       # taz.de -- Kommentar Gina-Lisa Lohfink vor Gericht: Nur eine von vielen
       
       > Der Fall Gina-Lisa Lohfink zeigt, wie überfällig eine Verschärfung des
       > Sexualstrafrechts ist. Aber das macht sie nicht zu einer Vorkämpferin.
       
   IMG Bild: Ein Fall, der nachwirkt: Gina-Lisa Lohfink am Montag vor dem Gericht in Berlin
       
       Das war abzusehen: Der Prozess um Gina-Lisa Lohfink wird noch eine ganze
       Weile weitergehen, ein Urteil war am Montag schon vor Beginn der
       Verhandlung nicht zu erwarten. Doch das, was sich vor dem Kriminalgericht
       in Berlin-Moabit abspielte, hat eine neue Dimension erreicht:
       DemonstrantInnen halten Transparente hoch, auf denen steht: „Du bist nicht
       allein.“ Eine Aktivistin der feministischen Gruppe Femen bekundet mit
       nacktem Oberkörper Solidarität mit dem Model Lohfink. Frauen rufen „Nein,
       nein, nein.“ (Lesen Sie [1][hier] eine Reportage vom Prozesstag)
       
       Am Ende des Verhandlungstages wird sich Gina-Lisa Lohfink für die
       kämpferische Anteilnahme bedanken: „Ich bin überwältigt, dass ihr mir so
       helft.“ Schon wird die frühere Teilnehmerin von „Germanys next Topmodel“
       von manchen als eine Art neuer Feministin gehandelt. Ist sie durch das, was
       ihr angetan wurde, und aufgrund des undurchsichtigen Prozesses tatsächlich
       zu einer Feministin geworden? Oder versteht sie es, die mediale
       Aufmerksamkeit professionell für sich zu nutzen?
       
       In jedem Fall wirkt der Fall Lohfink nach. Nicht nur, weil die grandiose
       Welle der Solidarität verdeutlicht, dass Feministinnen ihre
       Geschlechtsgenossinnen nicht in gute und schlechte Frauen einteilen: Auch
       wer sich die Lippen aufspritzt, sich die Brust vergrößern lässt und in
       Pornos mitmacht, ist selbstverständlich genauso viel wert wie jede andere,
       die das nicht tut.
       
       Nachwirken wird der Fall auch, weil es künftig solche Prozesse nicht mehr
       geben sollte: Im Sexualstrafrecht könnte es in Kürze den Passus „Nein heißt
       Nein“ geben. Das dementsprechend reformierte Gesetz soll in der nächsten
       Woche im Bundestag verabschiedet werden.
       
       ## Ein jahrzehntelanger Kampf
       
       Das ist allerdings nicht das Verdienst von Gina-Lisa Lohfink, auch wenn
       manche das jetzt gern so darstellen. Auch Lohfinks UnterstützerInnen haben
       nicht bewirkt, dass das „Nein heißt Nein“ im Sexualstrafrecht tatsächlich
       umgesetzt wird. So großartig die Woge der Zustimmung auch ist.
       
       Lohfink und ihre UnterstützerInnen haben allenfalls verdeutlicht, wie
       überfällig die Verschärfung des Sexualstrafrechts ist. Die Stimmung im Land
       und in der Politik für ein „Nein heißt Nein“ im Strafrecht war noch nie so
       gut wie jetzt. Insofern darf damit gerechnet werden, dass der Bundestag am
       7. Juli dem Gesetzentwurf aus dem Justizministerium mehrheitlich zustimmen
       wird.
       
       Dafür haben Frauen- und Menschenrechtsorganisationen, Juristinnen und
       engagierte Bundestagsabgeordnete jahrzehntelang gekämpft. Sie haben mit
       klugen Argumenten, mit Fallanalysen und mit belastbaren Zahlen immer wieder
       für eine Gesetzesverschärfung geworben.
       
       Sie haben versucht, die Polizei zu sensibilisieren, den Blick der
       RichterInnen zu schärfen. Und dafür gesorgt, dass ausführliche Studien über
       häusliche Gewalt und Vergewaltigung durchgeführt werden. Sie haben die
       Politik vor sich her getrieben, nicht Gina-Lisa Lohfink.
       
       Der reformierte Gesetzentwurf ist älter als die hitzige Debatte um den
       Lohfink-Prozess. Das ist auch gut so. Ein Einzelfall wie dieser eignet sich
       nicht, um das Strafrecht zu beurteilen und gegebenenfalls nachzubessern.
       
       Ein Einzelfall ist ein Einzelfall ist ein Einzelfall, unabhängig davon, wie
       dramatisch er sich darstellt. Wichtig ist, dass mit dem Passus „Nein heißt
       Nein“ im Sexualstrafrecht ein Paradigmenwechsel erfolgt: dass Übergriffe
       gegen den erkennbaren Willen des Opfers künftig geahndet werden.
       
       Dass das jetzt eine noch breitere Öffentlichkeit erfährt, ist
       möglicherweise dem Fall Gina-Lisa Lohfink zu verdanken.
       
       28 Jun 2016
       
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   DIR Simone Schmollack
       
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