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       # taz.de -- Übermittlung privater Daten in die USA: Der Privacy-Schwindel der EU
       
       > Eine neue Regelung soll es Unternehmen ermöglichen, Nutzerdaten einfacher
       > in die USA zu schicken. Verbraucherschützer kritisieren das.
       
   IMG Bild: Da hilft nur der Rückgriff auf Altbewährtes: vertrauliche Infos nur noch per Brieftaube
       
       BERLIN taz | Unternehmen in Europa können ab sofort persönliche Daten von
       Nutzern wieder einfacher in die USA übertragen. Eine entsprechende
       Regelung, Privacy Shield, hat die EU-Kommission am Dienstag beschlossen.
       „Der Privacy Shield wird die transatlantische Wirtschaft stärken“, sagte
       Justizkommissarin Věra Jourová, die die Entscheidung gestern gemeinsam mit
       US-Staatssekretärin Penny Pritzker bekannt gab.
       
       Die Kommission hatte sich um eine neue Regelung zur Datenübermittlung
       bemüht, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) im vergangenen Herbst den
       Vorgänger, bekannt unter dem Namen Safe Harbor, gekippt hatte. Das Gericht
       kritisierte dabei vor allem zwei Punkte: Daten von europäischen Nutzern
       sind in den USA nicht vor der dortigen anlasslosen massenhaften Überwachung
       durch Geheimdienste geschützt. Und: Einen Rechtsweg, damit Nutzer gegen
       eventuellen Missbrauch vorgehen können, gab es nicht.
       
       Daten- und Verbraucherschützer sagen nun: Die aktuelle Vereinbarung ist
       nicht besser. Von einem Privacy-Schwindel spricht die
       Bürgerrechtsorganisation EDRi, und Datenschützer Thilo Weichert kritisiert:
       „Beide Kritikpunkte des EuGH sind auch im Privacy Shield nicht behoben.“ So
       ist in der Vereinbarung etwa von „bulk collection“, Massensammlung, die
       Rede, die nur noch die Ausnahme sein soll, dafür gezielte Überwachung die
       Regel. „Es gibt die Zusage der US-Regierung, dass nur auf Daten zugegriffen
       wird, wenn es nötig und verhältnismäßig ist“, erklärte Kommissarin Jourová.
       
       Doch Datenschützern sind die Ausnahmen zu weit gefasst – und zu schwammig.
       Dass es um Belange der „nationalen Sicherheit“ geht, reicht aus. „Das
       massenhafte Sammeln von Daten europäischer Nutzer bleibt unter der neuen
       Vereinbarung möglich“, kritisiert die Bürgerrechtsorganisation Access Now.
       
       Des einen Freud, des anderen Leid 
       
       Nutzer, die sich beschweren wollen, wenn sie ein Unternehmen des
       Datenmissbrauchs verdächtigen, brauchen jedenfalls einen langen Atem. Der
       Jurist Max Schrems, der durch sein Vorgehen gegen Facebook letztlich Safe
       Harbor zu Fall brachte, hat untersucht, welchen Weg Nutzer im
       Beschwerdefall gehen müssen. Sein Ergebnis: Sie müssen sich mindestens
       durch sieben unterschiedliche Institutionen kämpfen.
       
       In der Wirtschaft zeigt man sich dagegen erleichtert. „Die deutsche
       Wirtschaft ist stark exportorientiert und die USA sind einer der
       wichtigsten Handelspartner“, sagt Susanne Dehmel vom Branchenverband
       Bitkom. Profitieren würden vor allem mittelständische Unternehmen. Sie
       sparen es sich, vertragliche Regelungen aufzusetzen oder sich das Okay der
       Nutzer für die Datenübermittlung einzuholen. Stattdessen können sie einfach
       aus einer Liste der US-Unternehmen, die sich nach dem Privacy Shield selbst
       zertifiziert haben, wählen.
       
       Ob die Freude lange hält, ist unklar. Daten- und Verbraucherschützer sind
       sicher, dass die Vereinbarung vor dem EuGH landen wird. „Der EuGH wird Nein
       sagen“, ist Datenschützer Thilo Weichert überzeugt. Ein bis anderthalb
       Jahre gibt er dem Privacy Shield, bis es ihm so geht wie seinem Vorgänger.
       
       12 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
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