# taz.de -- EMtaz: Wales im Halbfinale: Kein glücklicher Außenseiter
> Beim 3:1 über Belgien zeigt Wales, dass es mehr ist als Gareth Bale. Und
> Belgien? Muss erstmal über die Zukunft von Trainer Wilmots entscheiden.
IMG Bild: Das tat weh! Nainggolan (M.) und Belgien sind raus
LILLE taz | Die große Aufmerksamkeit gilt den Isländern, aber das kann am
Sonntag vorbei sein. Die Waliser dagegen stehen nach der erstaunlichen
Nacht von Lille definitiv im Halbfinale dieser Fußball-EM. Sie sind aber
gar nicht mehr so heiß, auch eine Geschichte vom fassungslos glücklichen
Außenseiter abzugeben. Selbstverständlich sind sie nach dem 3:1 über die
hochfavorisierten Belgier auf „Wolke neun“, wie ihr Torschütze Hal
Robson-Kanu sagte. Aber viele Versuche, ihnen Statements in den Mund zu
legen, ob sie denn davon geträumt hätten oder es schon realisieren könnten,
ließen sie ins Leere laufen wie die meisten Angriffe der Belgier.
Tja, Belgien. Mitfavorit. Fifa-Weltranglistenzweiter. Was soll man sagen?
Lille war voller feierbereiter Belgier, was keine Völkerwanderung war,
sondern europäische Realität. Die Stadt liegt in Frankreich und Flandern
und bildet mit belgischen Grenzstädten zusammen eine Region. Im Stadion
waren die Fans von Wales aber mindestens gleich laut.
Die Waliser hatten ihren Fußball nicht neu erfunden, sondern spielten ihr
bekanntes Konterspiel. Entweder lange Bälle oder einen kurzen zu Gareth
Bale, ihrem Ausnahmespieler. Warum die Belgier sich das Spiel nehmen
ließen, obwohl sie 1:0 in Führung gegangen waren durch Nainggolans
fulminanten Fernschuss (13.), ist eine Frage, die Trainer Marc Wilmots auch
nicht beantworten konnte.
Eigentlich war dadurch alles vorbereitet, damit sie ihr Tempokonterspiel so
letal durchziehen hätten können wie im Achtelfinale gegen die Ungarn. Aber
nach etwa 20 Minuten war es vorbei. „Plötzlich verteidigten wir 15 Meter
tiefer, ich weiß nicht warum“, sagte Wilmots. Und er kriegte das auch nicht
mehr korrigiert. Dadurch wurden die Waliser überhaupt erst in die Lage
versetzt, die ungenügende Klasse der ersatzgeschwächten belgischen Abwehr
auszunutzen. Der Kopfballtreffer von Kapitän Williams nach einer Ecke
kippte das Spiel (31.)
## „Man kann Erfahrung nicht ersetzen“
Lukaku, Ersatz für den verletzten Vertonghen, war unter dem Ball durch
gesprungen. „Tore aus Standards, das ist uns in 30 Spielen nicht passiert“,
ächzte Wilmots. Das 1:2 war fast noch schlimmer, als die Waliser dann die
Belgier auskonterten. Es war ein üblicher Wales-Konter, nichts
Sensationelles. Zack (Bale), zack (Ramsey), Robson-Kanu war die dritte und
letzte Station. Er ließ Witsel und Meunier gleichzeitig ins Leere laufen,
den einen nach links, den anderen nach rechts, und schob dann allein vor
Courtois ein (55.). Wales nutzt gern die ganze Breite des Spielfelds und so
fiel auch noch das 3:1, diesmal köpftelte der eingewechselte Vokes ein
(86.)
„Man braucht eine gute geölte Maschine“, sagte Wilmots. „Wir mussten 50
Prozent unserer Abwehr ersetzen, aber man kann Erfahrung nicht ersetzen.“
Die Belgier sahen mit ihrer jungen Abwehr wirklich alt aus, das kann man
nicht anders sagen. „Ich bin verantwortlich“, sagte Wilmots, „aber das war
das Beste, was ich aufbieten konnte.“
Es war nicht gut genug und so fahren die Belgier nach Hause. Zumindest
haben sie es nicht allzu weit. Ob Marc Wilmots weiter Trainer bleiben darf,
wird man dann sehen. Versuche der belgischen Journalisten, ihn noch in der
Nacht von Lille zu einer Erklärung zu bringen, lehnte er ab.
Die Waliser fahren nach Lyon, wo sie am Mittwoch auf Portugal treffen. Wer
dachte, sie seien bei allem Engagement doch nur Gareth Bale plus zehn
andere um ihn herum, wird das relativieren müssen. Okay, Belgien hat diese
Niederlage zugelassen, aber Wales war als Team gut genug, um die Schwäche
des Favoriten entschlossen und kompetent auszunutzen.
2 Jul 2016
## AUTOREN
DIR Peter Unfried
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