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       # taz.de -- Kolumne Journalisten und Anschläge: Irgendetwas, was Hoffnung gibt
       
       > Nizza. Am Freitagmorgen hatte ich keine Lust, als Redakteur zu arbeiten.
       > Nicht an so einem Tag. Nicht schon wieder an so einem Tag.
       
   IMG Bild: „Lavendelernte in Deutschland“ – klingt nach Provence, nach südfranzösischem Sommer, nach Nizza
       
       Freitag morgen hatte ich keine Lust. Unmittelbar nach dem Aufwachen, da
       wäre noch was gegangen. Aber direkt danach. Das Radio an. Die Nachrichten.
       Nizza.
       
       Freitag morgen hatte ich keine Lust. Ich mochte nicht zur Arbeit gehen.
       Nicht als Nachrichtenredakteur. Nicht an so einem Tag. Nicht schon wieder
       an so einem Tag.
       
       Die Bilder. Die Videos. Auf jeder Newsseite. Bei Facebook. Bei Twitter. Der
       Hashtag #NiceAttack. Nice? Really? Es gibt Tage, an denen hasse ich
       Sprache. Mein Handwerkszeug.
       
       Und dann saß ich am Ticker. Das Neuste aus den Nachrichtenagenturen. Ich
       suchte nach Themen für die Zeitung. Nizza. Nein, nicht Nizza. Nizza auch.
       
       Die italienische Marine hat 675 Leichen aus dem Wrack des Flüchtlingsbootes
       geborgen, das im April 2015 im Mittelmeer gekentert war. Nun ist klar, dass
       damals mindestens 845 Menschen ums Leben kamen. Die Zahl der Opfer des
       Anschlags in Bagdad vor eineinhalb Wochen ist auf 292 gestiegen.
       
       ## Lavendel, Eis, Milchkrise
       
       Ist da nicht irgendetwas, was Hoffnung gibt? Was man dagegen setzen kann.
       
       „Lavendelernte in Deutschland.“ Klingt gut? Es duftet nach Provence. Nach
       südfranzösischem Sommer. Nach Nizza.
       
       „Dichter in Badehosen – Ausstellung in Düsseldorf.“ Klingt gut. Richtig
       gut. „Die Strandszenen erscheinen auf den ersten Blick unbeschwert, doch
       die vermeintliche Sommerfrische …“, schreibt dpa später im Text.
       Vermeintliche Sommerfrische. Nizza.
       
       „SPD-Fraktion erklärt TTIP-Handelsabkommen für ‚faktisch tot‘“. Klingt … .
       Nein. Tot klingt an diesem Tag in keinem Zusammenhang gut. Überhaupt nicht
       gut.
       
       „Die Deutschen und ihre Lust auf Eis – Neun Fakten“. Fakt 10: Ich denke an
       diese eine Eisdiele in Frankreich. Formidable. Nein, nicht in Nizza, aber.
       
       „Länderagrarminister diskutieren Milchkrise in Brüssel“. Von mir aus auch
       das. Denn das ist wenigsten die gute alte, olle EU.
       
       „Flüchtlingskrise schiebt deutschen Wohnungsbau an“. Was für ein schönes
       Wort. Flüchtlingskrise. Etwas, das man tatsächlich mit Humanismus
       bewältigen kann.
       
       Und dann das hier: „2.000 Kubikmeter Sperrmüll brennen auf Recyclinghof in
       Herne“. Und dies hier: „Mit Stroh gefüllte Lagerhalle in Brand“. In
       Niedernwöhren. Wo ist das denn? Hauptsache nicht in Nizza.
       
       ## Wie konnte ich Orlando vergessen?
       
       Nicht Nizza.
       
       Nicht Paris, nicht Brüssel. Nicht Bamako, nicht Ouagadougou, nicht Bagdad.
       
       Nicht Beirut. Nicht Istanbul. Nicht schon wieder.
       
       Nicht Orlando. Wie konnte ich Orlando vergessen?
       
       Ich hatte am Freitag wirklich überhaupt keine Lust, Nachrichtenredakteur zu
       spielen.
       
       „Mick Jagger wird zum achten Mal Vater.“ Mit 72. Die Rolling Stones. Auf
       ihrem besten Album sangen sie: Keep those tears hid out of sight, let it
       loose, let it all come down. Es wurde an der Cote d' Azur aufgenommen. Bei
       Nizza.
       
       15 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gereon Asmuth
       
       ## TAGS
       
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