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       # taz.de -- Die Zukunft St. Paulis: Nachbarn wollen mitgestalten
       
       > Anwohner entwickeln ein Konzept für das letzte große Gebäude, das der
       > Stadt gehört: In der Gewerbeschule Werft und Hafen sollen Flüchtlinge und
       > Benachteiligte wohnen.
       
   IMG Bild: Wollen ihr Wohnumfeld mitgestalten: Nachbarn der Gewerbeschule Werft und Hafen.
       
       HAMBURG taz | Anfangen, bevor es zu spät ist: Das hat sich die Initiative
       „Wohl oder Übel“ auf die Fahne geschrieben. Um zu verhindern, dass die
       staatliche Gewerbeschule Werft und Hafen in der Wohlwillstraße meistbietend
       an einen Investor verkauft wird, schmieden AnwohnerInnen bereits jetzt
       Pläne, hier Wohnraum für Geflüchtete aber auch Benachteiligte aus dem
       Stadtteil zu schaffen.
       
       Objekt von allerlei Begierden ist das Gebäude spätestens, seit bekannt ist,
       dass die darin untergebrachte Berufsschule ausziehen soll – voraussichtlich
       im Jahr 2018. „Die Schule ist eine öffentliche Sache, die sie auch bleiben
       soll“, sagt Ana Amil von der Initiative. Deren Projekt ist noch in der
       Planungsphase: In mehreren Nachbarschaftsversammlungen, Workshops und einer
       Stadtteilumfrage hat die Initiative aber schon erste Ideen
       zusammengetragen.
       
       Das erste Konzept sieht vor, dass auf etwa 3.000 Quadratmetern Fläche, das
       wären 80 Prozent des Komplexes, Wohnraum entstehen soll, die Hälfte davon
       für Geflüchtete. „Dieser Stadtteil ruft nach Flüchtlingen“, sagt Amil: „Wir
       sagen: Yes, in my backyard!“ Auch der Aktivist Niels Boeing beklagt, dass
       Flüchtlinge immer noch an die Stadtränder verfrachtet würden. Dabei habe
       die große Unterstützung bei der Erstaufnahme in den Messehallen gezeigt,
       dass die Leute hier Geflüchtete wollten.
       
       Die andere Hälfte des Gebäudes soll dem Konzept nach an Menschen im
       Stadtteil gehen, die von Verdrängung bedroht sind. Bei einer
       Mindestwohnfläche von 25 Quadratmetern errechnet die Initiative Platz für
       bis zu 120 Bewohner. Geht es nach den Anwohnern, sollen ausschließlich
       Sozialwohnungen entstehen.
       
       Auf den übrigen 20 Prozent der Fläche wünscht sich die Initiative
       öffentliche, nichtkommerzielle Räume: eine „Weltkantine“ mit preiswertem
       Essen, ein Nachtcafé, Proberäume und ein Umsonstladen. Auch Obdachlose
       sollen hier willkommen sein. Vorbild für das Projekt ist das „Grandhotel
       Cosmopolis“ in Augsburg (siehe Kasten).
       
       Wie viele Chancen sich die Initiative für eine Realisierung ihre Pläne
       ausrechnen kann, ist unklar. Boeing zufolge hat der Bezirk Mitte noch keine
       eigenen Pläne für das Gebäude. Das Bezirksamt antwortete bis zum
       Redaktionsschluss nicht auf Anfragen der taz. Bis sich etwaige Vorhaben und
       Finanzierungspläne konkretisieren, will die Initiative erst mal den Bedarf
       im Stadtteil klären, sagt Christiane Hollander, Anwohnerin und aktiv beim
       Mieterverein „Mieter helfen Mietern“.
       
       Immerhin: Die Gewerbeschule Wohlwillstraße steht auf einer Liste
       potenzieller Bauflächen, die der Bezirk dem Senat übermittelt hat; demnach
       könnten dort bis zu 80 Wohnungen entstehen. Und auch Unterkünfte für
       Flüchtlinge werden händeringend gesucht.
       
       13 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lena Kaiser
       
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