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       # taz.de -- Kommentar Völkermord in Namibia: Schluss mit dem Eiertanz
       
       > Jetzt gelten andere Regeln: Mit der Armenien-Resolution war die Regierung
       > unter Druck geraten, den Genozid in Namibia anzuerkennen.
       
   IMG Bild: Herero sind zum Gedenken an ihre Vorfahren am Rande der Omaheke-Wüste zusammengekommen (Archivbild von 2015)
       
       Was war das für ein Eiertanz. Da hielt die Bundesregierung die Verbrechen
       an den Herero und Nama bereits für einen Völkermord, verhandelte mit der
       namibischen Regierung schon über die Aufarbeitung dieses Völkermords,
       kündigte noch für dieses Jahr eine gemeinsame Erklärung über den Völkermord
       an – nur vor einem entscheidenden Schritt drückte sie sich: In der
       Öffentlichkeit wollte sie nicht von Völkermord sprechen, solange die
       Gespräche mit der namibischen Regierung laufen. Gut, dass sie nun umdenkt
       und den Genozid doch schon beim Namen nennt – wenn auch en passant.
       
       Die Bundesregierung mag für ihr Zögern ja verständliche Gründe gehabt
       haben: dass sie den Weg der Aufarbeitung nicht einseitig gehen wollte,
       sondern gemeinsam mit Namibia; dass sie die Einstufung als Völkermord nicht
       in einem schnöden Rechtsakt begehen wollte, sondern in einem feierlichen
       Rahmen; wohl auch, dass sie die Rechtsfolgen eines voreiligen
       Schuldeingeständnisses fürchtete und zunächst in den bilateralen Gesprächen
       ein freiwilliges Wiedergutmachungspaket schnüren wollte.
       
       Unter normalen Umständen hätten es diese Gründe sogar gerechtfertigt, noch
       einmal in die Warteschleife zu gehen. Nachdem der Völkermord nun ein
       Jahrhundert zurückliegt, kommt es auf sechs Monate mehr oder weniger
       eigentlich auch nicht mehr an.
       
       Nur: Seit der Armenien-Resolution des Bundestags sind die Umstände nicht
       mehr normal. Denn damit hat sich der Bundestag schließlich selbst in die
       Position des moralischen Richters begeben, der Schuld und Sühne anderer
       bewertet.
       
       Nicht dass diese Resolution gänzlich falsch war. Sie hat die Bundesrepublik
       aber in eine denkbar blöde Lage versetzt: Am Ende konnte sogar ein Despot
       wie der türkische Präsident Erdoğan den Deutschen vorwerfen, mit zweierlei
       Maß zu messen. Damit lag er nicht mal komplett falsch. Und damit ist es nun
       zum Glück vorbei.
       
       13 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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