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       # taz.de -- Prozess gegen Pseudoarzt: „Medizinmann“ auf Kreuzfahrtschiff
       
       > Der Krankenpfleger Denny H. gab sich als Arzt aus und behandelte
       > Patienten auf einem Kreuzfahrtschiff. Weil er zu eitel war, flog er auf.
       
   IMG Bild: Traumschiff-Crew: Zwei von drei sind echt
       
       Er liebte die Bücher von Karl May. Hätte man Denny H. als Neunjährigen
       gefragt, was er werden will, hätte er „Medizinmann“ geantwortet.
       Tatsächlich wurde er Krankenpfleger und arbeitete auf einer Intensivstation
       in einem Stendaler Krankenhaus. Er hatte einen fördernden Chef. Als dieser
       schwer erkrankte und die Gesundheitsreform schließlich Patienten in
       Kostenfaktoren verwandelte, wurde H. unzufrieden.
       
       Er nahm sich eine Auszeit, war in Burma, China und Vietnam. „Ich wollte als
       Mediziner arbeiten, aber unter anderen Bedingungen. In einem Kloster reifte
       der Entschluss, mich als Arzt auszugeben.“ Dieser brachte den 41-Jährigen
       sechs Jahre später auf die Anklagebank des Berliner Landgerichts – wegen
       Missbrauchs von Titeln, Betrugs, Urkundenfälschung und gefährlicher
       Körperverletzung. Der Prozess hat mit einem Geständnis begonnen.
       
       Im Juli 2010 hatte er sich als ärztlicher Koordinator bei der Deutschen
       Stiftung für Organtransplantation (DSO) beworben, eine gefälschte
       Approbations-, Promotions- sowie Facharzturkunde eingereicht. Diese
       Tätigkeit habe er sich aufgrund seiner zehnjährigen intensivmedizinischen
       Erfahrungen zugetraut, außerdem würde sie anderswo von Krankenpflegern
       ausgeübt, erklärt H. dem Gericht.
       
       Seine Stimme klingt fest, nur sein unentwegt wippender Fuß verrät seine
       Nervosität. In der DSO arbeitete er nicht an Patienten, auch die Bewertung
       der zu transplantierenden Organe obliege dem Chirurgen. Manchmal habe er
       die Beatmung der Hirntoten überwacht – die Spenderorgane müssen mit
       möglichst sauerstoffreichem Blut versorgt werden.
       
       ## Arzt für das Kreuzfahrtschiff „Aida“
       
       Parallel zu dieser Arbeit dozierte H. an der Gesundheitsakademie der
       Charité über Anästhesie und Intensivpflege. Ende März 2014 endete seine
       Beschäftigung bei der DSO. Von einem Kollegen erfuhr H., dass das
       Kreuzfahrtschiff „Aida“ Ärzte suche. „Aus einer Laune heraus“ habe er sich
       beworben, schrieb, dass er als Kind immer „Smutje“ habe werden wollen.
       
       Bis November 2015 versorgte H. Wunden, legte Infusionen und setzte
       Spritzen: „Ich habe mich mit Allgemeinmedizin beschäftigt und wurde acht
       Wochen lang gut eingearbeitet. Außerdem ist immer ein Kollege da gewesen,
       den ich hinzuziehen konnte. Alles, was schwerwiegender ist, wird an Land
       gegeben.“
       
       Und die Honorartätigkeit in einer Praxisklinik, bei der er 41 Patienten in
       Narkose versetzte? Die Medikamente seien vorgegeben, deren Menge errechne
       sich aus dem Gewicht des Patienten, das am Gerät eingestellt wird. „Klingt
       so, als könne es jeder machen“, konstatiert der Richter.
       
       Tatsächlich ist H. nicht wegen einer Komplikation aufgeflogen, sondern
       wegen seiner Eitelkeit: Er mochte seinen Vornamen nicht – „Cato“, wie die
       römischen Feldherren, wollte er heißen. Er trug ihn in seine Geburtsurkunde
       ein, die er bei der Berliner Ärztekammer vorlegte, als er einen neuen
       Arztausweis beantragte. Weil die Urkunde dort bereits ohne „Cato“ vorlag,
       kam es zu Nachforschungen.
       
       14 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uta Eisenhardt
       
       ## TAGS
       
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