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       # taz.de -- Politische Krise in Simbabwe: Ein Sieg für die Protestbewegung
       
       > Evan Mawarire, Initiator von landesweiten Streiks gegen Präsident Mugabe,
       > wird vom Gericht freigesprochen. Die Aktionen gehen weiter.
       
   IMG Bild: Pastor Evan Mawarire spricht nach seiner Freilassung zu seinen Anhängern
       
       Berlintaz || Die Freilassung von Pastor Evan Mawarire am Mittwochabend
       haben viele Menschen in Simbabwe als einen Triumph erlebt. Sie waren mit
       ihren Handys und in riesige Flaggen eingewickelt zum Gericht gezogen, um
       den populären Kirchenmann zu unterstützen.
       
       Der 39-Jährige gehört keiner Oppositionspartei an. Seine Protestkampagne
       begann dieses Jahr mit Videos in sozialen Netzwerken und entwickelte sich
       rasch zu einer landesweiten Bewegung. Er führt jetzt die größte derartige
       Aktion des vergangenen Jahrzehnts an und hat letzte Woche die Simbabwer
       erfolgreich zu einem landesweiten Arbeitsstreik aufgerufen.
       
       Mawarires Kampagne in den sozialen Medien mit dem Namen #ThisFlag forderte
       die Simbabwer auf, ihr Land wieder in Besitz zu nehmen. Die Proteste
       richteten sich gegen Präsident Robert Mugabe, der seit 36 Jahren an der
       Macht ist.
       
       Die Bürger forderten den 92-Jährigen auf, die desolate Wirtschaft des
       verarmten Landes zu reformieren. Simbabwes Bürger gingen nicht zur Arbeit
       und brachten die Hauptstadt Harare vor einigen Tagen zum Stillstand.
       Geschäfte, Büros und Schulen blieben als Zeichen des friedlichen Protests
       geschlossen.
       
       ## Der Pastor ruft zur Fortsetzung der Proteste auf
       
       Der bis dahin unbekannte Pastor begeisterte die Massen mit seiner
       Twitter-Kampagne, holte sich damit aber die Drohung des Regimes ein, 20
       Jahren inhaftiert zu werden. Am Vortag eines für diese Woche erneut
       geplanten Streiks wurde er wegen Aufrufs zur Gewalt festgenommen – ein
       Schritt des Regimes, die Kritiker des Präsidenten einzuschüchtern. Aber das
       Gericht sprach Pastor Mawarire noch Mittwochabend frei.
       
       Die Regierung hatte in letzter Minute noch Anklage auf Landesverrat
       erhoben. Der Richter entschied jedoch, das verstoße gegen die Verfassung.
       Die Polizei hatte sich mit Wasserwerfern und Schlagstöcken vor dem Gericht
       aufgestellt, doch es kam nicht zu den befürchteten Ausschreitungen.
       
       Nach seiner Freilassung forderte Mawarire in einem Video auf Facebook die
       Bevölkerung auf, die Protestkampagne fortzusetzen. „Ihr tragt eine Hoffnung
       in euch, die das Land braucht“, sagte der Pastor. „Und wenn ihr nicht bei
       dieser Sache mitmacht, dann beraubt ihr uns dieser Hoffnung.“
       
       ## Eine verfehlte Wirtschaftspolitik
       
       Simbabwe unter Mugabe leidet seit vielen Jahren unter extremer
       wirtschaftlicher Not. Fast ein Viertel der Bevölkerung lebt im Ausland.
       Mugabe macht keinerlei Anstalten, die Wirtschaft anzukurbeln und einen
       Nachfolger zu ernennen. In seiner Partei Zanu-PF toben heftige Machtkämpfe;
       Mugabe selbst kündigte an, zur Präsidentschaftswahl 2018 erneut anzutreten.
       Seine unbeliebte Ehefrau Grace wird allerdings auch als Kandidatin
       gehandelt.
       
       Erst im April hatten Tausende Demonstranten von ihrem Staatschef eine
       Erklärung für das Fehlen von Steuereinnahmen aus Diamantengeschäften im
       Wert von umgerechnet 13 Milliarden Euro gefordert. Zudem hat die verfehlte
       Wirtschaftspolitik zu einer Hyperinflation geführt. Im Jahr 2009 musste die
       Regierung die Landeswährung, den Simbabwe-Dollar, aufgeben und den
       US-Dollar einführen. Damit konnte zwar der vollständige wirtschaftliche
       Kollaps abgewendet werden, doch das Land sank in ein politisches Chaos.
       
       Bargeldmangel zwang die Regierung kürzlich, Schuldscheine auszugeben, die
       die US-Dollar ersetzen sollen. Wegen einer langen Dürreperiode gingen in
       Simbabwe die Exporteinnahmen zurück, was zu einer weiteren Verknappung von
       Bargeld im Umlauf geführt hat. „Falls das Land nicht mutige Reformen
       unternimmt, werden die wirtschaftlichen Probleme mittelfristig anhalten“,
       so der Internationale Währungsfonds.
       
       ## Knapp vier Millionen sind vom Hunger bedroht
       
       Neben dem US-Dollar wird auch der südafrikanische Rand als Währung genutzt.
       Fast alle Konsumgüter stammen inzwischen aus Südafrika. Anfang Juli kam es
       zu heftigen Unruhen am wichtigsten Grenzposten Beitbridge, als die
       Regierung Mugabes Importbeschränkungen für südafrikanische Waren erließ.
       Der Diktator sandte wie üblich die Armee, um den Aufstand niederzuknüppeln,
       und ließ 70 Leute verhaften.
       
       Die Wirtschaftsleistung Simbabwes ist heute nur noch halb so hoch wie vor
       etwa 15 Jahren, als Mugabe mit der Enteignung weißer Bauern begann.
       Daraufhin brach die Landwirtschaft ein, was den Zusammenbruch der gesamten
       Wirtschaft einleitete. Simbabwe gehört einem UN-Index zufolge zu den
       ärmsten Ländern der Welt. Gewerkschaften gehen von 80 Prozent
       Arbeitslosigkeit aus. Angesichts der derzeitigen Dürre gelten dieses Jahr
       knapp 4 Millionen Menschen als akut von Hunger bedroht.
       
       14 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martina Schwikowski
       
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