URI: 
       # taz.de -- Konkurrenz unter Obdachlosen-Zeitungen: Streit auf der Straße
       
       > Schwierigkeiten für das Hamburgs Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“: Nach
       > Auftreten dubioser Konkurrenz, folgte ein Angriff auf deren Renommee.
       
   IMG Bild: Kein Schmu, wenn der Verkäufer seinen Ausweis dabei hat: Hinz&Kunzt im Straßenverkauf
       
       HAMBURG taz | Eine stressige Zeit hat das Team der Hamburger Straßenzeitung
       [1][Hinz&Kunzt] derzeit – von den Verkäufern auf der Straße bis hin zur
       Chefredakteurin und dem Geschäftsführer: Auf der Straße gilt es, sich der
       Konkurrenz einer dubiosen weiteren Obdachlosen-Zeitung zu erwehren. Und im
       Büro, das Renommee der gesamten Organisation zu verteidigen.
       
       Die Probleme haben schon im April angefangen, als das [2][Straßen Journal
       Deutschland in Hamburg aufgetaucht ist]. Das neue Straßenmagazin bezeichnet
       sich selbst als „vollkommen legal und verkauft von Obdachlosen“. Diese
       kommen wie ihr Chef Martin Sjirkov vor allem Osteuropa.
       
       Sie verkaufen ihre Zeitung für einige Cent weniger als die
       Hinz&Kunzt-Verkäufer und machen diesen die Verkaufsplätze streitig: Die
       Hinz&-Kunzt-Verkäufer werden dazu gedrängt, ihren persönlichen
       Verkaufsplatz den Neuen zu überlassen. Bisweilen kommt es dabei zu Gewalt –
       mehrfach musste die Polizei eingreifen.
       
       Solche Streitereien stören das Geschäft: Die Auflage des in Hamburg
       etablierten Magazins Hinz&Kunzt hat sich in den vergangenen Monaten um
       einige Tausend Exemplare verringert. Vor allem aber schaden die Konflikte
       dem sozialen Ziel des Projektes: der Wiedereingliederung von Obdachlosen.
       
       Genau auf diesen Aspekt richtet sich ein Angriff, der in der jüngsten
       Ausgabe des Straßen Journals zu lesen ist. Der Beitrag wurde wie der größte
       Teil der Artikel nicht speziell für das Straßen Journal selbst verfasst –
       er ist aber dieses Mal deutlich als Gastkommentar gekennzeichnet.
       
       Die Kritik wurde zuerst bei Hanse Tipp, einem Anzeigenblatt veröffentlicht.
       Als Autor zeichnet Sven Wolter-Rousseaux, der Chefredakteur. Dieser ist bei
       Hinz&Kunzt schon seit Jahren bekannt: 2008 hatte er Jens Ade, dem
       Hinz&Kunzt-Geschäftsführer, das erste Mal ein Angebot unterbreitet: Die
       Hinz&Kunzt-Verkäufer sollten auch sein Blatt anbieten – das Angebot wurde
       abgelehnt. Jetzt stellt Rousseaux die Ehrlichkeit von Hinz&Kunzt in Frage.
       
       Der erste Kritikpunkt betrifft den Verkäufer-Status: Sie sind nicht fest
       angestellt. Tatsächlich kauft jeder Verkäufer eine gewisse Menge von
       Zeitungsausgaben und verkauft sie wieder auf der Straße, mit einem Gewinn
       von ungefähr einem Euro pro Ausgabe. Das ist der erste Schritt zu einer
       normalen Beschäftigung in der Arbeitswelt und funktioniert mit festen
       Verträgen einfach nicht.
       
       „Ein fester Vertrag bedeutet, eine gewisse Menge von Zeitungen zu
       verkaufen“, sagt Stephan Karrenbauer, Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter. „Das
       klappt nicht immer und so stehen die Verkäufer unter Stress.“
       
       Ebenfalls merkwürdig findet Rousseaux die Rücklage von Hinz&Kunzt in Höhe
       von rund 1,7 Millionen Euro. Allerdings hat Hinz&Kunzt aus der Rücklage und
       deren Höhe nie ein Geheimnis gemacht. Sie wird dafür verwendet, Wohnraum
       für die Verkäufer bereit zu stellen, sowie für andere langfristige Projekte
       – wie das Brotretter-Geschäft, bei dem ehemalige Obdachlose fest angestellt
       werden.
       
       19 Jul 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.hinzundkunzt.de/
   DIR [2] /Medien-im-Direktverkauf/!5296660
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Dotti
       
       ## TAGS
       
   DIR Obdachlosigkeit
   DIR Zeitschriften
   DIR Christian Meyer
   DIR Obdachlosigkeit
   DIR Longread
   DIR Hamburg
   DIR Straßenkinder
   DIR Hamburg
   DIR Sozialarbeit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Agrarminister Meyer übers Wegwerfen: „Wir brauchen vielleicht Bußgelder“
       
       Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer will das Wegwerfen
       von Lebensmitteln per Gesetz verbieten. Fast die Hälfte wird nicht
       verbraucht.
       
   DIR Vertreibung von Obdachlosen in Hamburg: Zu Hause unter der Brücke
       
       Der Bezirk Mitte will Obdachlose von der Helgoländer Allee vertreiben.
       Viele von ihnen kommen aus Osteuropa und bekommen keine Unterstützung.
       
   DIR Obdachlose vernetzen sich: Platte, Schmale und Politik
       
       Im niedersächsischen Freistatt fand ein Campf für Wohnungslose statt. Dort
       trafen sich Obdachlose, um sich politisch zu vernetzen.
       
   DIR Obdachlose Osteuropäer vertrieben: Sie kommen wieder
       
       Polizisten vertreiben Obdachlose aus dem Park am Altonaer Nobistor. Das sei
       sinnlos, glaubt „Hinz & Kunzt“-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer.
       
   DIR Hamburg: Hilfe für Streetkids.: Momo ist für Straßenkinder da
       
       Wohnungslose Jugendliche erhalten eine neue Anlaufstelle. Deren
       Mutter-Projekt, der Beratungsstelle „Kids“, droht selbst derweil die
       Obdachlosigkeit.
       
   DIR Medien im Direktverkauf: Konkurrenz auf der Straße
       
       Hinz&Kunzt hat Konurrenz bekommen. Das Straßen Journal beschäftigt vor
       allem Obdachlose aus Osteuropa – ohne Angaben über deren Verdienst
       
   DIR Ehrung: „Es fehlt der politische Wille“
       
       Seit 23 Jahren leitet Birgit Müller die einzigartige Redaktion der
       Obdachlosenzeitung Hinz & Kunzt. Nun bekommt sie das Bundesverdienstkreuz.