URI: 
       # taz.de -- Container für Flüchtlinge: Schlappe für Anwohner
       
       > Nachbarn einer geplanten Containersiedlung für Flüchtlinge scheitern mit
       > einem Eilantrag vor dem Berliner Verwaltungsgericht.
       
   IMG Bild: Gerichtstermin am Baugelände.
       
       Das Berliner Verwaltungsgericht hat gestern eine Eilklage von Altglienicker
       Bürgern gegen eine Containersiedlung für Flüchtlinge in ihrer Nachbarschaft
       zurückgewiesen. Die kurz vor der Fertigstellung stehende Anlage am
       südöstlichen Stadtrand von Berlin kann damit weitergebaut werden. Hier
       sollen nach den Plänen der Stadt 500 Flüchtlinge einziehen, die jetzt noch
       in Turnhallen leben. Fünf solcher sogenannten Tempohomes plant Berlin als
       Zwischenlösung, weil reguläre Unterkünfte nicht so schnell errichtet werden
       können.
       
       Kläger waren vier direkte Anlieger. Sie hatten laut Gericht geltend
       gemacht, dass ihre Nachbarrechte eingeschränkt würden. Es müsse das Gebot
       der Rücksichtnahme auf dort bereits lebende Eigentümer beachtet werden.
       Bislang stehen in der Gegend überwiegend Einfamilienhäuser, die nun bebaute
       Fläche war bisher Hundeauslaufgebiet. Auf Protestveranstaltungen mit 200
       bis 500 Teilnehmern war Geld für die Klage der unmittelbaren Nachbarn
       eingeworben worden.
       
       Das Gericht hatte einen Vororttermin anberaumt und verwies in seinem
       Beschluss einerseits auf formale Aspekte wie etwa, dass die
       Containersiedlung und die Einfamilienhäuser auf unterschiedlichen
       Baugebieten stünden. Andererseits erklärte es, Beeinträchtigungen etwa
       durch Lärm seien hinzunehmen, da diese vorübergehender Natur seien. Die
       Containersiedlung müsse nach drei Jahren abgebaut werden. Zudem seien Lärm-
       und Sichtschutzwälle um Außenanlagen wie Kinderspielplatz und Bolzplatz
       geplant.
       
       ## Angeblich brave Anwohner
       
       Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht. Die
       Containersiedlung ist allerdings Ende Juli schon bezugsfertig.
       
       Der Linken-Abgeordnete Carsten Schatz begrüßt den Richterspruch. „Es ist
       wichtig, dass die Flüchtlinge aus den Turnhallen herauskommen.“ Eine
       Containersiedlung sei zwar nicht schön, „aber immer noch besser als eine
       Massenunterkunft wie im Flughafen Tempelhof.“ Schatz zeigt Verständnis,
       dass sich viele Anwohner schlecht vom Senat informiert fühlten: „Aber was
       auf den Protestveranstaltungen an rassistischen Einstellungen zutage
       getreten ist, ist schon besorgniserregend. Die angeblich braven Anwohner
       haben sich offensichtlich nicht an den Nazis gestört, die mit ihnen
       gemeinsam protestierten.“
       
       Vorsichtiger ist die Wahlkreisabgeordnete Ellen Haußdörfer von der SPD.
       „Ich begrüße, dass die Entscheidung des Gerichtes so schnell gefallen ist“,
       sagt sie der taz. „Damit kann man nach außen vertreten, dass bei der
       Planung alles mit rechten Dingen zugegangen ist und nicht gemauschelt
       wurde, wie es von einigen besorgten Anwohnern suggeriert wird.“
       
       Eine anspruchsvolle Aufgabe wird es sein, die von vielen Anwohnern nicht
       gewollten Flüchtlinge zu integrieren. Altglienicke ist ein schlechtes
       Pflaster für zivilgesellschaftliches Engagement: Einerseits wohnen hier
       Einfamilienhäusler, die aus der Innenstadt geflohen sind. Andererseits ist
       das nahe Kosmosviertel, eine Hochhaussiedlung, ein bevorzugter Wohnort von
       stramm rechten Kameradschaftlern sowie von Leuten, die sich längst
       aufgegeben haben. Hinzu kommen weite Wege zu Sprachschulen, Ärzten mit
       Fremdsprachkenntnissen oder Integrationsangeboten in der Innenstadt. Eine
       Willkommensinitiative in Altglienicke ist zwar in Gründung – die ähnelt
       bisher aber eher einer Kopfgeburt.
       
       19 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
       ## TAGS
       
   DIR Flüchtlinge
   DIR Flüchtlinge
   DIR Flüchtlinge
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Containersiedlung für Flüchtlinge: Immerhin Haselnüsse in Altglienicke
       
       Seit Montag wohnen Flüchtlinge in einem Containerdorf in Berlins Südosten.
       Wohl fühlt sich kaum einer von ihnen und willkommen sind sie auch nicht.
       
   DIR Protest gegen Flüchtlingshaus in Berlin: Der enge Kosmos besorgter Bürger
       
       Seit Wochen wird in Altglienicke gegen den Bau einer Unterkunft für
       Flüchtlinge demonstriert. Zu den Kundgebungen kommen Rechte, NPD-Kader und
       die CDU.