URI: 
       # taz.de -- EMtaz: Ronaldo vs. Griezmann: „Es kann nur einen geben“
       
       > Nach ein paar guten EM-Spielen wird Antoine Griezmann bereits mit den
       > ganz großen Kickern verglichen. Dabei hat er noch nie was gewonnen.
       
   IMG Bild: Gestatten, Nobody
       
       Als kleiner Bub hat man so seine Idole. Fußballer sind darunter. Und auf
       jeden Fall auch Westernhelden. Der größte, weil coolste und witzigste heißt
       „Nobody“ (Terence Hill). Niemand schießt schneller als er. Im Italo-Western
       „Mein Name ist Nobody“ beeindruckt Jack Beauregard (Henry Fonda) aber mehr.
       Beauregard ist ein alter, weit gereister Mann. Er gilt im Umgang mit dem
       Schießeisen als Allerschnellster. Ziemlich lässig ist er auch. In der
       letzten Szene duellieren sich die beiden. Nobody gewinnt, die Ära des
       Etablierten ist vorbei.
       
       Auch Portugiesen und Franzosen haben jeweils einen schnellen und
       treffsicheren Ballermann in ihren Reihen. Der portugiesische Beauregard
       heißt Cristiano Ronaldo. Kurz: CR7, das Kürzel kennt man. Ronaldo ist schon
       lange im Geschäft, 2004 spielte er bereits ein EM-Finale an der Seite
       Figos. Bei der 2016er Auflage hat er bislang drei Tore und drei Vorlagen
       zustande gebracht, in der ewigen EM-Torschützenliste zog er durch sein
       neuntes Tor mit Michel Platini gleich. Erfolgreich und weit gereist – von
       Lissabon über Manchester nach Madrid – ist er ebenso, und cool wirkt er, na
       ja, zumindest auf eine spezielle Weise.
       
       Der französische Nobody ist Antoine Griezmann. Kurz: AG7, kennt man nicht.
       Sechs Tore, zwei Vorlagen, lautet die Bilanz des 25-Jährigen. Ein Nobody
       nicht im klassischen Sinne, aber im filmfigürlichen durchaus. Er wirkt ganz
       brav, ist aber listig – und war, ein wenig jedenfalls, schon vor der EM
       bekannt. Jetzt ist er's richtig.
       
       Also die beiden Superstars vergleichen, liegt ja auf der Hand: CR7 vs. AG7.
       Kleines Problem: Auch wenn Griezmann bei dieser Euro zeigt, was er
       draufhat, hinkt der Vergleich mit Ronaldo schwer. Der Franzose hat bisher
       nämlich gar nichts erreicht, von einem spanischen Superpokalsieg 2015 mal
       abgesehen. Der ist nun wirklich nichts wert. Weit gereist ist Griezmann
       auch kaum. Aus der französischen Provinz hin zu Real Sociedads A-Jugend,
       anschließend Team B, dann Team A bis Átletico Madrid. Das war's. Ronaldos
       Reisweg ist ein härterer gewesen, sein Arbeitsnachweis sowieso imposanter:
       Dreimal Champions-Leage-Sieger plus 15 weitere Titel, dazu dreimal
       Weltfußballer.
       
       ## Vor zehn Jahren trat Zidane ab
       
       Trotzdem wird der kleine Griezmann dieser Tage mit dem großen Ronaldo
       verglichen und derart gehypt, als vereinige er Messi, Platini und gar
       Zidane. Am 9. Juli vor zehn Jahren ist Zizou übrigens von der Fußballbühne
       abgetreten, nachdem er den Italiener Materazzi im WM-Finale ausknockt
       hatte. Von Zidane, dem Zehner alter Schule, träumen sie in Frankreich noch
       immer. Jetzt soll also Griezmann sein Nachfolger sein, die personifizierte
       Präzidanisierung darstellen, indem er wenigstens Ronaldo-Status erhält.
       
       Es ist – leider – ein Etikettenschwindel erster Güte, den da viele
       mitmachen. Experten wie Gazetten.
       
       „Il n'en restera qu'un“, titelt die französische Sportzeitschrift L'Équipe.
       Es kann nur einen geben: Ronaldo oder Griezmann. Das erinnert wieder an die
       beiden Westernhelden aus Kindertagen. Das große Duell steht bevor, der Wind
       streicht leise durch die Straßen, wirbelt Sandkörner auf. Irgendwo
       quietscht eine Salontür, doch weit und breit ist niemand zu sehen. Nur
       Gerüchte gibt es, und Vorfreude: Beauregard oder Nobody. Der Alte oder der
       Junge. Ronaldo oder Griezmann.
       
       Nur leider wird so getan, als sei Griezmann längst ein Beauregard. Als wäre
       er mindestens genauso toll und erfolgreich wie Ronaldo.
       
       ## Ronaldo hat eigentlich keine Chance
       
       Aber Griezmann gehört zur Kategorie der Austauschbaren. Er hat bei dieser
       Euro das, was man „einen Lauf“ nennt. Den hatten auch schon Pogba (ein
       Spiel lang) oder Payet (immerhin eine Vorrunde lang). Es käme aber niemand
       auf die Idee, diese beiden in eine Liga mit Ronaldo oder Messi zu stecken.
       Ganz einfach deshalb, weil sie da nicht hingehören.
       
       Ronaldo ist seit zwölf Jahren da. Er hat stets konstante Leistungen
       geliefert und sich von Jahr zu Jahr auf allerhöchstem Niveau sogar
       verbessert. Es ist gut möglich, dass er mit seinem Team am Sonntag das
       Finale gegen Griezmann verliert.
       
       Dann könnte es sein, dass Ronaldo abtritt. Geschlagen von einem jüngeren.
       So wie Beauregard von Nobody. Freilich nur zum Schein. Der Alte wusste,
       dass er den Jungen nicht besiegen würde. Der Junge wusste es auch. Er
       arrangierte ein Scheinduell. Wer es sah, sah wie Beauregard tot umfiel. Dem
       war nicht so, beide hatten getrickst. Der alte Held verabschiedete sich
       heil in den Ruhestand – in dem Wissen, ehrenvoll abgetreten zu sein.
       
       Auch Ronaldo wird wissen, dass er gegen Griezmann eigentlich keine Chance
       hat am Sonntag. Die Franzosen stellen das bessere Team. Ronaldo wird zwar
       alles geben; wenn es aber trotzdem nicht reicht, wäre ihm wenigstens ein
       Abschied wie der Beauregards sicher.
       
       9 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR David Joram
       
       ## TAGS
       
   DIR EMtaz Meinung
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Fußball
   DIR Fifa
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR EMtaz Bericht/Analyse
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kolumne Press-Schlag: Es kann wie immer nur einen geben
       
       Mal wieder ist die Frage: Ronaldo oder Messi? Am Montag verkündet die
       unbestechliche Fifa, wer für ein Jahr als bester Fußballer der Welt gelten
       darf.
       
   DIR EMtaz: Die Chance auf ewigen Ruhm: Ronaldo – bitte tu es!
       
       Immerhin eine große Geschichte hat die EM: Wenn Portugal gewinnt, ist
       Ronaldos Karriere komplett. Und er wäre besser als Messi.
       
   DIR EMtaz: Der letzte Turniertag: Fußball, Fußball, Fußball
       
       Endlich Finale. Ein kleiner Rückblick über den Turnierverlauf. Und was
       sonst noch so während der EM passiert ist.
       
   DIR EMtaz: Uefa-Komödiantenstadl in Paris: „Wir sind in Gedanken bei Platini“
       
       Leider keine Satire: Bei der Abschlusspressekonferenz der Uefa bedanken
       sich sinistre Gestalten bei sich selbst. Und bei Michel Platini. Geht's
       noch?
       
   DIR EMtaz: La Kolumne: Wenn der Schweiß perlt
       
       Im Comicstreifen „Asterix erobert Rom“ suchen die Helden den Passierschein
       A38. Das Verfahren im Pariser Parc des Princes ähnelt dem ungemein.
       
   DIR EMtaz: Populismus gone wrong: Bananenflanke von ganz rechts
       
       Beatrix von Storch hat versucht, die DFB-Auswahl mit einem populistischen
       Tweet zu hijacken. Aber der Fußball hat gehalten.
       
   DIR EMtaz: Antoine Griezmann: Das gallische Hühnchen
       
       Kein französischer Club wollte ihn, alle sagten: zu klein, zu leicht, zu
       wenig. Nun antwortet Antoine Griezmann seinen Kritikern.
       
   DIR EMtaz: Fehlende DFB-Offensive: Was macht eigentlich Horst Hrubesch?
       
       Beim DFB will keiner mehr richtige Stürmer. Warum eigentlich nicht? Das
       Spiel gegen Frankreich zeigte: Das ist falsch.
       
   DIR EMtaz: Nach der Halbfinal-Niederlage: Was heißt hier „tolle Mannschaft“?
       
       Das EM-Fazit von Trainer Joachim Löw lautet: „eine tolle Mannschaft“. Dabei
       wird Deutschland doch gar nicht Europameister. Kann das also sein?
       
   DIR EMtaz: Liveticker Schland – Frankreich: Der neue Balotelli heißt Griezmann
       
       Frankreich gewinnt mit 2:0. Deutschland schenkt Frankreich den Sieg im
       Halbfinale. So herzergreifend geht Europa heute.