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       # taz.de -- Fragwürde Polizeitechnik in den USA: Die Robo-Bombe von Dallas
       
       > Die Polizei hat den Attentäter von Dallas mit einem Roboter getötet –
       > anders ging es nicht, sagt sie. Experten haben nicht nur moralische
       > Bedenken.
       
   IMG Bild: Kann auch zur Killermaschine umfunktioniert werden: Polizeiroboter (Symbolbild)
       
       Dallas dpa | Ferngesteuerte Technikkästen, die auf Rädern oder Ketten in
       die Gefahrenzone fahren und verdächtige Pakete untersuchen oder Bomben
       unschädlich machen: Das kennt man. Ein funkgesteuertes Gerät aber, das
       Sprengstoff heranrollt, um einen Verbrecher außer Gefecht zu setzen, das
       ist neu.
       
       „Ich kann mich nicht erinnern, dass Polizisten so ein Gerät als
       Liefermechanismus tödlicher Gewalt eingesetzt hätten“, sagt Juraprofessor
       Seth Stoughton von der Universität South Carolina, ein früherer Polizist,
       [1][dem Onlinemagazin Atlantic]. „Dies ist ein neuer Horizont für
       Polizeitechnologie. Er wirft einige Fragen auf.“
       
       Ferngesteuerte Gewalt wird in den Kriegen und Konflikten der Gegenwart zwar
       immer wieder moralisch und rechtlich hinterfragt, sie ist in Gestalt von
       großen oder kleineren Drohnen aber gang und gäbe. Die Polizei in den USA
       nutzt ferngesteuerte Geräte für die Aufklärung per Kamera, das Ausbringen
       von Tränengas und sogar zur Rettung Verwundeter, [2][wie das Policemag
       berichtet]. Betritt die Polizei mit der Robo-Bombe Neuland?
       
       Nicht unbedingt, meint Professor Stoughton. Würden Polizisten unmittelbar
       bedroht, werde der Einsatz von Gewalt seitens des Gewaltmonopols also in
       einem ersten Schritt gerechtfertigt, sei die Frage nach der Art der Gewalt
       nur noch zweitrangig. „Wenn jemand auf die Polizei schießt, können sie ihn
       eliminieren, indem sie ihn niederschießen, mit einem Messer erstechen oder
       mit einem Fahrzeug überrollen. Ich halte die Methode rechtlich für
       irrelevant.“
       
       ## Keine Alternative?
       
       [3][The Verge berichtet], mit einem ferngesteuerten Roboter habe die
       Polizei einen Mann vom Suizid abgehalten: Sie brachte ihm Pizza und ein
       Telefon. 2014 setzte die Polizei in New Mexico einen kleinen Roboter ein,
       um einen Verdächtigen in einem Motel unschädlich zu machen. Das Gerät fuhr
       in das Zimmer, eine Kartusche chemischer Munition wurde gezündet, fertig.
       Aber ist das so einfach?
       
       Als Dallas' Polizeichef David Brown ruhig erklärt, dass man das Drama nicht
       anders habe beenden können als mit dem Sprengstoff liefernden Roboter,
       sagte er nicht, was genau die Polizei eingesetzt habe. Blendgranaten und
       Türöffner kennt man auch aus Filmen. Aber, sagt Jurist Stoughton: „Ich kann
       mich nicht daran erinnern, dass die Polizei irgendwas zur Hand hätte, was
       sie als Waffensprengstoff einsetzen würde.“
       
       The Verge vermutete, es sei Sprengstoff, der für die Sprengung größerer
       Bomben eingesetzt werde. Am Abend bestätigte Dallas‘ Bürgermeister Mike
       Rawlings genau das: Es war C4-Sprengstoff. Man habe den Mann vor eine Wahl
       gestellt, und er habe sich entschieden.
       
       ## Menschliche Entscheidung
       
       Der Einsatz neuer Polizeitechnik werfe seit jeher Fragen auf, sagt Jurist
       Stoughton: Von Schusswaffen selbst bis zu modernen Eletroschockpistolen
       (Taser) habe sich noch jedes Mal die Frage angemessenen Einsatzes gestellt.
       „Ich glaube, wir werden ähnliche Gespräche über Roboter haben, die den Tod
       bringen.“
       
       Im Militär gibt es eine komplizierte und intensive Debatte über die
       Möglichkeiten von Robo-Technik, weit über Drohnen hinaus. Aber die Experten
       verweisen auf einen zentralen Unterschied: Sinn und Zweck des eingesetzten
       Militärs ist die Dominanz über den Gegner. Die Polizei dagegen sei für den
       Schutz der Bevölkerung da, sagt Stoughton. Und so schwer das zu erklären
       sei, schließe das Menschen ein, die Böses tun. „Was es nicht einschließt,
       ist der Einsatz tödlicher Gewalt, wenn es möglich ist, sie zu vermeiden.“
       
       Die Polizei von Dallas fällte die Entscheidung, dass ihr Einsatz nicht zu
       vermeiden war. Die Entscheidung fällten Menschen. Das Gerät war der
       Lieferant.
       
       9 Jul 2016
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.theatlantic.com/news/archive/2016/07/dallas-police-robot/490478/
   DIR [2] http://www.policemag.com/channel/technology/articles/2015/12/police-robots-on-land-and-sea.aspx
   DIR [3] http://www.theverge.com/2016/7/8/12128230/dallas-police-bomb-disposal-robot-explosives-killed-shooting-suspect
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Martin Bialecki
       
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