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       # taz.de -- Nach dem Anschlag in Bangladesch: Polizeiversagen nach dem Terror
       
       > Nach dem Anschlag auf ein Restaurant in Dhaka nahm die Polizei fünf
       > Männer in Haft. Einer ist nun tot, zwei weitere werden seit fünf Tagen
       > vermisst.
       
   IMG Bild: Während Angehörige der Anschlagsopfer trauern, verschwinden Zeugen und Verdächtige
       
       Berlin taz/ap/afp | Nach dem dschihadistischen Anschlag auf ein Restaurant
       in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka gibt es mehrere Ungereimtheiten in der
       Polizeiarbeit. Von fünf Männern, die als Zeugen oder Verdächtige in
       Gewahrsam genommen wurde, sind zwei inzwischen vermisst. Ein dritter wurde
       tot aufgefunden, seine Leiche zeigt Misshandlungsspuren. Die Polizei
       erklärte, die zwei vermissten Männer seien bereits am 6. Juli, drei Tage
       nach dem Anschlag freigelassen worden. Der Tote wurde laut der Polizei
       verletzt aufgefunden und verstarb in einem Krankenhaus, bevor er befragt
       werden konnte.
       
       Dennoch sind einige Fragen offen. So erklärte die Familie eines der
       Vermissten, einem bengalischen Studenten der Toronto University, sie habe
       versucht, dem Mann medizinische Versorgung und juristischen Beistand
       zukommen zu lassen und sei abgewiesen worden. Der Mann habe Epilepsie.
       Zudem dürfen Personen in Bangladesch ohne richterlichen Beschluss nicht
       mehr als 24 Stunden festgehalten werden. Der andere Vermisste war Dozent an
       einer Universität, an der einer der Angreifer studierte. Er wurde am morgen
       nach dem Anschlag von den Angreifern freigelassen.
       
       Der Vater des Toten forderte eine Untersuchung. Der 18-Jährige war eine
       Küchenhilfe des Restaurants und wohl „Haupternährer“ der Familie. Dem Vater
       zufolge habe der ganze Körper des Mannes „Folterspuren“ aufgewiesen. An
       vielen Stellen gebe es Blutergüsse, ein Auge und ein Knie sowie seine
       Handgelenke seien „geschwärzt“, es sehe danach aus, als ob er an „Stricken
       um die Handgelenke“ aufgehängt worden sei. Bei einem Krankenhausbesuch habe
       sein Sohn ihn und seine Mutter nicht erkannt.
       
       ## Pizzakoch erschossen
       
       Am Samstag vergangener Woche hatten mehrere Dschihadisten mit Waffen das
       Restaurant im Nobelviertel in Dhaka gestürmt. Während der Nacht töteten sie
       vor allem Ausländer, aber auch Bengalen, die keine Suren aufsagen konnten.
       Am morgen ließen sie acht Geiseln frei. Als das Militär daraufhin das
       Restaurant stürmte, befreite sie fünf weitere Menschen und erschoss sechs.
       In sozialen Medien bekannte sich der „Islamische Staat“ zum Anschlag und
       veröffentlichte die Bilder von fünf Attentätern. Der sechste Tote wurde
       später als Pizzakoch des Restaurants identifiziert. Einem Sprecher der
       Polizei zufolge wird nun geprüft, ob er versehentlich erschossen wurde.
       Laut Polizei ist ein sechster Verdächtiger festgenommen worden.
       
       Nach dem Anschlag hat die Regierung Bangladeschs angeordnet, dass fehlende
       Schüler und Studenten von Bildungseinrichtungen nach zehn Tagen gemeldet
       werden müssen. Grund dafür ist, dass drei der Angreifer aus dem Restaurant
       bereits seit mehreren Monaten verschwunden waren. Laut Polizeiangaben sind
       inzwischen mehr als 100 Jugendliche als vermisst gemeldet, die meisten
       seien seit Januar 2015 verschwunden. Die Morde der IS-Gruppe in Bangladesch
       begannen erst im Herbst 2015.
       
       Weil zwei der Angreifer außerdem im sozialen Medien dem
       fundamentalistischen indischen Prediger Zakir Naik folgten, soll nun dessen
       Fernsehsender Peace TV in Bangladesch verboten werden. Außerdem will die
       Regierung die Predigten von Imamen bei Freitagsgebeten überwachen, um
       festzustellen ob diese „den Islam falsch interpretieren und zu Militanz
       ermutigen“.
       
       In Bangladesch sind derzeit zwei rivalisierende Terrorgruppen aktiv.
       Ansar-al-Islam versteht sich als Ableger von Al-Qaida während die IS-Gruppe
       aus der früheren Jamaatul Mujahideen Bangladesch hervorgegangen ist.
       Gemeinsam haben die Gruppen seit 2013 mehr als 70 Menschen getötet. Während
       die Al-Qaida-Gruppe vor allem Atheisten und Säkulare tötet, tötet die
       IS-Gruppe religiöse Minderheiten, also Hindus und Nicht-Sunniten, sowie
       Ausländer. Der Anschlag von vergangener Woche war der bislang blutigste.
       
       11 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lalon Sander
       
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