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       # taz.de -- Notunterkunft Tempelhof: Privatsphäre noch nicht in Sicht
       
       > In der Notunterkunft Tempelhof sollen am Jahresende keine Flüchtlinge
       > mehr wohnen. Daran gibt es Zweifel und Flüchtlinge protestieren gegen die
       > Unterkunft.
       
   IMG Bild: Flüchtlinge demonstrieren am 11. Juli 2016 in Berlin-Neukölln gegen die Notunterkunft Tempelhof
       
       Am Ende des Jahres sollen in den Tempelhofer Flughafenhangars keine
       Flüchtlinge mehr wohnen müssen. Das zumindest verkündete Sozialsenator
       Mario Czaja (CDU) am Dienstag. Nicht nur die Tamaja GmbH, die die
       Unterkunft betreibt, zeigte sich davon überrascht. „Wir begrüßen es, wenn
       Menschen aus den Hangars in andere Unterkünfte umziehen können, und
       unterstützen die bei uns lebenden Menschen dabei, Wohnheimplätze oder eine
       eigene Wohnung zu finden“, sagte die Sprecherin Maria Kipp. „Die Bewohner
       sollen in Tempohomes, also Container, umziehen, bei uns stehen aber noch
       keine“, meinte sie.
       
       Aktuell leben rund 1.200 Menschen in den Hangars, weitere Hangars werden
       ausgebaut, sodass dort bis zu 3.000 Plätze zur Verfügung stehen. Demnächst
       sollen rund 100 bis 150 Menschen aus den Messehallen dort einziehen. Tamaja
       gehe bisher davon aus, die Unterkunft länger zu betreiben.
       
       Auch Hakan Taş, flüchtlingspolitischer Sprecher der Linken, hält diese
       Pläne für nicht umsetzbar. Er vermutet viel eher, dass letztlich noch mehr
       Menschen in den Hangars untergebracht werden. „Die Tempohomes, in die die
       rund 6.500 Menschen aus den Turnhallen einziehen sollen, sind noch nicht
       fertig, und es verzögert sich immer weiter“, sagte er.
       
       ## Hungerstreik der Geflüchteten
       
       Laut Senatsverwaltung sollen die Container in Tempelhof erst im November
       bezugsbereit sein. Ende Juli sollen die ersten beiden Standorte in
       Alt-Glienicke und Marzahn mit insgesamt rund 1.000 Plätzen eröffnen.
       Ursprünglich sollten bereits im Juni Container bereitgestellt werden. „Das
       ist ohne die Hangars kaum zu schaffen“, so Taş. In Berlin gebe es zurzeit
       kaum freie Plätze in Gemeinschaftsunterkünften, in letzter Zeit seien auch
       Familien aus einer Turnhalle nach Tempelhof verlegt worden. „Czajas
       Ankündigung ist Wahlkampf auf dem Rücken der Geflüchteten“, sagte er.
       
       Währenddessen wächst unter den Geflüchteten der Protest gegen die
       Bedingungen in den Notunterkünften. Acht Männer aus einer Unterkunft in
       Spandau protestieren seit letztem Donnerstag vor dem Lageso an der
       Turmstraße und fordern einen Platz im Wohnheim. In der Nacht vom Dienstag
       übernachteten sie auf dem Bürgersteig an der Turmstraße und traten in den
       Hungerstreik. „Nach neun Monaten in einer Notunterkunft haben wir das Recht
       auf Selbstverpflegung“ steht auf einem ihrer Plakate, „Wir sind im
       Hungerstreik, bis ihr euch an eure Gesetze erinnert“ auf einem anderen.
       
       Tatsächlich steht Asylbewerbern nach sechs Monaten ein Platz in einer
       Gemeinschaftsunterkunft zu, wo sie selbst Essen zubereiten können und mehr
       Privatsphäre haben. „Wir haben morgens unsere Kurse, deshalb brauchen wir
       Ruhe zum Lernen“, sagte Mohammad Sardar, der Sprecher der Gruppe. Die
       Unterkunft sei außerdem sehr schmutzig. Von einem Bekannten, der in einer
       Gemeinschaftsunterkunft wohnt, habe er gehört, dass dort Plätze frei seien.
       
       ## Chaos vom Lageso geht weiter
       
       „Doch vom Lageso kriegen wir nur gesagt, dass wir zurück in die
       Mertensstraße sollen – oder einen Platz in den Hangars in Tempelhof
       bekommen könnten“, sagt er. Die Gruppe kündigte daher an, ihren Protest
       fortzusetzen. Ortrud Wohlwend, Sprecherin der Stadtmission, die die
       Unterkunft betreibt, erklärte, dass auch aus ihrer Sicht mehr Duschen und
       Toiletten für die Bewohner zur Verfügung stehen müssten. „Eigentlich
       sollten längst weitere Duschmöglichkeiten geschaffen werden“, sagte sie,
       sie hätten dies schon mehrmals beim Lageso angemahnt, aber da bewege sich
       zu wenig. Die meisten Bewohner hätten aber Verständnis für die Situation
       und würden sich arrangieren.
       
       Die rund 30 Männer, die vergangene Woche ebenfalls gegen ihre Verlegung aus
       der Jahnsporthalle nach Tempelhof protestiert hatten, sind inzwischen in
       einer Notunterkunft im Tempelhofer Weg untergekommen. Diese wird ebenfalls
       von Tamaja betrieben. „Wir haben sie am Mittwoch erst mal aufgenommen, um
       zu vermeiden, dass sie obdachlos werden“, erklärte Sprecherin Kipp. Bisher
       habe man ihnen aber nicht zugesichert, dass sie dort auch dauerhaft bleiben
       können. „Das muss das Lageso entscheiden“, sagte sie.
       
       20 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Uta Schleiermacher
       
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       selbst.