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       # taz.de -- Deutsche Bank macht sich rar: Der Weg zur nächsten Filiale wird weit
       
       > Die Deutsche Bank will sparen und sich gleichzeitig „mit aller Kraft“ auf
       > die Kunden konzentrieren. Jetzt werden in Norddeutschland viele
       > Niederlassungen geschlossen
       
   IMG Bild: Deutsche Bank in Frankfurt will sich am Kunden orientieren: Filialen schließen trotzdem
       
       HANNOVER taz | Die deutsche Bank ist wie ein krepierendes Monstrum mit zwei
       Köpfen. Dem Ungetüm geht es schlecht und es will zwei Dinge auf einmal tun:
       Investmentbanking und traditionelles europäisches Bankengeschäft. Die
       Aussichten auf Besserung sind eher gering. Ende Juni fiel der Aktienkurs
       auf ein Rekordtief von 12,05 Euro. Erst am Dienstag drohte die weltgrößte
       Ratingagentur Standard & Poor's der Bank mit einer weiteren Herabstufung.
       
       Auf der Hauptaktionärsversammlung im Mai 2016 sagte der
       Vorstandsvorsitzende John Cryan: „Wir wollen uns wieder mit aller Kraft auf
       unsere Kunden konzentrieren.“ Nur schade, dass die so wenig Einnahmen
       bringen – circa 40 Prozent des Konzernertrags stammen noch immer aus dem
       Investmentbereich. Nun schließt die Deutsche Bank bis Ende 2017 bundesweit
       188 Filialen. Das sind circa ein Viertel der Niederlassungen. Damit kommen
       die Folgen der großen Finanzkrise 2009 in der Fläche an. Das betrifft auch
       den Norden Deutschlands.
       
       In Niedersachsen schließt die Deutsche Bank 16 von 54 Standorten, in
       Hamburg neun von 28, in Schleswig-Holstein sieben von 35, in Bremen vier
       von sieben (siehe Kasten). Ist das die neue Kundenorientierung? Die bessere
       Frage ist wohl: Welche Art von KundInnen will man bei der Deutschen Bank?
       KundInnen aus Husum, Aurich oder Papenburg haben künftig viel Zeit darüber
       nachzudenken, ob die Deutsche Bank tatsächlich die Bank für
       Lieschen-Normal-Otto vom platten Land sein will.
       
       OstfriesInnen aus Aurich müssen 30 Minuten Auto fahren, um die bald
       zuständige Deutsche-Bank-Filiale im nicht wirklich benachbarten Ort Norden
       zu erreichen. Die PapenburgerInnen brauchen 20 Minuten nach Leer. Leute aus
       Husum an der Nordsee müssten für eine Überweisung am Schalter gar an die
       Ostsee fahren. Nach Flensburg nämlich, Fahrtzeit mit dem Auto laut Google
       Maps: 46 Minuten.
       
       Es sind nicht gerade Normalverdiener, welche die Deutsche Bank will. Wohl
       eher größere Firmenkunden und Wohlhabende aus der Oberschicht.
       
       Natürlich können Kunden in kleineren Ortschaften und Städten weiterhin mit
       ihrer Karte in anderen Bankfilialen der „Cash Group“ Geld abheben, etwa der
       Commerz- oder Postbank. Aber was machen diejenigen, die ihre Überweisung
       noch per Formular abgeben oder für Bankgeschäfte in die lokale
       Niederlassung ihrer Bank gehen? Ganz zu schweigen von den angestellten
       MitarbeiterInnen der bundesweit 188 Filialen.
       
       Das Hauptargument für die Schließung der Filialen ist Digitalisierung: Nach
       eigenen Angaben reagiert die Bank darauf, dass immer mehr Kunden
       Online-Banking nutzen und rund 50 Prozent der Kunden nur noch einmal im
       Jahr in die Filiale kommen. Ein weiterer Grund für die Schließungen sind
       die Kosten: Die Deutsche Bank muss sparen. Entlegene Zweigstellen auf dem
       Land lohnen sich nicht.
       
       KundInnen einer bald schließenden Filiale in Bremen-Neustadt ist das
       größtenteils egal. Einige von ihnen finden es sogar gut, dass die Deutsche
       Bank den Standort aufgibt. Ein älterer Herr sagt: „Die haben hier eh nichts
       zu tun. Ist doch verständlich, dass sie den Laden zumachen. Würde ich auch
       machen.“ Die halbe Stunde Fußweg zur nächsten Bank nehme er dafür in Kauf.
       
       Tatsächlich betreten in einer halben Stunde nur etwa zwei Dutzend Leute die
       Bankfiliale. Die meisten holen nur kurz Bargeld. Einige gehen tatsächlich
       an den Schalter. Betritt man die Bank, ist man sofort an der Reihe.
       
       Gegenüber der Presse äußern möchte sich in der Filiale Bremen-Neustadt
       niemand. Jedenfalls sagt das die Filialleiterin, noch bevor überhaupt eine
       Frage gestellt wurde. Das ist verständlich: Niemand möchte seinen Job
       riskieren. Denn wie sagte Konzernchef John Cryan auf der
       Aktionärshauptversammlung: „Der anstehende Abbau wird mehrere tausend
       Stellen betreffen. Wir werden alles tun, um diesen Prozess so schnell wie
       möglich, aber auch fair und sozialverträglich zu gestalten.“
       
       Tatsächlich hat die Konzernleitung der Deutschen Bank in Frankfurt die
       Absicht erklärt, betriebsbedingte Kündigungen vermeiden zu wollen. In
       Zusammenarbeit mit den Angestellten der jeweiligen Filialen wolle man
       andere Aufgabenbereiche für die Mitarbeiter finden.
       
       Bundesweit streicht die Deutsche Bank 2.500 Stellen im Privat- und
       Firmenkundenbereich. Wer gehen muss, ist noch unklar. Treffen kann es
       potenziell alle Filialangestellten. Alle müssen sich auf die verbleibenden
       Jobs bewerben, auch diejenigen, die in einem Standort arbeiten, der ohnehin
       bestehen bleibt. Im Norden betrifft das insgesamt 1.339 Angestellte.
       
       Wie viele Jobs Ende 2017 übrig sein werden, kann ein Sprecher der Deutschen
       Bank nicht sagen. Ein Teil der wegfallenden Mitarbeiter will der Konzern
       auf freie Arbeitsplätze innerhalb der Deutschen Bank vermitteln. Aber
       bundesweit droht etwa 2.500 Mitarbeitern die Entlassung. „Darüber hinaus
       wird die Bank die betroffenen Mitarbeiter dabei unterstützen, außerhalb des
       Unternehmens einen neuen Arbeitsplatz zu finden“, sagte der Sprecher
       Christoph Blumenthal.
       
       Immerhin: Eine Kundin, etwa Mitte zwanzig, findet die Schließung der
       Filiale in Bremen-Neustadt schade. „Es nervt, dass so viele Filialen
       geschlossen werden. Es ist blöd, wenn man für Bankgeschäfte extra in die
       Stadt muss. Ganz zu schweigen davon, was die Schließung für die
       Angestellten bedeutet.“
       
       21 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
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