URI: 
       # taz.de -- US-Klimaverhandler über Energiepolitik: „Trump könnte nicht viel ausrichten“
       
       > Ökologische Fortschritte lassen sich zwar bremsen, aber nicht umkehren,
       > sagt Jonathan Pershing. Das gilt auch für den republikanischen
       > Kandidaten.
       
   IMG Bild: Nicht nur die Umweltbewegung macht mobil für eine Energiewende in den USA
       
       taz: Herr Pershing, gerade haben die US-Republikaner Donald Trump zu ihrem
       Präsidentschaftskandidaten gekürt. Was passiert im Energie- und
       Klimabereich, wenn er gewählt werden sollte? Gibt es einen Schnitt in der
       Klimapolitik wie beim Wechsel von Bill Clinton zu George W. Bush? 
       
       Jonathan Pershing: Unsere Administration hat ein paar Sachen auf den Weg
       gebracht, die unabhängig von der Regierung vorangehen. Der Preis für
       erneuerbare Energie wird von Marktkräften nach unten gedrückt, der steigt
       nicht plötzlich wieder. Langfristig sind Erneuerbare ohne Subventionen
       wettbewerbsfähig. Die wird kein Präsident mit einer Steuer belegen, von der
       er die Kohle ausnimmt.
       
       Die Kohle wird also nicht mehr an den Markt zurückkehren, wie Trump es
       versprochen hat? 
       
       Das ginge nur mit einer massiven Investition in Abtrennung und Speicherung
       von CO2, dem sogenannten CCS. Dafür müssten die Bundesstaaten und Städte
       ihre Umweltprogramme ändern. Würde ein Präsident ihnen diese Programme
       verbieten? Die Grundlage für die eigenen Standards der Staaten ist das
       Gesetz zur Luftreinhaltung, der Clean Air Act. Selbst wenn ein Präsident
       den schwächen wollte, könnte er das nur mit einer großen Mehrheit durch den
       Kongress bekommen. Das ist sehr unwahrscheinlich. Die Staaten haben ihre
       eigenen Ziele, die Märkte entwickeln sich unabhängig, die Technologie
       entwickelt sich, und schließlich agiert der Rest der Welt.
       
       Anders als in Kioto waren bei der Klimakonferenz in Paris 130 Staatschefs
       versammelt. Sich dagegenzustellen wäre für jeden Präsidenten sehr hart.
       Denn unsere Unternehmen kämpfen weltweit um Märkte und Aufträge, bei denen
       auch CO2 eine Rolle spielt. Der Präsident könnte hier nicht viel tun. Wenn
       ihm das Klima egal ist, würde er nichts tun, wenn es ihm wichtig ist, kann
       er den Unternehmen helfen. Trump würde da nicht wirklich viel ausrichten
       können.
       
       Sie meinen, Trump könnte nicht viel Schaden anrichten, weil sich die
       Wirtschaft ohnehin in Richtung Grün bewegt? 
       
       Die Wirtschaft bewegt sich in diese Richtung, ganz klar. Wir beschleunigen
       das. Wenn du das bremsen willst, brauchst du eine neue Politik. Ich sehe
       nicht, dass die Politik diese Bewegung stoppt. Aber wir müssen weiter gehen
       als zu dem, was wir gerade haben. Würde Trump uns auf dieses nächste Level
       bringen? Es sieht nicht so aus. Er würde die Bewegung insgesamt nicht
       stoppen, aber die Beschleunigung bremsen.
       
       Wie schnell geht die Veränderung? Sie haben gesagt, die US-Wirtschaft stehe
       vor einem „Kipppunkt“ für sauberes Investment. 
       
       Wir sind noch nicht ganz da. Wir sehen jetzt Preise von knapp unter 4 Cent
       pro installiertes Kilowatt bei einer großen Solaranlage. Das ist
       wunderbar. Vor drei Jahren waren wir bei 10 Cent dafür, vor zehn Jahren bei
       30 Cent. Die Änderungsrate ist enorm. Sie kommt noch nicht an die Kosten
       für ein installiertes und seit Jahren laufendes Kohlekraftwerk heran, das
       liegt bei unter 3 Cent. Aber bei neuen Anlagen ist Solarkraft sicher
       billiger.
       
       Deutschland hat im nächsten Jahr den Vorsitz bei der G-20-Gruppe der großen
       Wirtschaftsländer. Was sind Ihre Erwartungen? 
       
       Deutschland nimmt die Themen Klima und Energie viel wichtiger als vorherige
       G-20-Gastgeber. Mit dieser Kapazität und den Institutionen kann es viel
       bewirken. G-20-Programme sind erfolgreich, wenn sich die Vorsitzländer vor,
       während und nach ihrem Vorsitz um ein Thema kümmern. Deutschland könnte
       hier ein Ergebnis vorantreiben. Zum Beispiel beim Abbau von Subventionen
       für fossile Brennstoffe; Deutschland will das, die USA und andere Länder
       wollen das auch. Experten sagen, eine Änderung an den Subventionen würde
       den globalen Energiemix deutlich verändern. Es wäre ein großer Schritt,
       wenn die Deutschen das beschleunigen könnten. Auch bei Energieeffizienz und
       Erneuerbaren haben die Deutschen viel zu bieten.
       
       Die Europäische Union wird Paris nicht so schnell ratifizieren. Ist sie
       nach dem Brexit schwächer? 
       
       Das denke ich nicht. Die EU ist nicht schwächer, andere Länder holen nur
       auf. Der Prozess in der EU dauert einfach länger, das ist kein Hinweis auf
       mangelndes Engagement. Einzelne Länder wie Deutschland, Frankreich und
       Großbritannien gehen voran. Das Prozedere in den Staaten ist einfach
       anders. Wir müssen in den USA nicht alle Bundesstaaten fragen, das können
       wir per Präsidentenerlass machen. Und was den Brexit angeht, haben sowohl
       die Briten als auch die EU gesagt, dass die Klimapolitik nicht berührt ist.
       
       22 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Donald Trump
   DIR Klimaschutzziele
   DIR G20-Gipfel
   DIR umweltverbände
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR USA
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Strafzahlung an Brüssel droht: Öko-Gesetz ruht und ruht und ruht …
       
       Eine EU-Norm regelt, dass Verbände gegen Bauvorhaben mit Umweltbezug klagen
       können. Die Bundesregierung bekommt sie nicht umgesetzt.
       
   DIR Parteitag der US-Republikaner: Cruz versagt Trump die Unterstützung
       
       Ted Cruz hat beim republikanischen Parteitag keine Wahlempfehlung für
       Donald Trump abgegeben. Die Amerikaner sollten nach „ihrem Gewissen
       votieren“.
       
   DIR Niederlage für Obama: Oberstes Gericht stoppt Klimapläne
       
       Die Entscheidung kommt überraschend: Der Supreme Court bremst die
       Klimastrategie des US-Präsidenten in einem wichtigen Punkt.
       
   DIR Klimakonferenz vor der zweiten Woche: Vorsichtiger Optimismus
       
       Der Entwurf für ein Klimaabkommen ist auf 20 Seiten geschrumpft, doch die
       wichtigsten Fragen sind noch offen. Zentraler Zankapfel bleibt die
       Finanzierung.
       
   DIR Energiewende in den USA: Gas oder gar nicht
       
       Die USA machen Ernst mit der Energiewende, die Bilanz wird grüner. Aber
       Ökologie ist nicht das entscheidende Argument. Es geht um das Big Business.
       
   DIR Studie zum internationalen Klimaschutz: Welche Staaten tun zu wenig?
       
       Russland, USA und EU übernehmen nur einen Bruchteil ihres Anteils am
       Klimaschutz, zeigt eine Studie. China und Indien aber tun, was sie können.