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       # taz.de -- Interreligöses „House of One“: Mit Geld und Sorgen gesegnet
       
       > Das „House of One“ von Christen, Muslimen und Juden darf sich über
       > Fördermillionen freuen. Doch jetzt steht der muslimische Partner „Forum
       > Dialog“ unter Druck.
       
   IMG Bild: Rund 4,3 Millionen Euro sind schon zusammengekommen – das meiste sind staatliche Fördermittel
       
       Für das interreligiöse Projekt „House of One“ waren die vergangenen zwei
       Wochen ein Wechselbad der Gefühle: Erst bekam der Verein, der auf dem
       Petriplatz in Mitte ein Gebäude mit Gebetsräumen für Christen, Muslime und
       Juden errichten will, eine millionenschwere Fördersumme zugesprochen – dann
       warfen die Ereignisse in der Türkei einen Schatten auf das Vorhaben. Denn
       der muslimische Partner „Forum Dialog“ gehört der Hizmet-Bewegung an, die
       von der Erdoğan-Regierung als „Terrororganisation“ verfolgt und für den
       Putschversuch verantwortlich gemacht wird.
       
       Die Fördermittel von insgesamt rund 3,3 Millionen Euro stammen zu zwei
       Dritteln aus dem Investitionsprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“
       des Bundesbauministeriums (BMUB), der Rest kommt aus Landesmitteln. Dabei
       geht es in erster Linie um die baulichen Qualitäten des Entwurfs aus dem
       Berliner Architekturbüro Kuehn Malvezzi: Die Jury, die „Leuchttürme der
       Baukultur“ auszeichnen soll, teilte mit, das „House of One“ werde „als
       Sakralbau mit einer neuartigen Architekturtypologie starke städtebauliche
       Akzente am Petriplatz setzen“.
       
       Das Geld wird auch dringend gebraucht. Denn ein vor zwei Jahren gestartetes
       Crowdfunding hat bislang nur rund 200.000 Euro von SpenderInnen erbracht –
       bei einem Gesamtvolumen von 43 Millionen Euro. Weitere 800.000 Euro hat der
       Deutsche Bundestag bei Baubeginn zugesagt. Nicht ganz genau nimmt man es
       beim „House of One“ mit der Ausweisung dieser Beträge: Die Website, auf der
       Interessierte mit dem Erwerb von „Steinen“ im Wert von je 10 Euro den Bau
       unterstützen können, bezeichnet die nunmehr erreichte Summe von 4,3
       Millionen Euro als „Spendenstand“.
       
       Damit auf der Brache an der Gertraudenstraße tatsächlich gebaut wird,
       müssen mindestens 10 Millionen Euro zusammenkommen. Damit wäre ein
       Gebäudesockel realisierbar, der den Grundmauern der historischen
       Petrikirche einen musealen Rahmen gäbe und als Veranstaltungsort dienen
       könnte. Die jetzt akquirierten Mittel können aber laut „House of
       One“-Sprecherin Anna Poeschel bereits für Entwurf-, Genehmigungs- und
       Ausführungsplanung ausgegeben werden.
       
       ## Alte Fragen, neue Probleme
       
       Für kritische Fragen hatte bereits früher der Hintergrund des muslimischen
       Projektpartners gesorgt: Es handelt sich um den Verein „Forum Dialog“, der
       zur internationalen Hizmet-Bewegung des türkischen Imams Fethullah Gülen
       gehört, die in erster Linie Bildungseinrichtungen betreibt. Umstritten ist,
       ob es sich um eine islamistische Bewegung handelt. Auch irritierten frühere
       judenfeindliche Äußerungen Gülens, der seit längerem in den USA lebt und
       sich 2013 mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan überworfen
       hat. Hizmet-Vertretern in Berlin zufolge haben solche Aussagen aber keinen
       Bestand mehr: Gülen setze sich für einen respektvollen Dialog zwischen
       allen gesellschaftlichen Gruppen ein.
       
       Seit dem Putschversuch in der Türkei vor einer Woche setzt Staatspräsident
       Erdoğan die Anhänger des ihm inzwischen verhassten Gülen massiv unter
       Druck, die Hizmet-Bewegung bezeichnet er als „Terrorgruppe“. Bei vielen der
       entlassenen Staatsangestellten dürfte es sich um Gülen-Anhänger handeln. In
       Deutschland ist es nur vereinzelt zu Gewalt gegen Hizmet gekommen, verbale
       Drohungen von Erdoğan-Fans sind aber offenbar an der Tagesordnung.
       
       Celal Fındık, der stellvertretende Vorsitzende des „Forums Dialog“, glaubt,
       dass die Einbindung anderer türkisch-muslimischer Gruppen in das „House of
       One“ jetzt noch schwieriger werden dürfte. „Aber die haben schon bei Beginn
       des Projekts kein Interesse daran gezeigt. Damals, 2011, gab es in der
       Türkei diese Auseinandersetzungen nicht.“ Für das Projekt selbst erwartet
       Fındık keine Auswirkungen: „Das ‚House of One‘ entsteht durch gegenseitiges
       Vertrauen und Respekt, die Zusammenarbeit ist von den Ereignissen in der
       Türkei überhaupt nicht beeinträchtigt.“
       
       So sieht es übrigens auch der Senat. Gegenüber der taz betonte Diedrich
       Wulfert, der Sprecher der Senatskulturverwaltung: „Die Förderung eines
       weltweit beachteten und einmaligen Projekts der Verständigung der
       Religionen wird nicht von Ereignissen im Ausland abhängig gemacht.“
       
       22 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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