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       # taz.de -- Kunst in der kubanischen Provinz: Probleme eines naiven Malers
       
       > Osmar Peña verbringt sein Leben im Atelier. Erst nach 60 Jahren Arbeit
       > hat er seine erste Ausstellung zeigen können. Der Erfolg hat ihn
       > überrascht.
       
   IMG Bild: Osmar Peña im März in den Räumen seiner Ausstellung in Santiago de Cuba
       
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       Wenn Osmar Peña einen Drink nehmen will, dann macht er das in seinem
       Atelier. Wenn er ein Baseballspiel verfolgen möchte, dann macht er im
       Atelier das Radio an. Dort, mit dem kleinen angebauten Bad mit Latrine,
       verbringt er 80 Prozent seines Lebens, einschließlich der Sonntage. Er hat
       eine Frau, vier Kinder und eine Schwiegermutter, aber nach Hause geht er
       nur zum Schlafen und zum Essen.
       
       Überall auf der Welt ist es normal, dass jemand mit besonderen Fähigkeiten
       wie Osmar aus der Masse heraussticht. Aber in Kuba ist das noch viel
       besonderer, denn sein Sozialsystem hat nicht nur für Sicherheit gesorgt,
       sondern auch für Trägheit. Individuelle Projekte waren blockiert oder
       verblichen gegenüber den kollektiven, und oft fühlte sich der einzelne
       angesichts der großen sozialen Errungenschaften klein und dankbar.
       
       Osmar, zum Beispiel, berichtet aufgewühlt von seiner ersten und einzigen
       Ausstellung nach 60 Jahren Arbeit. Sie wurde ein Erfolg, mit dem er nie
       gerechnet hatte.
       
       Osmar kommt aus zwei Gemeinschaftsprojekten bildender Künstler: „Ruta por
       una historia“, ein Projekt naiver Maler, die über die kubanischen Provinzen
       arbeiten, mitt ihren Spielen, religiösen Praktiken, Musikinstrumenten und
       Arbeitsweisen, und „Ferrocolor“, auch ein Projekt von Autodidakten, aber
       mit mehr thematischen und stilistischen Freiheiten.
       
       „Ferrocolor“ ist eine Interessengemeinschaft von Besessenen. „Ruta por una
       historia“ hingegen ist ein lokaler Entwicklungsplan, mit dem die Erinnerung
       an eine alte Siedlung in der heutigen Gemeinde Mella wieder belebt werden
       soll. Sein Gründer, der Maler Luís Rodriguez, machte daraus eine
       touristische Route, die sich durch den Verkauf naiver Kunst finanziert.
       
       Weil es Arbeitsplätze schafft, bekam das Projekt grünes Licht von den
       lokalen Behörden. Die Künstler hingegen haben bis heute
       widersprüchlicherweise keine offizielle Genehmigung vom staatlichen
       Kunstschaffendenregister, um ihre Bilder zu verkaufen.
       
       Osmar verkaufte sein erstes Bild im Juli 2002, aber erst 2010, als er sich
       der „Ruta por una historia“ anschloss, konnte er regelmäßige Einkünfte
       verzeichnen. Sein Atelier ist ein schlecht beleuchteter Raum , in dem die
       Luft steht. Es gehört der staatlichen Kulturgemeindeverwaltung.
       
       Er malt dort politische Plakatwände, patriotische Sprüche, Schilder für
       Büros oder Toiletten – aber das Atelier ist auch ein Raum für die eigene
       Kreativität, es gibt ihm ein Festgehalt für die Grundbedürfnisse des
       Haushalts und die Aussicht auf eine kleine aber sichere Rente.
       
       ## Aus offizieller Sicht ist Osmar ein illegaler Künstler
       
       Der Verkauf von Bildern ist für ihn eine wichtige zusätzliche
       Einkommensquelle. Aber aus der Warte des, wenn es um nicht akademisch
       ausgebildete Künstler geht, selektiven und bürokratischen
       Kunstschaffendenregisters ist Osmar ein illegaler unabhängiger Künstler.
       Illegal zu sein ist allerdings normal für die Kubaner, die daran gewöhnt
       sind, die erstickenden Regeln brechen zu müssen, um ihrer Familie ein
       bisschen Lebensqualität sichern zu können.
       
       Die „Nur-naive-Kunst“-Regeln der „Ruta por la historia“ sind genauso
       streng. Osmar selbst sieht sich nicht als naiven Maler, sondern als
       Volkskünstler. Er wollte unabhängig eigene Formen ausprobieren.
       Normalerweise kommen in seinen Bilder Menschen vor, die hier jeder kennt –
       der Verrückte vom Marktplatz zum Beispiel.
       
       Er brauchte für seinen Lebenslauf eine eigene Ausstellung, und er entschied
       sich, eine ganze Serie mit bekannten Persönlichkeiten aus San Luis zu
       gestalten, denen niemand eine Gedenkveranstaltung widmen würde: Bettler,
       Säufer oder Scharlatane, die er fotografierte und später die Fotografien
       malte.
       
       Es war sehr unwahrscheinlich, dass seine Bilder Aufsehen erregen würden.
       Theoretisch hätte sich niemand, erst recht nicht aus dem Ausland, für die
       Bilder interessieren dürfen – San Luis ist ein staubiges Nest 30 Kilometer
       außerhalb von Santiago de Cuba.
       
       ## Ein Italiener kaufte die gesamte Ausstellung
       
       Es kam anders. Kaum hatte er die Bilder gesehen, kaufte ein italienischer
       Maler nameens Benamino Minella zu sehr günstigen Preisen praktisch die
       gesamte Ausstellung. Er sagt: „Osmar hat die Fähigkeit, die Wirklichkeit zu
       erkennen, zu träumen und diesen Traum zu malen.“
       
       Der Italiener begeistert sich leidenschaftlich für Osmars Poesie, seine
       Reinheit, seine Berufung zum Volkserzähler, aber ihn interessiert auch
       Osmars Streben nach Unabhängigkeit. Seine Aufholjagd, sein Wille, sich von
       der Gruppe der naiven Maler abzusetzen, läuft dem gängigen Image von der
       Trägheit der Revolution zuwider.
       
       Mit der symbolischen und wirtschaftlichen Schwächung des allmächtigen
       Staates nach dem Fall der Sowjetunion haben Osmar und tausende anderer
       Kubaner die Notwendigkeit erkannt, innovative eigene Entwicklungswege zu
       gehen. Osmar sagt: „Die Wege haben sich mir eröffnet, weil ich sie gesucht
       habe.“
       
       ***
       
       Versión original: 
       
       ## Problemas para un pintor ingenuo
       
       Si Osmar Peña se quiere dar unos tragos, se los da en el taller; si quiere
       seguir el béisbol, lo sigue por radio desde el taller. Allí, con letrina y
       baño adosado, hace un 80 por ciento de su vida, incluyendo los domingos;
       tiene esposa, cuatro hijos, y una suegra, pero a su casa solo va a comer y
       a dormir.
       
       Es normal que en cualquier parte del mundo un hombre con expectativas
       reales como Osmar resalte en la multitud. En Cuba esta excepcionalidad se
       acentúa más, su sistema social generó tanta seguridad como inercia. Los
       proyectos individuales eran bloqueados, o empalidecían ante los colectivos
       y a menudo el hombre, frente a la inmensa obra social, se sentía demasiado
       pequeño y agradecido. Osmar, por ejemplo, se emociona cuando habla de su
       primera y única exposición hecha después de los 60 años, con ella ha
       descubierto un potencial de éxito que nunca sospechó.
       
       Osmar proviene de dos proyectos comunitarios de artes plásticas: “Ruta por
       una historia“, de pintores naif que recrean estampas sobre la Cuba de
       provincias, con sus juegos, prácticas religiosas, instrumentos de música y
       de trabajo; y el “Ferrocolor“, también de autodidactas, pero con libertad
       de temáticas y de estilos.
       
       “Ferrocolor“ es un círculo de interés para aficionados. “Ruta por una
       historia“, es un plan de desarrollo local basado en recuperar la memoria de
       un antiguo asentamiento de suecos azucareros en el actual municipio Mella.
       Su fundador, el pintor Luís Rodrigues, creó una ruta turística que se
       autofinancia con la comercialización del arte naif. Un proyecto con luz
       verde entre las autoridades de la provincia porque genera puestos de
       trabajo, pero contradictoriamente sus pintores no poseen el permiso oficial
       de venta que emite el estatal Registro del Creador.
       
       Osmar vendió su primera obra en julio del 2002, pero no fue hasta el 2010,
       al incorporarse a “Ruta por una historia“, que estabilizó esa fuente de
       ingresos. Su taller es un cuartico poco iluminado y sin ventilación,
       perteneciente a la estatal Dirección Municipal de Cultura. Un puesto en el
       que pinta consignas políticas, frases patrióticas, así como señalizaciones
       para oficinas y baños, pero le facilita un espacio de creación, un sueldo
       fijo para los gastos más básicos del hogar, y un salario de retiro,
       pequeño, pero seguro.
       
       La venta de cuadros representa una fuente de ingresos importante, pero
       técnicamente Osmar es un artista independiente ilegal, ante un Registro del
       Creador altamente selectivo y burocrático cuando se trata de pintores no
       formados en academias. La ilegalidad, por demás, es una figura bastante
       común en la vida de los cubanos, quienes para vestir y darle una modesta
       calidad de vida a su familia, se ven empujados a romper con las asfixiantes
       reglas.
       
       Igual de estrechas son las reglas de solo-arte-naif, que caracteriza a
       “Ruta por una historia“. El propio Osmar no se considera un pintor naif,
       sino un pintor popular, así que quiso experimentar, de forma independiente,
       otra vía de realización. Usualmente un cuadro suyo llamaba la atención
       entre gente a la que conocía por incluir en él a un loco deambulante del
       pueblo. Necesitaba una expo personal para hacer currículo y decidió armar
       su primera serie con personajes de San Luís a los que nadie le dedicaría
       una misa: mendigos, borrachos o charlatanes que fotografiaba y luego
       pintaba buscando el parecido.
       
       Lo improbable es que los cuadros de Osmar despertaran atención. Nadie de
       fuera debería teóricamente interesarse por ellos siendo San Luís un pueblo
       polvoriento y sin importancia a unos 30 km de Santiago de Cuba. No fue así.
       Apenas vio sus cuadros un pintor italiano llamado Beniamino Minnella,
       compró compulsivamente, a precios muy bajos, casi toda la exposición. Pues
       alega Minnella: “Osmar tiene la capacidad de ver la realidad, soñarla, y
       luego pintar ese sueño“.
       
       El italiano celebra con pasión la poesía de Osmar, su pureza, su vocación
       de narrador popular, pero igual de interesante es su pulsión de
       independencia. Su actual remontada, esas ansias por separarse del pelotón
       de pintores naif, viaja en dirección contraria al imaginario en inercia de
       la Revolución.
       
       En la debilitación simbólica y económica del alcance del Estado que
       sobrevino después de la caída de la URSS, Osmar y cientos de miles de
       cubanos van encontrando la necesidad de innovar y de abrir nuevas rutas,
       rutas propias de desarrollo. Pues según Osmar: “Los caminos se me han
       abierto porque yo los he buscado“.
       
       20 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Carlos Melián Moreno
       
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