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       # taz.de -- Kampagne gegen Stammtischparolen: Politische Bildung im Bierdeckelformat
       
       > Sachsens Integrationsministerium will Vorurteile da korrigieren, wo sie
       > oft geäußert werden: beim Bier. Die Reaktionen sind gemischt.
       
   IMG Bild: Damit die Kneipengänger zumindest ab und zu einfach gestrickte Phrasen überdenken, startete Sachsens Integrationsministerium die Bierdeckelaktion
       
       Dresden taz | „Ausländer sind krimineller als Deutsche …“ Auf den ersten
       Blick traut man seinen Augen nicht. Sachsens Integrationsministerin Petra
       Köpping (SPD) verteilt in einem Dresdner Biergarten Bierdeckel mit eben
       jenen Parolen, die an manchen Stammtischen die Runde machen und dann bei
       ausländerfeindlichen Aktionen laut werden. In der Ecke aber sind die
       Parolen mit dem Stempel „Vorurteil“ rot überdruckt, und auf der Rückseite
       stehen die berichtigenden Fakten und deren Quelle.
       
       „An Stammtischen wird ja gern darüber diskutiert, und da fanden wir es gut,
       wenn man dort auch die Antworten sieht“, sagte Köpping bei der Vorstellung
       der Kampagne Mitte Juli. 120.000 Pappdeckel mit sechs verschiedenen Motiven
       hat das Ministerium drucken lassen. An der Verteilung wirken der Hotel- und
       Gaststättenverband Dehoga, der DGB-Jugendbezirk Sachsen und weitere drei
       Vereine mit.
       
       Eine Ministeriumssprecherin berichtete, dass auch die Polizeidirektion
       Dresden und Christian Hartmann, innenpolitischer Sprecher der
       CDU-Landtagsfraktion und ehemaliger Polizeibeamter, Bierdeckel angefordert
       haben.
       
       Nach gut einer Woche gibt es noch keinen zuverlässigen Überblick über die
       Reaktionen auf die Bierdeckel. Es fällt jedoch auf, dass jüngere
       Kneipenbesucher aufgeschlossen und rational reagieren. Ältere aus der
       Generation Pegida verhalten sich hingegen skeptisch bis ablehnend.
       
       ## Zweifel am missionarischen Erfolg
       
       Im Kommentarbereich des Mitteldeutschen Rundfunks etwa ist zu lesen:
       „Agitation und Propaganda auf Bierdeckeln haben sich nicht einmal die
       Machthaber im SED-Staat erlaubt.“ Auf der Facebook-Seite der SPD Sachsen
       werden Zweifel am missionarischen Erfolg einer solchen Kampagne geäußert.
       Als ein besonders aufgeklärtes Volk galten die Sachsen ja noch nie.
       
       Die sächsische AfD-Landtagsfraktion, die ohnehin täglich mindestens ein
       halbes Dutzend Pressemitteilungen verschickt, wettert erwartungsgemäß
       kräftig gegen die Bierdeckelaktion. Auch sie zieht den DDR-Vergleich und
       spricht von einer „ideologischen Umerziehungskampagne“, die in
       herablassender Weise den Bürgern eine „reelle Einschätzung der politischen
       Lage“ abspreche. Der Rechnungshof solle die Steuergeldverschwendung prüfen.
       
       Noch übler wird die gemeinsam mit den Verkehrsbetrieben von Leipzig und
       Dresden beabsichtigte Ausdehnung der Aufklärungskampagne auf kurze
       entsprechende Spots in Straßenbahnen und Bussen kritisiert. Unter der
       Überschrift „Kim-Jong Köpping“ werden Indoktrination und
       „Zwangsberieselung“ nach nordkoreanischem Vorbild unterstellt.
       
       25 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Bartsch
       
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