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       # taz.de -- Regierungswechsel in Nepal: Maoisten stürzen Kommunisten
       
       > Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Khadga Prasad Sharma Oli wollen
       > sich Maoisten und Kongress zunächst die Macht teilen.
       
   IMG Bild: Khadga Prasad Sharma Oli verlässt nach der Erklärung seines Rücktritts das Parlament
       
       Berlin taz | Mit dem Rücktritt des Ministerpräsidenten hat die politische
       Instabilität im Himalajastaat Nepal am Wochenende wieder zugenommen. Khadga
       Prasad Sharma Oli, der seit Oktober 2015 die Regierung führte, erklärte am
       Sonntag unmittelbar vor einem Misstrauensvotum seinen Rücktritt.
       
       „Ich habe bereits bei der Staatspräsidentin meinen Rücktritt eingereicht
       bevor ich hier ins Parlament gekommen bin“, sagte der 64-Jährige den
       versammelten Parlamentariern.
       
       Zuerst hatten die Maoisten (CPN-MC), danach die Kongress-Partei und
       schließlich zwei kleinere Parteien Olis Rücktritt gefordert. Seine eigene
       Kommunistische Partei-Marxisten-Leninisten (CPN-ML) verfügt nur über 175
       der 596 Sitze.
       
       Maoisten und Kongress sollen sich schon auf eine neue Regierung geeinigt
       haben. Sie brauchen aber noch Partner, um eine Mehrheit der Sitze zu
       erlangen.
       
       ## Maoistenführer vor Rückkehr an die Macht
       
       Wenn dies gelingt, soll Maoistenführer Pushpa Kamal Dahal, genannte
       Prachanda, für zunächst neun Monate Regierungschef werden. Er war schon ab
       2008 eineinhalb Jahre Regierungschef gewesen. Nach den neun Monaten wäre
       dann Sher Bahadur Deuba von der Kongress-Partei dran – sofern der Deal
       wirklich hält.
       
       Der jetzt zurückgetretene Oli war bereits Nepals 22. Ministerpräsident in
       den vergangenen 25 Jahren oder der achte seit Beendigung des zehnjährigen
       Bürgerkrieges mit den Maoisten 2006. Oli war zugleich der erste
       Regierungschef, seit im September die neue Verfassung in Kraft trat.
       
       Doch weil die Minderheit der Madhesi monatelang mit Straßenblockaden gegen
       die mit der Verfassung verbundene Benachteiligungen protestierte und dabei
       von Indien mit Grenzblockaden unterstützt wurde, hatte Olis Regierung einen
       sehr schwierigen Start. Zudem galt es, die Zerstörungen der schweren
       Erdbeben vom April und Mai 2015 mit 8.500 Toten zu bewältigen und den
       Wiederaufbau voranzubringen.
       
       Viele Nepalesen machen Olis Regierung für die tödliche Gewalt bei den
       Protesten der Madhesi mitverantwortlich. 50 Menschen starben dabei. Auch
       wird Olis Regierung für den nur schleppenden Wiederaufbau kritisiert.
       
       Doch in erster Linie geht es seinen parlamentarischen Widersachern jetzt um
       die Sicherung und den Ausbau der eigenen Macht. Die Maoisten hatten ihm
       schon vor Wochen mit seinem Sturz gedroht.
       
       ## Nichteinhaltung von Absprachen?
       
       Dann kam es zu Verhandlungen und im Mai zu einer Einigung. Oli konnte
       zunächst im Amt bleiben. Dann warfen die Maoisten Oli vor, die getroffenen
       Absprachen verletzt zu haben, und zogen sich vor zwei Wochen aus der
       Koalition zurück. Er selbst sprach von einer „Verschwörung aus kleinlichen
       Interessen“.
       
       Olis Rücktritt hat auch eine wichtige internationale Dimension. So stark
       wie nie zuvor hatte die Regierung des zwischen Indien und China
       eingeklemmten Binnenstaates Nepal unter seiner Führung die Nähe zu Peking
       gesucht. Das war durchaus populär, mischte sich Indien doch mit der
       Unterstützung der Blockaden der Madhesi stark in Nepals Innenpolitik ein.
       
       Jetzt hofft die Regierung in Delhi wieder auf eine Verbesserung des
       Verhältnisses mit Kathmandu.
       
       25 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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