URI: 
       # taz.de -- Kommentar Defizitstrafen der EU: Ein Fehler im System
       
       > Wolfgang Schäuble kann sich auf die Schulter klopfen, Spanien und
       > Portugal werden abgestraft. Europas Probleme löst das aber nicht.
       
   IMG Bild: Für die Länder der iberischen Halbinsel verstärkt sich der Druck aus Brüssel
       
       Historisch soll sie sein – und wegweisend noch dazu. Das sagte Wolfgang
       Schäuble nach der Entscheidung der EU-Finanzminister, erstmals Strafen
       gegen zwei Euroländer zu verhängen, weil sie vom vorgeschriebenen Sparkurs
       abweichen. Portugal und Spanien werden nun abgestraft, als nächstes soll
       Frankreich folgen.
       
       Ihnen wird vorgeworfen, ein „exzessives Defizit“ im Staatshaushalt
       auszuweisen. Deshalb sollen sie nun Strafen zahlen und weniger EU-Hilfen
       bekommen. Allein das ist schon ein Widerspruch in sich. Wie soll ein
       Haushalts-Defizit abgebaut werden, wenn man dem „Defizitsünder“ Milliarden
       wegnimmt?
       
       Offenbar ist da ein Fehler im System. Er wird auch nicht dadurch besser,
       dass die nun fällige Strafe auf eine symbolische Höhe von Null Euro
       angesetzt werden könnte. Denn auf Finanzhilfen aus den EU-Strukturfonds
       sollen die „Übeltäter“ auf jeden Fall verzichten, sagte Schäuble. Strafe
       muss sein! Wirklich?
       
       Nein, denn die Strafen machen nur Sinn, wenn sie die Stabilität des Euro
       sichern. Das ist ja die Idee hinter dem verschärften Stabilitätspakt, der
       der Entscheidung zugrunde liegt. Es kann jedoch keine Rede davon sein, dass
       Portugal oder Spanien derzeit ein Stabilitätsrisiko sind. Die Gefahr liegt
       ganz woanders.
       
       ## An Europa verzweifeln
       
       Sie liegt im Brexit und seinen Folgen: Die EU-Kommission rechnet mit
       weniger Wachstum, was die kraftlose Erholung in Euroland weiter schwächen
       dürfte. Und sie liegt in der Bankenkrise, die vor allem Italien
       erschüttert, aber nicht nur. Auch die Deutsche Bank ist ein Systemrisiko,
       warnt der Weltwährungsfonds.
       
       Doch zu diesen Risiken sagen die Finanzminister nichts. Statt sich um die
       wirklichen, akuten Probleme in Europa zu kümmern, beharren sie wie Schäuble
       auf Regel-Einhaltung. Das ist nicht historisch, sondern dumm – wie der
       ganze deutsche Stabilitätspakt. Es ist nicht wegweisend, sondern
       starrsinnig.
       
       Und es dürfte das Vertrauen der Bürger in die EU weiter untergraben. In
       Deutschland kann Schäuble vielleicht einen Blumentopf damit gewinnen, dass
       er „die Regeln“ verteidigt. In Portugal, Spanien und morgen vielleicht auch
       in Frankreich werden die Menschen aber an diesem Europa verzweifeln.
       
       12 Jul 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Eric Bonse
       
       ## TAGS
       
   DIR Eurogruppe
   DIR Defizit
   DIR Spanien
   DIR Portugal
   DIR Europäische Union
   DIR Europäische Union
   DIR Haushaltsdefizit
   DIR Lesestück Meinung und Analyse
   DIR Eurogruppe
   DIR Spanien
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Rettungsschirm
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR EU-Dreiergipfel auf Flugzeugträger: Baustellen statt Visionen
       
       Auf einem Flugzeugträger beginnen drei Staatschefs mit den Planungen für
       eine attraktive Post-Brexit-EU. Die Probleme sind gravierend.
       
   DIR Haushaltsregeln in der EU: Auf den Prüfstand
       
       Die Europäische Union braucht neue Defizitregeln für ihre Mitglieder, sagt
       der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Die Drei-Prozent-Grenze gehöre
       überdacht.
       
   DIR Kommentar Straflose Defizitsünder: Gegen den Schäublerismus
       
       Die EU-Kommission will keine Defizitstrafen für Spanien und Portugal. Gut
       so – die Sparwut hat Europa viel zu sehr im Griff.
       
   DIR Aus Le Monde diplomatique: Es ging nicht um Europa
       
       Warum hat die Hälfte der BritInnen für den Austritt gestimmt? Die Mischung
       aus Sparpolitik und Migration war toxisch, Ressentiments blühen.
       
   DIR Mögliche EU-Strafzahlungen: Zitterpartie ums Defizit
       
       Zum ersten Mal in der Geschichte des Euro droht die EU Ländern mit einer
       Geldstrafe, weil diese die Defizitregeln verletzen: Spanien und Portugal.
       
   DIR Podemos-Politiker über Wahl in Spanien: „Die Straße hat ein Wort mitzureden“
       
       Für Podemos-Mitbegründer Miguel Urbán Crespo ist der Austeritätsdiskurs
       eine Lüge der Eliten. Er hofft, dass die Wähler sich nun für den Wechsel
       entscheiden.
       
   DIR Debatte Europäische Union: Let's Brexit!
       
       Der Austritt Großbritanniens wäre die Chance für den Aufbau eines gerechten
       Europa. Die EU vertritt nur die Interessen des Kapitals.
       
   DIR Zypern verlässt Euro-Rettungsschirm: Großes Lob für Nikosia
       
       Zyperns Sanierungskurs war erfolgreich. Das Land braucht den
       Euro-Rettungsschirm nicht mehr und kann an den Finanzmärkten endlich wieder
       Schulden machen.