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       # taz.de -- Asphaltschneisen in Norddeutschland: Viel Schotter für neue Pisten
       
       > Der Bundesverkehrswegeplan sieht Milliarden für Straßen und Schienen im
       > Norden vor. Kritiker sprechen allerdings von schöngerechneten
       > Prestigeprojekten.
       
   IMG Bild: Ist nach 40 Jahren marode: die Köhlbrandbrücke.
       
       HAMBURG taz | Für mehr als 23 Milliarden Euro sollen im Norden Straßen,
       Schienen und Brücken gebaut werden. Das Fazit von Valerie Wilms zum
       Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 fällt trotzdem nüchtern aus: „Die
       Betonmischer haben sich durchgesetzt“, sagt die grüne
       Bundestagsabgeordnete. Der Plan, den das Bundeskabinett am Dienstag
       beschlossen hat, listet Hunderte von Infrastrukturprojekten in ganz
       Norddeutschland auf (siehe Kasten).
       
       Wilms Kollege Konstantin von Notz nennt ihn eine „Wünsch-Dir-Was-Liste von
       überdimensionierten Prestigeprojekten“.Welche Projekte tatsächlich
       realisiert würden, sei völlig offen, stellt Wilms klar, denn der Plan sei
       drastisch unterfinanziert. Am Beispiel der Hinterlandanbindung des von
       Dänemark geplanten Fehmarnbelt-Tunnels rechnet von Notz das vor. Im BVWP
       seien dafür 1,5 Milliarden Euro vorgesehen, „und das reicht hinten und
       vorne nicht“, sagt von Notz. Ein Ersatz für die betagte Fehmarnsund-Brücke,
       mindestens 300 Millionen Euro teuer, ist in den Kosten noch gar nicht
       enthalten, selbst der Bundesrechnungshof gehe inzwischen von Kosten von bis
       zu drei Milliarden Euro aus.
       
       Mit den bewusst niedrig angesetzten Beträgen werde ein höherer
       Kosten-Nutzen-Faktor erreicht. Der absehbare Effekt: Wenn alles doppelt so
       teuer würde wie heute behauptet, könnte nur die Hälfte der Vorhaben
       überhaupt realisiert werden. „Die Bundesregierung rechnet den Belt-Tunnel
       schön“, so von Notz’ Vorwurf.
       
       Ähnliches gilt auch für andere Großprojekte wie die Küstenautobahn A20. Die
       notwendige Unterquerung der Elbe ist außen vor, weil der Tunnel privat
       finanziert und mautpflichtig werden soll. Also taucht er in den
       Kostenrechnungen des Bundesverkehrsministeriums nicht auf. Ebenso wird bei
       der geplanten Elbvertiefung nur der Bundesanteil von knapp 400 Millionen
       Euro genannt, die zusätzlichen etwa 200 Millionen Euro, die Hamburg
       aufbringen muss, fallen unter den Tisch.
       
       Nicht viel anders verfährt der Plan mit dem Schienenausbau in
       Niedersachsen. Ausbau und Erneuerung der Trassen zwischen Hamburg, Bremen
       und Hannover, jahrzehntelang „Y-Trasse“ genannt, inzwischen zu mehreren
       „Alpha-Varianten“ umdeklariert, benennt der Plan nur in losen Etappen zu
       Kosten von knapp vier Milliarden Euro. Inzwischen liegen jedoch
       Kostenrechnungen in doppelter Höhe vor.
       
       Ähnlich verhält es sich mit der maroden Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen.
       Der bis 2030 notwendige Ersatzbau taucht im BVWP gar nicht auf. Darüber
       müsse mit dem Bund gesondert verhandelt werden, teilt die Hamburger
       Wirtschafts- und Verkehrsbehörde auf Anfrage mit. Die Elbvertiefung zum
       Hafen wolle der Bund finanzieren, die Zufahrten an Land aber möglichst
       nicht: Klingt durchdacht.
       
       3 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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