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       # taz.de -- Die Wahrheit: Limitierte Schweinefetzen
       
       > Überall gibt es jetzt „Pulled Pork“ – selbstverständlich auch in Irland.
       > Wenn auch dort nur in einer stark begrenzten Auflage.
       
       Im Regal der Tankstelle im westirischen Kilcolgan lag eine limitierte
       Auflage für 4,99 Euro. Ein bibliophiler Benzinverkäufer? Mitnichten. Bei
       der „limitierten Auflage“ handelte es sich um ein eingeschweißtes Sandwich,
       gefüllt mit „Pulled Pork“.
       
       Auch in Irland haben diese Schweinefetzen nach nordamerikanischem Vorbild
       einen Siegeszug angetreten. Was kommt als Nächstes? Gerupftes Huhn?
       Gezupfte Lammbrauen? Offenbar kann man den Verbrauchern alles andrehen.
       Sogar limitierte Schweinereste, die man früher weggeschmissen hat.
       
       Ich fragte die Verkäuferin, wieso die Klappstulle limitiert sei? Das sei
       doch logisch, antwortete sie: „Wenn alle Sandwiches verkauft sind, gibt es
       keine mehr.“ Und morgen? „Dann kommt wieder eine neue Lieferung“, sagte
       sie. Aber dann sei das Sandwich doch nicht limitiert, wandte ich ein.
       „Doch, natürlich“, meinte sie völlig unbeeindruckt. „Es steht ja ein
       anderes Verfallsdatum drauf. Das ist eine völlig andere Auflage, die
       ebenfalls limitiert ist.“ Ich hatte es offenbar mit einer literarischen
       Stullenverkäuferin zu tun und gab mich geschlagen.
       
       Sandwiches mit eingeschränkter Stückzahl kommen wie das Schabeschwein aus
       den USA. Bereits vor zwei Jahren hat Katz’s Deli ein „Roast beast“
       herausgebracht, das nur vom 17. bis 28. Dezember verkauft wurde. Das
       gigantische Röstbiest für 22 Dollar enthielt Truthahn, Roastbeef, weiche
       Salami, russische Sauce und Coleslaw. Letzteres ist ein Salat aus Weißkohl
       und Möhren, die mit fettiger Mayonnaise vermischt werden. Seit es
       Mülltrennung in Irland gibt, hat jeder Haushalt vier Tonnen: eine für
       Papier und Plastik, eine für Kompost, eine für Restmüll und eine für
       Coleslaw. Man bekommt das Zeug zu jedem Gericht serviert, aber niemand hat
       es je gegessen.
       
       Von der Sandwich-Obsession der Engländer war hier vor Kurzem die Rede, und
       natürlich gibt es auch dort limitierte Sandwich-Auflagen, die allerdings
       auf den außergewöhnlichen englischen Gaumen zugeschnitten sind. Tesco
       brachte ein Lasagne-Sandwich auf den Markt: Hackfleisch, zwei Pastaplatten
       und weiße Sauce zwischen zwei Brotscheiben. Die Supermarktkette Asda
       verkaufte eine (sehr kurze) Zeit lang eine Art Ikea-Sandwich zur
       Selbstmontage. Für 60 Pence bekam die Kundschaft Weißbrotscheiben mit
       Butter und eine Tüte Kartoffelchips. Die musste der Käufer öffnen, den
       Inhalt auf das Brot verteilen, es zusammenklappen und die Chips mit dem
       Handballen zerdrücken.
       
       In dem Tankstellenladen in Kilcolgan hatte sich inzwischen eine deutsche
       Kleinfamilie eingefunden. Aus deren Unterhaltung konnte man entnehmen, dass
       man nach Irland gereist war, weil die etwa siebzehnjährige Tochter ihre
       Englischkenntnisse aufbessern sollte. Ihre Mutter forderte sie auf, sich
       bei der literarischen Stullenverkäuferin zu erkundigen, ob es auch
       Erdnussbuttersandwiches gebe. Die Tochter schaute ihre Mutter nachdenklich
       an und fragte: „Wieso heißen diese zusammengeklappten Weißbrotscheiben
       eigentlich Sandhexen?“ Viel Glück beim Englisch-Abi.
       
       8 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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