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       # taz.de -- Debatte über den Doppelpass: Gespaltene CDU
       
       > Henkels Vorstoß gegen die doppelte Staatsbürgerschaft ist umstritten –
       > auch innerhalb seiner Partei.
       
   IMG Bild: Rumhängen alleine reicht nicht – Frank Henkel (unten) profiliert sich auch mit Vorschlägen zum Doppelpass. Und Michael Müller (oben) grenzt sich ab.
       
       Der Vorstoß von CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel gegen die doppelte
       Staatsbürgerschaft wird innerhalb seiner Partei kontrovers diskutiert.
       „Menschen sollten nicht in die Zwangslage gebracht werden, sich zwischen
       zwei Staatsangehörigkeiten entscheiden zu müssen“, sagte Ersin Nas,
       CDU-Kandidat in Spandau, am Donnerstag der taz. Auch wenn man einen
       ausländischen Pass behalte, sei der deutsche Pass ein Zeichen, Teil dieser
       Gesellschaft zu sein. Nas ist überzeugt: „Die doppelte Staatsangehörigkeit
       ist förderlich für die Integration.“
       
       Hikmet Gülmez, Kandidat in Friedrichshain-Kreuzberg, sieht das ähnlich.
       „Man sollte die doppelte Staatsbürgerschaft nicht abschaffen, aber auch
       nicht missbrauchen.“ Konflikte etwa in der Türkei dürften nicht in
       Deutschland ausgetragen werden.
       
       Andere Berliner Christdemokraten verteidigten Henkel. „Wenn deutsche
       Staatsbürger mit wehenden Fahnen für Erdoğan auf die Straße gehen, dann ist
       das ein Zeichen von Desintegration“, sagte der integrationspolitische
       Sprecher der CDU-Fraktion, Burkard Dregger. Bürger müssten ihrem Staat
       gegenüber loyal sein.
       
       Frank Henkel hatte am Mittwoch Forderungen verschiedener
       Unionsinnenminister nach Maßnahmen für mehr Sicherheit unterstützt,
       darunter auch die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft. „Ich habe
       dem Thema Doppelpass schon immer kritisch gegenübergestanden. Niemand ist
       gezwungen, seine Kultur aufzugeben, nur weil man sich für einen Staat
       entscheidet“, sagte Henkel.
       
       Damit dürfte sich der Innensenator bei mindestens 213.000 BerlinerInnen
       unbeliebt gemacht haben: So viele Menschen mit zwei Pässen leben in der
       Stadt, die größte Gruppe stammt aus der Türkei.
       
       Henkels Kritiker bekamen gestern Unterstützung von prominenter Seite. Die
       doppelte Staatsbürgerschaft funktioniere gut, sagte Bundesinnenminister
       Thomas de Maizière, ebenfalls CDU, bei einer Pressekonferenz zum Thema
       Sicherheit. „Deswegen sollten wir die Diskussion nicht neu eröffnen.“
       
       Auch Vertreter anderer Parteien nutzten die Gelegenheit zur Abgrenzung: Der
       Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) warf seinem Innensenator gar
       vor, sich mehr und mehr „an den rechten Rand der CDU“ zu stellen. Mit
       seiner Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft zeige Henkel, dass er
       Berlin nicht verstehe, erklärte Müller am Donnerstag. „Die Abschaffung der
       doppelten Staatsbürgerschaft wäre ein massiver Rückschritt in der
       Integrationspolitik.“
       
       Die AfD dagegen unterstützte Henkels Vorstoß – ebenso wie Neuköllns
       früherer Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD). Im Inforadio
       begründete er die Ablehnung der doppelten Staatsbürgerschaft mit seinen
       Erfahrungen in Neukölln: „Ich habe zu oft gehört: Das ist was für die
       Deutschen. Wir Türken denken anders.“
       
       Der Türkische Bund Berlin-Brandenburg warf Henkel vor, das friedliche
       Zusammenleben in Berlin zu gefährden. „Die Union wäre gut beraten, sich im
       Bemühen, AfD-Wähler zu erreichen, zu zügeln“, hieß es. Die CDU-Politiker
       könnten nicht erklären, was Mehrstaatlichkeit mit Loyalität zur
       bundesdeutschen Gesellschaft und Gesetzestreue zu tun habe. (mit dpa)
       
       11 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Antje Lang-Lendorff
       
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