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       # taz.de -- Belgischer Atomreaktor mit Problemen: „Schraub fest, Pierre!“
       
       > Wieder gibt es Unregelmäßigkeiten im belgischen Problemreaktorpark
       > Tihange bei Lüttich. Proteste finden in den Nachbarländern statt.
       
   IMG Bild: Blick auf das Kraftwerk Tihange
       
       Aachen taz | Es wird Zeit, über die Energiebilanz des belgischen
       Atomreaktorpaars Tihange I und II in der Nähe von Lüttich nachzudenken.
       Seit Jahren wird vor allem der Reaktorblock II manchmal im Tagestakt
       runter- und wieder hochgefahren, weil eine neue Unregelmäßigkeit
       aufgetreten ist.
       
       Seit Jahren sind Tausende Haarrisse in den Druckbehältern bekannt, mal
       funktionieren Messgeräte für Radioaktivität nicht, es gibt
       Wasserstoffflocken hier, ungewollt ausfließende Säurewässer da,
       Transformatorbrand, Kurzschlüsse, Fliegerbomben auf dem Gelände. Jetzt
       stellte sich heraus, dass in den 80er Jahren Material verbaut wurde, das
       nie dokumentiert und also undefinierbar ist. Bei Stahlteilen aus Frankreich
       fehlen die Unterlagen. „Schraub fest, Pierre!“ reichte damals.
       
       Aber: Kein Sicherheitsrisiko, sagen sofort Atomaufsicht FANC und das
       Betreiber-Unternehmen Engie Electrabel. Kein Wunder: Der heutige
       Behördenleiter ist Exmanager von Electrabel. Jetzt werde, versprach eine
       Sprecherin, die Behörde die interne Qualitätskontrolle der Betreiber noch
       strikter überwachen.
       
       57 Kilometer sind es bis zu Aachens Stadtgrenze, genau in meist
       herrschender Windrichtung aus Westsüdwest. Eine große Koalition der
       Empörten in Aachen fordert längst sofortiges Abschalten: der gesamte
       Stadtrat inklusive des CDU-Oberbürgermeisters Marcel Philipp, die
       Städteregion drumherum, das Land NRW, dazu die Niederlande und die Region
       Ostbelgien. In Brüssel ist mittlerweile eine Klage der Städteregion Aachen
       anhängig – laut Greenpeace die weltweit erste einer Kommune gegen einen
       Nachbarstaat.
       
       Halb Aachen hat mittlerweile die gelben „Stop Tihange“-Plakate in den
       Fenstern hängen. Oliver Paasch, der Ministerpräsident der Deutschsprachigen
       Gemeinschaft in Ostbelgien, sagte, seine Landesregierung spiele „mit dem
       Leben von Millionen von Menschen“. Weil er den belgischen Behörden nicht
       traut, fordert er den Zugang internationaler Fachleute in die Meiler. „Wir
       als Teil des belgischen Staates können nicht den belgischen Staat
       verklagen.“
       
       Wenn etwas passiert, sollen schnell geschluckte Jodtabletten helfen. Davon
       hat das Land NRW Anfang August 21 Millionen Stück angeschafft. Ansonsten
       hilft Selbsthilfe: Ein Bewohner des benachbarten niederländischen Kerkrade
       hat sich einen Geigerzähler aufs Dach gebaut – samt Alarmmechanismus per
       App.
       
       14 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Müllender
       
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