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       # taz.de -- Die Wahrheit: Auweia – Postleitzahlen!
       
       > Irland ist das wahrscheinlich einzige Land auf der Welt, in dem noch
       > nicht mal die Post ihre Postleitzahlen nutzt.
       
       Irland feierte vor Kurzem einen zweifelhaften Geburtstag: Seit einem Jahr
       gibt es Postleitzahlen auf der Grünen Insel. Jedes Gebäude mit Briefkasten
       hat einen eigenen „Eircode“ aus einer Kombination von sieben Buchstaben und
       Zahlen erhalten. Man hat genau darauf geachtet, dass benachbarte Häuser
       keine ähnlichen Postleitzahlen haben, um Verwirrung zu vermeiden.
       
       Speditionen, Logistikunternehmen, Feuerwehr und Notdienste haben deshalb
       geraten, das System gleich wieder einzustampfen, denn es sei vollkommen
       nutzlos. Um die Adresse zu identifizieren, müsste man einen Online-Zugang
       zu einer Datenbank haben. Es sei dasselbe, als ob man in einer Wohnsiedlung
       die Hausnummern bunt durcheinanderwürfelt und darauf achtet, dass
       benachbarte Häuser keinesfalls aufeinanderfolgende Nummern haben, sagte ein
       Spediteur. Navigationsgeräte können mit dem Eircode ebenfalls nichts
       anfangen, weil er nicht GPS-geeignet ist.
       
       Irland ist das einzige Land der Welt, in der nicht mal die Post ihre
       Postleitzahlen benutzt. Ich hatte kürzlich eine Ansichtskarte an unseren
       Nachbarn geschickt. Als Adresse war sein Name und die Postleitzahl
       angegeben, die ja einzigartig für jedes Haus ist. Die Karte ist bis heute
       nicht angekommen. Auf Nachfrage erklärte ein Postangestellter, dass man in
       den Ämtern für die Postsortierung keine Möglichkeit habe, die Adresse
       anhand des Eircodes zu identifizieren. Eine zweite Karte, die als Adresse
       lediglich den Vornamen und den Ort enthielt, wurde bereits am nächsten Tag
       zugestellt.
       
       Nur fünf Prozent der Bevölkerung benutzen den Code. Und 50.000 Haushalte
       haben überhaupt keine Postleitzahl bekommen, weil ihre Adressen in irischer
       Sprache angegeben sind. Irisch ist immerhin laut Verfassung erste
       Landessprache, Englisch wird als gleichberechtigte zweite Sprache
       anerkannt. Das konnte das englische Unternehmen, das mit der Entwicklung
       der Postleitzahlen beauftragt war, nicht wissen. Die Regierung versprach,
       das Problem binnen zwei Jahren zu lösen. Das koste allerdings 200.000 Euro.
       
       Als ob es darauf noch ankäme. Insgesamt hat die Einführung der nutzlosen
       Zahlen 38 Millionen Euro gekostet – 20 Millionen mehr, als ursprünglich
       veranschlagt worden waren. Die Honorare für die Berater seien versehentlich
       nicht in die Kalkulation aufgenommen worden, hieß es. Man könnte den
       Verdacht hegen, dass Eircode lediglich eine weitere Maßnahme sei, um die
       Taschen von Politikern und ihren Kumpanen zu füllen.
       
       So bleibt es bei der irischen Lösung: Unser Briefträger zum Beispiel gibt
       sämtliche Post, die er nicht auf Anhieb identifizieren kann, weil die
       Anschrift unleserlich ist oder einen ausländisch klingenden Namen wie
       meinen enthält, beim Nachbarn ab. Der muss sich dann auf den Weg machen und
       als Hilfsbriefträger die Sendungen zustellen. Die Paketboten rufen hingegen
       an, wenn sie in der Gegend sind, und lassen sich den Weg beschreiben.
       Einmal nannte ich einfach meinen Eircode. Das Paket ging an den Absender
       zurück.
       
       15 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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