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       # taz.de -- Ganzkörperbadeanzugverbot in Frankeich: Lieber nackt als im Burkini​
       
       > Sie sind angeblich eine Gefahr für Frankreichs Sicherheit:
       > Ganzkörperbadeanzüge werden verboten, weil sie gegen „gute Moral und
       > Säkularismus“ verstoßen.
       
   IMG Bild: 39 Euro Strafe soll das Tragen dieses Badegewandes kosten
       
       Paris taz |Wieder einmal werden Frauen für einen ideologischen Kampf
       instrumentalisiert, der in seiner vermeintlichen Grundsätzlichkeit groteske
       Züge annimmt. Nach dem Nobelort Cannes hat jetzt auch die Gemeinde Sisco
       auf der Insel Korsika Frauen das Tragen eines Ganzkörperanzugs am Strand
       verboten. Und zu allem Überfluss hat ein Gericht in Nizza das
       Burkini-Verbot an öffentlichen Stränden für rechtens erklärt.
       
       Drei Frauen vom Kollektiv gegen Islamophobie in Frankreich (CCIF) hatten am
       Freitag Beschwerde gegen das Burkini-Verbot in Cannes eingelegt. Nach
       Angaben der Stadtverwaltung urteilte das Verwaltungsgericht in Nizza jedoch
       am Samstag, dass die Maßnahme im Einklang mit dem Gesetz zur Laizität
       stehe.
       
       Das Gericht verwies in dem Urteil darauf, dass das Burkini-Verbot im
       Zusammenhang mit dem Ausnahmezustand in Frankreich und dem Anschlag von
       Nizza verhängt worden sei. Tatsächlich könne das Tragen eines nicht der
       Norm entsprechenden Kleidungsstücks am Strand in diesem Kontext nur als
       „eindeutiges religiöses Symbol interpretiert“ werden, hieß es in dem
       Urteil.
       
       Schon Ende Juli hatte der Bürgermeister von Cannes David Lisnard den
       Burkini als „Uniform des extremistischen Islamismus, nicht der muslimischen
       Religion“ verboten. Da Frankreich und seine religiösen Stätten Ziele von
       Terroranschlägen seien, könnten Frauen mit Burkinis eine Gefahr für die
       öffentliche Ordnung werden, so die Argumentation von Lisnard.
       
       ## Harter Sommer für Musliminnen
       
       Derselbe konservative Bürgermeister hatte ein Jahr zuvor nicht gezögert,
       der Familie des Königs von Saudi-Arabien einen Teil des öffentlichen
       Strandes zur exklusiven Benutzung zur Verfügung zu stellen. Und das
       selbstverständlich ganz ohne irgendwelche Kleidervorschriften.
       
       Opportunistisch und sogar heuchlerisch findet die lokale Sektion der Liga
       für Menschenrechte (LDH) das Burkini-Verbot. Der LDH-Vorsitzende Hervé
       Lavisse zog sogar einen Vergleich zu den „Sittenwächtern im Land der
       Mullahs“. Aus seiner Sicht handelt es sich bei der Anordnung des
       Bürgermeisters um einen flagranten „Machtmissbrauch“.
       
       Regelrecht gewaltsam ging es bislang aber nur auf Korsika zu. In dem Ort
       Sisco lieferten sich korsische Jugendliche und Familien maghrebinischer
       Herkunft am Samstag einen regelrechten Kleinkrieg, bei dem auch Harpunen
       und Macheten zum Einsatz gebracht wurden. Fünf Menschen mussten wegen
       Verletzungen behandelt werden. 100 Polizisten waren notwendig, um die Ruhe
       wieder herzustellen.
       
       Die Auseinandersetzungen ausgelöst hatte das Fotografieren der
       Burkini-Damen. Und der Ruf der Jugendlichen, dass man in Sisco zu Hause sei
       und „so etwas“ ich zulassen werde. Daraufhin hatte der Bürgermeister ein
       Burkini-Verbot erlassen.
       
       An französischen Stränden dürfte einer Frau im Burkini in diesem Sommer
       jedenfalls eine weitaus größere Aufmerksamkeit zuteil werden als etwa einer
       Nacktbadenden. Wie beim Burka-Verbot sollen Verstöße gegen das
       Burkini-Verbot übrigens mit einer Buße von 39 Euro belegt werden.
       
       15 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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