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       # taz.de -- Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg: Grün-schwarzes Gemauschel
       
       > Vertrauliches zum Koalitionsvertrag bereitet in Baden-Württemberg
       > Grün-Schwarz zunehmend Probleme. Jetzt werden neue Geheimabsprachen
       > bekannt.
       
   IMG Bild: Grinsebacken: Winfried Kretschmann und Thomas Strobl mit dem Koalitionsvertrag
       
       Berlin taz | Die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg will Personal
       abbauen, Steuern erhöhen und das Budget der Kommunen kürzen – hat diesen
       Plan zunächst aber sowohl der Öffentlichkeit als auch den eigenen
       Abgeordneten verheimlicht. Wie die Ulmer Südwest Presse berichtet, sind die
       Maßnahmen Teil geheimer Nebenabsprachen zum Koalitionsvertrag. Die
       Dokumente tragen laut Bericht die Unterschriften von Ministerpäsident
       Winfried Kretschmann (Grüne) und seinem Stellvertreter Thomas Strobl (CDU).
       
       Die beiden Parteien hatten zwar auch im öffentlich zugänglichen
       Koalitionsvertrag festgeschrieben, den Haushalt konsolidieren zu wollen,
       welche konkreten Maßnahmen dafür infrage kommen, war bislang aber nicht
       bekannt. Laut den Nebenabsprachen erwägen die Koalitionsspitzen im
       Einzelnen, die Grunderwerbsteuer um 1,5 Prozentpunkte auf sechs Prozent zu
       erhöhen, bis 2020 insgesamt 5.000 öffentliche Stellen abzubauen und
       jährlich bis zu 300 Millionen Euro von den Städten und Gemeinden
       abzuzwacken.
       
       Durch die Veröffentlichung gerät die Landesregierung nur drei Monate nach
       ihrem Antritt schon zum zweiten Mal unter Druck. Bereits im Juli musste
       sich Kretschmann im Landtag verteidigen, nachdem die Existenz einer anderen
       Nebenabsprache bekannt geworden war. Darin hatten er und Strobl bestimmte
       Bereiche von Einsparungen ausgenommen, darunter Wohnungsbau,
       Digitalisierung und Kinderbetreuung. Über diese Vereinbarung informierten
       sie nicht mal die Abgeordneten der Regierungsfraktionen.
       
       Nachdem nun weitere Nebenabsprachen bekannt wurden, reagierten Kretschmann
       und Strobl mit einem gemeinsamen Brief an die Fraktionen. „Demokratie
       braucht Transparenz. Aber Demokratie braucht auch Vertraulichkeit und
       geschützte Räume, sonst ist sie nicht funktionsfähig“, heißt es darin.
       Demnach hat die Koalition die geplanten Maßnahmen verheimlicht, um die
       „Verhandlungsposition der Landesregierung mit den entsprechenden Verbänden“
       nicht zu erschweren. Zudem seien die Nebenabsprachen nicht mehr als
       „Willensbekundungen“, die weder für die Regierung noch für das Parlament
       verbindlich seien.
       
       Kretschmanns ehemalige Koalitionspartner von der SPD geben sich dagegen
       empört. „Dass so etwas unter einem Ministerpräsidenten Kretschmann
       geschieht, hätte ich mir vor einem halben Jahr noch nicht vorstellen
       können“, sagte die Landesvorsitzende Leni Breymaier.
       
       Erschreckend sei, dass Grün-Schwarz einen „unsauberen Politikstil“ als
       normal darstelle. „Was hier vor sich geht, das ist nicht normal, und das
       ist auch nicht üblich. Wer so intransparent agiert, der zerstört das
       wichtigste Gut, das man haben kann: Vertrauen.“
       
       Noch weiter geht die Kritik von Hans-Ulrich Rülke. Der FDP-Fraktionschef
       sagte: „Zunächst wollen wir Aufklärung auf parlamentarischem Wege. Sollte
       dies nicht ausreichen und sollten immer neue Geheimabsprachen enthüllt
       werden, so schließe ich einen Untersuchungsausschuss nicht aus.“
       
       22 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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