URI: 
       # taz.de -- Auf Shoppingtour mit dem Smartphone: Schnell, bequem – und gut überwacht
       
       > Payback will ab Herbst eine App einsetzen, mit der Kunden bezahlen
       > können. Damit haben neue Akteure Zugriff auf Kundendaten.
       
   IMG Bild: Das war einmal: Bargeldkassen könnten bald der Vergangenheit angehören – und auch die Art und Weise von Überfällen dürfte sich damit ändern
       
       Berlin taz | Liebstes Zahlungsmittel der Deutschen sind immer noch Münze
       und Schein. 52 Prozent der Umsätze im Einzelhandel bezahlten die Kunden im
       vergangenen Jahr bar, so eine Studie des EHI Retail Institute. 45 Prozent
       liefen über Kartenzahlung, von EC- bis Kreditkarte, dazu kamen noch ein
       paar Käufe auf Rechnung oder per Ratenkauf. „Zahlungen per Smartphone lagen
       im Berichtsjahr 2015 deutlich unter 0,1 Prozent vom Umsatz im
       Einzelhandel“, sagt Horst Rüter vom EHI. Doch nun schickt sich ein
       marktmächtiger Akteur an, das zu ändern: Payback.
       
       Das Unternehmen ist bisher vor allen durch seine Kundenkarte, die es
       mittlerweile auch als App gibt, bekannt. Käufer lassen damit ihren Einkauf
       registrieren und können die dafür gutgeschriebenen Punkte später gegen
       Prämien, etwa Haushaltsgegenstände, eintauschen. Mit den Kundenkarten
       gewinnt das Unternehmen einen detaillierten Einblick in das Kaufverhalten
       der Nutzer – je mehr Händler teilnehmen, desto detaillierter.
       
       Nun hat das Unternehmen im Juni eine Pilotphase gestartet und der
       Kundenkarten-App eine Bezahlfunktion hinzugefügt. Ab Herbst soll das System
       groß ausgerollt werden, dann sollen Kunden unter anderem bei Rewe, Kaufhof
       und Alnatura mit der Smartphone-App zahlen können.
       
       Oliver Bohl kümmert sich bei Payback um das Digitale. Seine Prognose: „Ein
       großer Teil der Kunden wird auf das Smartphone umschwenken.“ Und wer schon
       per Smartphone Punkte sammelt, so die Strategie des Unternehmens, für den
       ist es attraktiv, auch gleich damit zu zahlen. Zwei Vorgänge in einem,
       weniger Kramen für den Kunden, weniger Zeitaufwand für den Händler.
       
       Zielgruppe sind daher vor allem die bundesweit 28 Millionen Kunden, die
       nach Unternehmensangaben Payback bereits nutzen – das ist fast jeder zweite
       Deutsche über 18 Jahre. „Ein leichter, gewohnter Einstieg“ formuliert es
       Bohl. Die Kunden vertrauen dem Anbieter und kennen das System, was die
       Hemmschwelle senkt.
       
       ## Zu viele Anbieter
       
       Die Hoffnungen von Payback, dem Zahlen per Smartphone hierzulande zum
       Durchbruch zu verhelfen, könnten noch aus einem anderen Grund in Erfüllung
       gehen. Denn dass hiesige Kunden die Bezahl-Apps meiden, hat vor allem eine
       Ursache: „Ein großes Manko, das dazu beiträgt, dass sich Mobile Payment
       noch nicht durchsetzt hat, ist, dass es eine große Vielfalt an Anbietern
       gibt“, sagt Barbara Steinhöfel von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
       
       Für Nutzer ist das in der Theorie positiv – haben sie doch die Wahl
       zwischen vielen unterschiedlichen Apps. In der Praxis ist es jedoch
       unpraktisch: So funktionieren viele Anwendungen nur bei einzelnen
       Händlern.
       
       Auch Steinhöfel sieht Payback im Vorteil: „Bei Verbrauchern, die Payback
       ohnehin als Rabattkartensystem auf dem Smartphone nutzen, ist es gut
       möglich, dass sie auch die Zahlungsfunktion verwenden.“ Das Problem: Für
       die Nutzer muss das Zahlen per Smartphone nicht unbedingt positiv sein.
       
       Denn es treten – im Unterschied zum Bezahlen per Karte – neue Akteure in
       die Verwertungskette ein. Bei einer Kartenzahlung ist in der Regel die
       Bank, gegebenenfalls auch noch ein Kreditkartenunternehmen beteiligt. Beide
       nutzen die Daten zu Abrechnungszwecken und nicht dafür, Kunden mit Werbung
       zu versorgen oder deren Daten weiterzuverkaufen. Anders bei Anbietern von
       Zahlungs-Apps.
       
       Dazu kommt: Bei der Nutzung einer App lassen sich deutlich mehr Daten
       sammeln als beim Zahlen per Karte, mehr als bei der Barzahlung sowieso. So
       räumt sich die Payback-App unter anderem das Recht ein, die
       WLAN-Verbindungen abzurufen, den Standort, basiert auf GPS- und
       Netzwerkdaten, zu bestimmen sowie auf die Kontakte zuzugreifen, auch wenn
       diese Funktion nach Unternehmensangaben nicht mehr genutzt wird. „Hier
       steckt ein Anbieter dahinter, der ganz klar die Datensammlung im Fokus
       hat“, sagt Verbraucherschützerin Steinhöfel. Bezahl-Apps von Händlern wie
       Marktkauf, Edeka und Netto räumen sich ähnliche Rechte ein.
       
       ## Optimal für Werbekampagnen
       
       Was sich bereits mit den Standortdaten anfangen lässt, erklärt Bohl an
       einem Beispiel: Ein Kunde tankt immer an einer bestimmten Tankstelle. Auf
       dem Weg, den er dorthin zurücklegt, befindet sich ein Supermarkt, der an
       dem Payback-System teilnimmt. Den hat der Kunde aber noch nie angesteuert.
       In der Folge könnte er daher einen Coupon für diesen Supermarkt erhalten.
       
       Nutzern, die trotz Datenschutzbedenken per Smartphone zahlen wollen, rät
       Steinhöfel daher, die Rechte, die die App sich einräumt, zu überprüfen und
       gegebenenfalls einzuschränken. Bei Android-Telefonen beispielsweise geht
       das ab Version 6. Außerdem sollten Nutzer auf den Sitz des
       Diensteanbieters achten. Ist der Sitz in Europa, dann ist es für Nutzer
       realistischer, Ansprüche gegebenenfalls durchsetzen zu können.
       
       Anders als bei so manchem Konkurrenten – zum Beispiel Googles Dienst
       Android Pay oder Apple Pay. Beide Dienste werden derzeit noch nicht für
       Deutschland angeboten. Apple hat sein Bezahlsystem allerdings nach dem
       Start in den USA im letzten Jahr auch in Großbritannien und damit im ersten
       europäischen Land eingeführt.
       
       Dass das Zahlen per Smartphone – zumindest in der Theorie – nicht ins
       Datensammeln münden muss, zeigen Apps, mit denen Kunden per Bitcoin, eine
       virtuelle Währung, zahlen können. In der Praxis ist das allerdings kaum
       brauchbar: Nur wenige Händler akzeptieren Bitcoins, und durch starke
       Kursschwankungen würde ein Einkauf mitunter einer spekulativen Anlage
       gleichen.
       
       22 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Svenja Bergt
       
       ## TAGS
       
   DIR Smartphone
   DIR Google
   DIR Bezahlsystem
   DIR Datenschutz
   DIR Smartphone
   DIR Apple
   DIR Internet
   DIR Kreditkarte
   DIR Währung
   DIR Bargeld
   DIR Kenia
   DIR Bargeld
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bitkom-Umfrage zu mobilem Bezahlen: Beliebt an der Supermarktkasse
       
       Laut einer Umfrage zahlen viele VerbraucherInnen unterwegs mittlerweile mit
       dem Handy. Bedenken zur Sicherheit sollen unbegründet sein.
       
   DIR Apple Pay in Deutschland: Bezahlen wie in China
       
       Der Start von Apple Pay in Deutschland gilt als Durchbruch fürs smarte
       Zahlen. Doch um es zu nutzen, muss man diverse Hürden überwinden.
       
   DIR EuGH-Urteil zu offenen WLANs: „Passwort aushängen geht nicht“
       
       Der Europäische Gerichtshof lehnt es ab, dass WLAN-Betreiber bei
       Rechtsverstößen Schadenersatz leisten müssen. Aber: Eine Passwort-Pflicht
       ist okay.
       
   DIR Verbraucherschutz in Großbritannien: Milliardenklage gegen Mastercard
       
       Ein neues Verbraucherschutzgesetz erlaubt Klagen gegen mutmaßlich überhöhte
       Kreditkarten-Gebühren im Namen von 46 Millionen Briten. Ohne deren
       Zustimmung.
       
   DIR Eigene Digitalwährung der Banken: Zahlungsverkehr ohne Verwaltung
       
       Die Deutsche Bank will mit anderen Instituten eine neue Digitalwährung
       schaffen. Das könnte die Kontrolle von Finanzgeschäften erschweren.
       
   DIR Bargeldlos gegen Kriminalität: Kein Schein zahlt mich an
       
       Barzahlungen sollen bald begrenzt werden – als Maßnahme gegen Kriminalität.
       Funktioniert das? Wissenschaftler sind skeptisch.
       
   DIR Bargeldlos und sicher zahlen in Kenia: Das Land der Handy-Nerds
       
       Beim Bezahlen per Handy liegt Kenia vorn. Dort gibt es keine Warteschlangen
       vor Bankfilialen, auch Taschendiebe haben es schwer – dank „M-Pesa“.
       
   DIR Der sonntaz-Streit: Brauchen wir noch Bargeld?
       
       Es ist teuer, leicht zu fälschen und man verliert es überall: Bargeld. Wer
       braucht das noch? Warum bezahlen wir nicht alles digital?
       
   DIR Kritik an Bankdienstleister: Daten von EC-Karten gesammelt
       
       Mit EC-Karte bargeldlos im Supermarkt gezahlt? Laut NDR landen Umsatz- und
       Kartendaten dann automatisch beim Bankdienstleister Easycash. Kritiker
       sprechen von einem neuen Datenskandal.