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       # taz.de -- Menschenrechte in Guatemala: Diffamiert und mit dem Tod bedroht
       
       > Die Rechtsvertreter in Guatemala sind gefährdet. Mafiöse
       > Interessengruppen versuchen ihre Pfründen gegenüber einer immer agileren
       > Justiz zu verteidigen.
       
   IMG Bild: Erinnerungsmarsch für die während des Bürgerkrieges Verschwundenen am 30. Juni 2016 in Guatemala-Stadt
       
       Hamburg taz Ramón Cadena Rámila ist einiges gewöhnt. Im Februar wurde er
       mit zwei Anwaltskollegen angezeigt, eine kriminelle Vereinigung gegründet
       zu haben, wenig später erhielt er massive Drohungen per Telefon und E-Mail.
       Doch eine fingierte Hausdurchsuchung gab es bei dem Anwalt der
       Internationalen Juristenkommission (CIJ) noch nicht.
       
       Am 14. August stürmte ein Kommando sein Haus, durchsuchte es und zog nach
       zwanzig Minuten mit dem persönlichen Laptop des bekannten Anwalts und
       einigen Dokumenten wieder ab. Das Kommando habe sich, so Cadena gegenüber
       der Tageszeitung El Periódico, mit vorgehaltener Waffe an der Eingangstür
       Einlass verschafft, während eine weitere Gruppe über das Dach in den
       Innenhof seines Hauses vorgedrungen sei.
       
       Die acht bis zehn Männer hätten sich als Ermittlungsbeamte der Polizei
       ausgegeben, doch nur einer habe eine Polizeiweste getragen. Einen
       Durchsuchungsbefehl hätten sie nicht vorgezeigt, so der Wachmann, der in
       Abwesenheit des Anwalts das Haus hütete.
       
       Ramón Cadena Rámila wertete die Aktion als Akt der Einschüchterung. „Die
       gilt allen Anwälten und Staatsanwälten, die im Kontext von Menschenrechten
       arbeiten und Widerstandsgemeinden vertreten“, meint Michael Mörth. Der
       deutsche Anwalt arbeitet seit zwanzig Jahren als Berater einer
       Menschenrechtskanzlei in Guatemala. Mit Ramón Cadena Rámila war Mörth im
       Februar von der „Stiftung gegen den Terror“ angezeigt worden, eine
       kriminelle Vereinigung gegründet zu haben.
       
       ## Illegal errichtete Goldmine
       
       Die Anwälte hatten im Januar 2016 die Widerstandsgemeinde La Puya und den
       lokalen Bürgermeister dabei begleitet, als sie den Zugang zur illegal
       errichteten Goldmine El Tambor schlossen. Das nahmen die Anwälte der
       Stiftung, die von Exmilitärs gegründet wurde und als stramm
       antikommunistisch gilt, zum Anlass, um die Anwälte als Teil der
       Widerstandsgemeinde zu diffamieren und zu kriminalisieren – letztlich
       erfolglos. „Das ist ein Beispiel für die angespannte Situation in
       Guatemala. Die militärisch-konservativen Machtcliquen stehen unter Druck,
       und hier geht die Angst um, dass sie zurückschlagen“, schildert Mörth.
       
       Ramón Cadena Rámila ist in der Logik der Militärs ein logisches Ziel. Der
       Menschenrechtsanwalt vertritt nicht nur indigene Gemeinden in Santa Cruz
       Barrillas, wo gegen den Willen der lokalen Bevölkerung ein Wasserkraftwerk
       entstehen soll. Er ist auch als Experte im Creompaz-Prozess vorgeladen.
       
       Dort müssen sich acht ranghohe Militärs für das gewaltsame
       Verschwindenlassen von 558 Menschen verantworten. Deren Vergehen: Sie
       wurden von den Militärs verdächtigt, der Guerilla anzugehören. Daraufhin
       wurden sie zwischen 1981 und 1987 entführt und in die Militärbasis 21 nahe
       Cóban, zweihundert Kilometer nordöstlich von Guatemala-Stadt, verschleppt.
       Dort wurden sie gefoltert, ermordet und in 85 geheimen Gräbern verscharrt.
       
       Der Prozess hat in Guatemala Schlagzeilen gemacht, weil sich nahezu die
       gesamte Militärspitze der 1980er und 1990er Jahre verantworten muss. Dieser
       werden jedoch allerbeste Kontakte zum amtierenden Präsidenten Jimmy Morales
       nachgesagt.
       
       Für Menschenrechtsexpertin Claudia Samayoa sind die 18 Militärs, gegen die
       ermittelt wird, das „Gesicht der Repression. Die Attacke auf Cadena Rámila
       könnte aus dieser Ecke kommen“. Dazu passt, dass auch Generalstaatsanwältin
       Thelma Aldana bedroht wird. Erst vor zehn Tagen flog eine Drohne über ihr
       Haus.
       
       22 Aug 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Knut Henkel
       
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